Niederlassungserlaubnis

Verwaltungsvorschrift (Auszug)

Zu § 9 – Niederlassungserlaubnis

9.1
Unbeschränktes Aufenthaltsrecht

Die Niederlassungserlaubnis gilt unbefristet, berechtigt zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit und darf nur in den durch das Aufenthaltsgesetz geregelten Fällen mit einer Nebenbestimmung versehen werden (Verbot bzw. Beschränkung der politischen Betätigung nach § 47; wohnsitzbeschränkende Auflage in den Fällen des § 23 Absatz 2). Die Niederlassungserlaubnis verleiht immer ein vollumfängliches Aufenthaltsrecht, losgelöst von einer ursprünglichen Zweckbindung.

9.2
Erteilungsvoraussetzungen

9.2.0
Die Niederlassungserlaubnis wird, wenn im Aufenthaltsgesetz nichts anderes bestimmt ist, unter den in § 9 Absatz 2 festgelegten Voraussetzungen erteilt. Dies gilt mit Ausnahme der verlängerten Mindestfrist von sieben Jahren auch im Fall des § 26 Absatz 4. Darüber hinaus gibt es bei einigen Aufenthaltszwecken Sonderregelungen für die Erlangung der Niederlassungserlaubnis (§§ 19, 21 Absatz 4, § 23 Absatz 2, § 26 Absatz 3 und 4, § 28 Absatz 2, § 31 Absatz 3, §§ 35, 38 Absatz 1 Nummer 1). Die Erteilung der Niederlassungserlaubnis richtet sich in diesen Fällen nach den dort genannten Voraussetzungen und den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5. Statt dessen ist auch die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 9 Absatz 2 möglich, wenn die dort genannten Voraussetzungen vorliegen; im Fall des § 26 Absatz 4 muss aber zudem die verlängerte Mindestfrist von sieben Jahren gegeben sein (zur Möglichkeit der Erteilung einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG in den Fällen des § 26 Absatz 3 und 4 vgl. Nummer 9a.3.1.1).

9.2.1.1
Aufenthaltserlaubnis seit fünf Jahren

Der Ausländer muss nach § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 seit fünf Jahren eine Aufenthaltserlaubnis besitzen. Zeiten im Besitz eines nationalen Visums zählen mit (§ 6 Absatz 4 Satz 3). Hinsichtlich der Anrechenbarkeit von Auslandsaufenthalten und Aufenthalten zum Zweck des Studiums oder der Berufsausbildung ist § 9 Absatz 4 zu beachten. Aufenthaltsrechte, die bestanden haben, ohne dass der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besaß, oder indem er von der Aufenthaltstitelpflicht befreit war – etwa indem er, ohne eine Aufenthaltserlaubnis zu besitzen, unter entsprechende Tatbestände des ARB 1/80 oder nach § 27 AufenthV fiel – werden nicht angerechnet. Angerechnet werden aber Aufenthaltszeiten, während derer er eine Aufenthaltserlaubnis nach § 4 Absatz 5 oder in Anwendung des § 27 Absatz 3 AufenthV besaß. Unterbrechungen der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts (z. B. infolge verspäteter Anträge auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis) können gemäß § 85 bis zu einem Jahr außer Betracht bleiben.

9.2.1.1.1
Eine Anrechnung von Zeiten des Besitzes einer Aufenthaltsgenehmigung vor dem 1. Januar 2005 ist ausdrücklich nur im Fall des Besitzes einer Aufenthaltsbefugnis für den Anwendungsbereich des § 26 Absatz 4 vorgesehen. Zeiten des Besitzes einer Aufenthaltsbewilligung, die einer Verfestigung nicht zugänglich war, vor Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes zählen daher grundsätzlich nicht als Zeiten im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 (vgl. aber Nummer 9.2.1.1.2, 9.4.3 zur Ausnahme bei Aufenthalten zum Zwecke des Studiums oder der Berufsausbildung). Aufenthaltsbewilligungen und -befugnisse gelten zwar nach § 101 Absatz 2 mit Wirkung ab dem 1. Januar 2005 als Aufenthaltserlaubnis neuen Rechts fort. Diese Vorschrift stellt jedoch lediglich eine Überleitungsregelung dar und bezweckt ausschließlich, dass eine bestehende Aufenthaltsgenehmigung nicht förmlich umgeschrieben werden muss, sondern kraft Gesetzes mit Wirkung vom 1. Januar 2005 die Rechtswirkungen neuen Rechts entfaltet (vgl. Nummer 101.2). Rückwirkende Folgen wurden vom Gesetzgeber hingegen nicht angeordnet. Dies ergibt sich auch aus dem Umkehrschluss zu der Vorschrift in § 102 Absatz 2, die u. a. die Anrechnung von Zeiten des Besitzes einer Aufenthaltsbefugnis nach dem Ausländergesetz für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis ausdrücklich anordnet. Einer solchen Regelung hätte es nicht bedurft, wenn diese Zeiten ohnehin rückwirkend als Zeiten einer Aufenthaltserlaubnis nach neuem Recht gelten würden. Die Zeiten des Besitzes einer nach dem Ausländergesetz erteilten Aufenthaltserlaubnis werden hingegen angerechnet, da die Aufenthaltserlaubnis im Gegensatz zur Aufenthaltsbewilligung einer Verfestigung zugänglich war.

