Gliederung

Verwaltungsvorschrift (Auszug)

Zu § 23a – Aufenthaltsgewährung in Härtefällen

23a.0 Allgemeines

23a.0.1
Die Regelung bietet die Grundlage für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer in besonders gelagerten Härtefällen, in denen nach den allgemeinen Erteilungs- und Verlängerungsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann. Begünstigt werden kann nur ein Ausländer, der sich bereits im Bundesgebiet aufhält. Seine weitere Anwesenheit im Bundesgebiet muss durch dringende humanitäre oder persönliche Gründe gerechtfertigt sein. Ziel dieser Regelung ist es, einen Einzelfall humanitär zu lösen, der bei Anwendung der allgemeinen Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes nicht sachgerecht hätte gelöst werden können. Die Tatsache, dass diese Vorschrift nur für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer und nur bei besonders gelagerten Härtefällen zur Anwendung kommt, unterstreicht den Ausnahmecharakter der Vorschrift. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23a ist insbesondere nicht als Ersatz für eine Bleiberechtsregelung zugunsten einer großen Anzahl von Ausländern vorgesehen, sondern als Abhilfemöglichkeit in besonders gelagerten, humanitären Fallgestaltungen, beispielsweise – je nach den Umständen des Einzelfalls – bei Ausländern oder Ausländerinnen, die in Fällen schwerer häuslicher Gewalt oder im Zusammenhang mit einer drohenden bzw. durchgeführten Zwangsverheiratung suizidgefährdet oder traumatisiert sein können. Die Anwendbarkeit der Vorschrift setzt voraus, dass die jeweilige Landesregierung durch Rechtsverordnung die in § 23a Absatz 1 genannte Stelle (Härtefallkommission) bestimmt hat. Hierzu sind die Landesregierungen nach § 23a Absatz 2 ermächtigt; eine Verpflichtung zur Einrichtung einer Härtefallkommission besteht nicht.

23a.0.2
Ausländern, die nicht vollziehbar ausreisepflichtig sind, kann bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen nach § 25 Absatz 4 Satz 1 eine Aufenthaltserlaubnis für einen vorübergehenden Aufenthalt erteilt werden.

23a.1 Voraussetzungen

23a.1.1.1
Die Härtefallregelung setzt vor die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ein mehrstufiges Verfahren. Die von der Landesregierung eingerichtete Härtefallkommission richtet zunächst ein entsprechendes Ersuchen an die oberste Landesbehörde oder die durch Rechtsverordnung bestimmte Stelle. Diese entscheidet auf der Grundlage des Härtefallersuchens, ob sie anordnet, dass einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Wenn eine Anordnung vorliegt, erteilt die Ausländerbehörde dem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23a Absatz 1. Die Vorschrift vermittelt dem Ausländer selbst keinen subjektiven Anspruch auf das Stellen eines Ersuchens durch die Härtefallkommission, auf die Anordnung der obersten Landesbehörde oder die durch Rechtsverordnung bestimmte Stelle sowie auf die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis. Das Härtefallverfahren steht ausschließlich im öffentlichen Interesse und ist ein gerichtlich nicht überprüfbares, rein humanitär ausgestaltetes Entscheidungsverfahren.

23a.1.1.2
Voraussetzung für ein Härtefallersuchen ist, dass der Ausländer vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein Härtefall vorliegt. Bei dem Härtefallersuchen handelt es sich um eine Empfehlung wertender Art durch ein weisungsfreies Gremium. Die Härtefallkommission wird ausschließlich im Wege der Selbstbefassung tätig. Ist die Härtefallkommission der Auffassung, dass bei Anlegung eines strengen Maßstabes dringende humanitäre oder persönliche Gründe die weitere Anwesenheit eines Ausländers in Deutschland rechtfertigen, kann sie ein Härtefallersuchen stellen.

