Ausschluss ausländischer Staatsangehöriger mit humanitären Aufenthaltstitel vom Bundeselterngeld und Bundeselternzeitgesetz (BEEG) ist verfassungswidrig

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Der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichtes in Karlsruhe hat am 10. Juli 2012 beschlossen, dass der Ausschluss von ausländischer Staatsangehörige mit humanitären Aufenthaltstiteln (relevant sind die §§ 23 Abs. 1, 23a, 24, 25 Abs. 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes) verfassungswidrig ist (vgl.: Aktenzeichen: 1 BvL 2/10).

I. Zwar hat das bisherig geltende BEEG in § 1 Abs. 7 Nr. 3 eine Rückausnahmeregelung für humanitäre Aufenthaltstitel ausgewiesen (3 Jahre rechtmäßiger Aufenthalt in Deutschland sowie die Erfüllung der in § 1 Abs.7 Nr.3b genannten Merkmale der Arbeitsmarktintegration).

Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch festgestellt, dass diese zeitliche wie qualitative Einschränkung gegen den allgemeinen Gleichheitssatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG und gegen das Verbot der geschlechtsbezogenen Diskriminierung aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG verstößt und hat § 1 Abs. 7 Nr.3b des BEEG für nichtig erklärt

II. Das Bundesverfassungsgericht hatte hierbei getreu Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu überprüfen, ob das vorgelegte Gesetz einen legitimen Zweck verfolgt, geeignet, erforderlich und auch angemessen ist.

1. Grundsätzlich möchte der Gesetzgeber nur  ausländische  Staatsangehörige fördern und jenen Erziehungsgeld bezahlen, welche sich auf Dauer in Deutschland aufhalten. Dieser Zweck ist nach der Einschätzung des Gerichtes auch legitim.

2. Jedoch hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die gewählte Differenzierungskriterien ungeeignet ist, weil sich die  Aufenthaltsdauer der Ausländer mit einem humanitären Aufenthaltstitel  - auch wenn sie sich  nur ein Jahr vor Erteilung des Aufenthaltstitels nach §§ 23 Abs. 1, 23a, 24, 25 Abs. 3 bis 5 nur geduldet in Deutschland aufhalten -  nicht vorhersagen lässt.  

a. Das Bundesverfassungsgericht weist in seiner Presseveröffentlichung vom 29.08.2012 ausdrücklich darauf hin, dass es der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sowie des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entspreche, dass „sich die formale Art des Aufenthaltstitels allein nicht als Grundlage einer Prognose über die Aufenthaltsdauer eignet"

b. Außerdem besteht nach dem Bundesverfassungsgericht ein Widerspruch zwischen dem Ziel, Eltern die Möglichkeit zu geben, sich der Betreuung ihrer Kinder ohne finanzielle Not zu widmen zugleich aber die Erwerbstätigkeit bzw. die Arbeitsmarktverfügbarkeit in den ersten Lebensmonaten eines Kindes zu verlangen.

Aus diesen Gründen musste das Verfassungsgericht die einschlägigen Vorschriften für nichtig erklären. Sämtlichen Betroffenen ist daher bei laufenden Verfahren zu raten, Widerspruch gegen noch nicht bestandskräftige rechtswidrige Bescheide oder Anfechtungsklage beim jeweils örtlich zuständigen Sozialgericht gegen noch nicht bestandskräftige rechtswidrige Widerspruchbescheide einzulegen.

Ulrich Hekler

Fachanwalt für Verwaltungsrecht

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