9.2.1.1.2
Zur Anrechnung von Zeiten des rechtmäßigen Aufenthalts zum Zweck des Studiums siehe Nummer 9.4.3.

9.2.1.1.3
Besitzt der Ausländer zum Zeitpunkt der Antragstellung einen Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5, gelten die abweichenden Erteilungsfristen des § 26.

9.2.1.2
Lebensunterhaltssicherung
Hinsichtlich der Sicherung des Lebensunterhalts nach § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 gilt grundsätzlich § 2 Absatz 3. Die Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn der Antragsteller den Lebensunterhalt nur für sich, nicht aber für seine Familienangehörigen in Deutschland, denen er zum Unterhalt verpflichtet ist, sicherstellen kann (siehe hierzu Nummer 2.3.2). Handelt es sich bei dem Antragsteller um einen ehemaligen Deutschen, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt als Deutscher noch nicht fünf Jahre im Bundesgebiet hatte, aber über mindestens diesen Zeitraum über einen gesicherten Aufenthaltsstatus (ggf. als Deutscher und Ausländer) verfügt hat, so sollte der Rechtsgedanke von § 38 Absatz 3 herangezogen werden und in besonderen Fällen von der Anforderung der Lebensunterhaltssicherung abgesehen werden (vgl. hierzu Nummer 38.3.3).

9.2.1.3
Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung

9.2.1.3.1
Der Nachweis von Aufwendungen für einen Anspruch auf Versicherungsleistungen, die denen aus der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar sind, setzt nicht voraus, dass der Ausländer im Zeitpunkt der Erteilung der Niederlassungserlaubnis einen Versorgungsanspruch erworben hat, der den Lebensunterhalt ausreichend sichert. Entscheidend ist, ob unter der Voraussetzung, dass die private Altersvorsorge weitergeführt wird, Ansprüche in gleicher Höhe erworben werden, wie sie entstehen würden, wenn der Ausländer 60 Monatsbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet hätte und künftig weitere Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichten würde. Die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung führen zum Erwerb eines Anspruchs auf Rente, zum einen für den Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben mit Erreichen der entsprechenden Altersgrenze und zum anderen im Falle eines vorzeitigen Ausscheidens aus dem Erwerbsleben infolge Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit. Diese beiden Ansprüche bilden den Maßstab für die Vergleichbarkeit. Vorausgesetzt ist dabei, dass die Beiträge wie bisher bis zum Eintritt des Versicherungsfalles weiter entrichtet werden. Grundlage für die Ermittlung ist ein Einkommen, mit dem der Lebensunterhalt des Ausländers gesichert ist (siehe Nummer 5.1.1.1 und 2.3). Bei Ausländern, die vor dem 1. Januar 2005 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsbefugnis waren, findet § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 keine Anwendung (§ 104 Absatz 2).

9.2.1.4
Keine entgegenstehenden Gründe der öffentliche Sicherheit und Ordnung Das Tatbestandsmerkmal der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 wurde im Rahmen des Richtlinienumsetzungsgesetzes an das Tatbestandsmerkmal des § 9a Absatz 2 Satz 1 Nummer 5 angepasst. Insoweit wird auf Nummer 9a.2.1.5 verwiesen.

9.2.1.5
Beschäftigungserlaubnis Arbeitnehmer müssen über einen Aufenthaltstitel verfügen, der ihnen die Beschäftigung erlaubt (§ 4 Absatz 3 Satz 1). Diese Erlaubnis muss unbefristet (z. B. auf Grund einer Regelung des Aufenthaltsgesetzes oder auf Grund § 46 Absatz 2 BeschV oder § 9 BeschVerfV) vorliegen. Arbeitnehmer in diesem Sinne ist jeder, der eine Beschäftigung i. S. d. § 2 Absatz 2 ausübt.