23a.1.1.3
Die oberste Landesbehörde oder die durch Rechtsverordnung bestimmte Stelle entscheidet nach Ermessen, ob auf Grund des Härtefallersuchens die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis angeordnet wird. Sie wird insbesondere dann nicht dem Ersuchen folgen, wenn dieses auf eine fehlerhafte Tatsachengrundlage gestützt, der strenge Maßstab für ein Härtefallersuchen nicht eingehalten wird, der Ausländer Straftaten von erheblichem Gewicht begangen hat oder ein in der Rechtsverordnung der Landesregierung vorgesehener Ausschlussgrund vorliegt. Ausschlussgründe können insbesondere vorliegen, wenn

– der Ausländer zum Zweck der Aufenthaltsbeendigung, zur Aufenthaltsermittlung oder
Festnahme ausgeschrieben ist,
– der Ausländer rechtskräftig wegen einer Straftat verurteilt worden ist, es sei denn, er darf
sich als nicht vorbestraft bezeichnen,
– eine Ausweisungsverfügung nach § 53, § 54 Nummer 5, 5a, 7, § 55 Absatz 2 Nummer 8
oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen worden ist,
– nicht zu erwarten ist, dass der Ausländer seinen Lebensunterhalt zukünftig ohne
Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann,
– der Ausländer seinen Lebensunterhalt in der Vergangenheit überwiegend durch öffentliche
Mittel bestritten hat, obwohl er zur Aufnahme einer Beschäftigung berechtigt und zumutbar
in der Lage war.

Für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis kann von den im Aufenthaltsgesetz festgelegten allgemeinen Erteilungs- und Verlängerungsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel abgewichen werden. Ein Abweichen von den Versagungsgründen des § 5 Absatz 4 ist hingegen nicht zulässig.

23a.1.2
Sofern die oberste Landesbehörde oder die durch Rechtsverordnung bestimmte Stelle dem Härtefallersuchen entsprechen will, hat sie zu entscheiden, ob die Anordnung der Aufenthaltsgewährung von der Sicherung des Lebensunterhalts oder der Abgabe einer Verpflichtungserklärung abhängig gemacht wird oder ob die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel unschädlich sein soll. Dabei wird zu berücksichtigen sein, ob der Ausländer in der Vergangenheit auf zumutbare Weise zum eigenen Lebensunterhalt beigetragen hatte und ob zu erwarten ist, dass er auch in Zukunft seinen Lebensunterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit sichern kann. Ordnet sie die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an, ist diese von der zuständigen Ausländerbehörde zu erteilen.

23a.1.3
Die Durchführung des Verfahrens nach § 23a soll – insbesondere bei offensichtlich unbegründeten Eingaben – nicht zu einer Verzögerung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen führen. Die Befassung der Härtefallkommission oder das Vorliegen eines Härtefallersuchens begründen kein Abschiebungshindernis und auch keinen Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung nach § 60a. Die Regelung des § 60a Absatz 2 Satz 3 bleibt hiervon unberührt.

23a.1.4
Durch § 23a Absatz 1 Satz 4 wird klargestellt, dass die Härtefallregelung keine subjektiven Rechte des Ausländers begründet. Das Härtefallverfahren begründet lediglich eine faktische Begünstigung, nicht aber eine rechtliche Begünstigung für Personen, die alle in Betracht kommenden Möglichkeiten, ein Aufenthaltsrecht für die Bundesrepublik Deutschland zu erhalten, in der Vergangenheit bereits genutzt hatten.

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23a.2 Verfahren

Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung bestimmen, dass andere als oberste Landesbehörden die Anordnung über die Aufenthaltsgewährung in Härtefällen treffen. Durch Rechtsverordnung wird auch die Zusammensetzung der Härtefallkommission bestimmt. Dabei kann die Aufgabe der Härtefallkommission auch auf bestehende Einrichtungen übertragen werden.

23a.3 Kostenerstattung bei Umzug

§ 23a Absatz 3 verbindet mit der Anordnung der Aufenthaltsgewährung in Härtefällen eine finanzielle Verantwortung für den Bereich der Sozialhilfegewährung bzw. der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 SGB II.

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