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9.2.1.6
Berufsausübungserlaubnis

9.2.1.6.1
Sofern für die Ausübung bestimmter Berufe besondere Erlaubnisse vorgeschrieben sind (z. B. Rechtsanwälte, Heilberufe, im Gewerberecht vorgesehene Erlaubnisse) muss ein Ausländer, der diesen Beruf als Selbständiger oder Beschäftigter ausüben will, im Besitz der erforderlichen Erlaubnis sein, die ihm die dauerhafte Ausübung eines solchen Berufes erlaubt. Eine auf eine befristete berufliche Tätigkeit beschränkte Erlaubnis reicht nicht aus. Vor allem bei den Heilberufen besteht nicht für alle Ausländer die rechtliche Möglichkeit einer dauernden Berufsausübung. Es besteht hier aber die Möglichkeit, eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt- EG zu beantragen. In § 9a Absatz 2 ist eine dauerhafte Berufsausübungserlaubnis als Erteilungsvoraussetzung nicht aufgeführt.

9.2.1.6.2
Trotz einer etwaigen Befristung liegt eine Erlaubnis zur dauernden Berufsausübung vor, wenn die Befristung nur bezweckt, die Berufstauglichkeit erneut zu prüfen. Dies ist in allen Fällen anzunehmen, in denen für Deutsche dieselben Regelungen gelten. Einer Dauererlaubnis zur selbständigen Erwerbstätigkeit steht es gleich, wenn die Berufsausübung wie etwa im Einzelhandel ohne Genehmigung erlaubt ist.

9.2.1.7
Ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache Ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache entsprechen der Definition des Sprachniveaus B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarates an die Mitgliedstaaten Nummer R (98) 6 vom 17. März 1998 zum Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen – GER). Das Niveau B1 GER setzt folgende sprachliche Fähigkeiten bei allen Sprachkompetenzen (Hören, Sprechen, Lesen und Schreiben) voraus: Kann die Hauptpunkte verstehen, wenn klare Standardsprache verwendet wird und es um vertraute Dinge aus Arbeit, Schule, Freizeit usw. geht. Kann die meisten Situationen bewältigen, denen man auf Reisen im Sprachgebiet begegnet. Kann sich einfach und zusammenhängend über vertraute Themen und persönliche Interessensgebiete äußern. Kann über Erfahrungen und Ereignisse berichten, Träume, Hoffnungen und Ziele beschreiben und zu Plänen und Ansichten kurze Begründungen oder Erklärungen geben (vgl. Nummer 44a.1.2.2). Bei Ausländern, die vor dem 1. Januar 2005 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsbefugnis waren, wird nur verlangt, dass sie sich auf einfache Art in deutscher Sprache mündlich verständigen können (§ 104 Absatz 2). Die Voraussetzung ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache ist von der Ausländerbehörde festzustellen. Die erforderlichen Sprachkenntnisse sind i. d. R. nachgewiesen, wenn der Ausländer

  • das „Zertifikat Deutsch" oder den „Deutsch-Test für Zuwanderer" (Kompetenzstufe B1) nach § 17 Absatz 1 Nummer 1 IntV erworben hat,
  • vier Jahre eine deutschsprachige Schule mit Erfolg (Versetzung in die nächst höhere Klasse) besucht hat,
  • einen Hauptschulabschluss oder wenigstens gleichwertigen deutschen Schulabschluss erworben hat,
  • in die zehnte Klasse einer weiterführenden deutschsprachigen Schule (Realschule, Gymnasium oder Gesamtschule) versetzt worden ist oder
  • ein Studium an einer deutschsprachigen Hochschule oder Fachhochschule oder eine deutsche Berufsausbildung erfolgreich abgeschlossen hat.

Sind die erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache nicht oder nicht hinreichend anhand von Zeugnissen oder Zertifikaten nachgewiesen, ist dem Ausländer ein Sprachtest, ggf. auch ein Sprachkurs zu empfehlen, es sei denn, der Ausländer verfügt nach der in einem persönlichen Gespräch gewonnenen Überzeugung der Ausländerbehörde offensichtlich über die geforderten Sprachkenntnisse. In diesen Fällen kann auf einen Sprachtest verzichtet werden.

9.2.1.8
Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung umfassen die grundlegenden Prinzipien des Rechtsstaats. Eine Orientierung über die Inhalte geben die Lehrpläne des Orientierungskurses, der Bestandteil des Integrationskurses ist. Das Vorliegen der Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung ist von der Ausländerbehörde festzustellen. I. d. R. werden diese Kenntnisse durch den bundeseinheitlichen Test zum Orientierungskurs nach § 17 Absatz 1 Nummer 2 IntV nachgewiesen. Der Nachweis der Kenntnisse ist auch erbracht, wenn der Ausländer einen Abschluss einer deutschen Hauptschule oder einen vergleichbaren oder höheren Schulabschluss einer deutschen allgemein bildenden Schule nachweisen kann. Bei Ausländern, die vor dem 1. Januar 2005 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsbefugnis waren, findet § 9 Absatz 2 Nummer 8 keine Anwendung (§ 104 Absatz 2).

9.2.1.9
Ausreichender Wohnraum

Auf die Voraussetzungen nach § 2 Absatz 4 wird Bezug genommen (vgl. Nummer 2.4).

9.2.2
Nachweis der bzw. Ausnahmen von den Voraussetzungen nach § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 und 8

9.2.2.1
Über die erfolgreiche Teilnahme am Integrationskurs erhält der Ausländer eine Bescheinigung (§ 17 Absatz 4 IntV). Nach § 9 Absatz 2 Satz 2 genügt diese Bescheinigung in jedem Fall als Nachweis der Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 und 8. Ausländer, die am Integrationskurs nicht oder nicht erfolgreich teilgenommen haben, können die Voraussetzungen auf andereWeise nachweisen. Sie können die Abschlusstests des Integrationskurses auf freiwilliger Basis ablegen.

9.2.2.2.1
Von den Voraussetzungen der ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache nach § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 und der Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland nach § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 8 wird zwingend abgesehen, wenn der Ausländer wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder aufgrund seines Alters nicht in der Lage ist, diese Voraussetzungen zu erfüllen. In diesen Fällen ist auch kein Nachweis geringerer Kenntnisse zu verlangen. Nicht jede Krankheit oder Behinderung führt zum Ausschluss der genannten Voraussetzungen, sondern nur diejenigen, die den Ausländer an der Erlangung der Kenntnisse hindern, insbesondere die Unfähigkeit, sich mündlich oder schriftlich zu artikulieren sowie angeborene oder erworbene Formen geistiger Behinderung oder altersbedingte Beeinträchtigungen. Die Ausschlussgründe sind vom Ausländer durch ein ärztliches Attest nachzuweisen, wenn sie nicht offenkundig sind.

9.2.2.2.2
Eine Härte, bei der nach Absatz 2 Satz 4 von den Voraussetzungen der Nummer 7 und 8 abgesehen werden kann, kann z. B. vorliegen, wenn eine körperliche, geistige oder seelische Erkrankung oder Behinderung die Erfüllung der Voraussetzungen zwar nicht unmöglich macht, aber dauerhaft wesentlich erschwert, wenn der Ausländer bei der Einreise bereits über 50 Jahre alt war, oder wenn wegen der Pflegebedürftigkeit eines Angehörigen der Besuch eines Integrationskurses auf Dauer unmöglich oder unzumutbar war. Aus den geltend gemachten, nachzuweisenden Gründen muss sich unmittelbar nachvollziehen lassen, dass im Einzelfall eine Erschwernis vorliegt.

9.2.2.3.1
Darüber hinaus wird nach Absatz 2 Satz 5 von den Voraussetzungen der Nummer 7 und 8 auch dann abgesehen, wenn der Ausländer sich auf einfache Art in deutscher Sprache mündlich verständigen kann und zugleich entweder nur einen geringen Integrationsbedarf hat (§ 44 Absatz 3 Nummer 2) oder dessen Teilnahme am Integrationskurs auf Dauer unmöglich oder unzumutbar ist (§ 44a Absatz 2 Nummer 3).

9.2.2.3.2
Zur Feststellung, ob sich der Ausländer auf einfache Art in deutscher Sprache mündlich verständigen kann wird auf Nummer 28.2.4 und 30.1.2.1 verwiesen.

9.2.3
Nach § 9 Absatz 2 Satz 6 ist von den Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 (Lebensunterhaltssicherung/Rentenversicherungspflichtbeiträge) abzusehen, wenn der Ausländer diese aus den in § 9 Absatz 2 Satz 3 genannten Gründen nicht erfüllen kann.

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9.3 Ehegatten- und Auszubildendenprivileg

9.3.1
§ 9 Absatz 3 Satz 1 gilt für verheiratete Ausländer unabhängig davon, ob sie im Wege des Familiennachzuges eingereist sind. Die Vorschrift gilt nicht für Ehegatten von Deutschen, für diese enthält § 28 Absatz 2 eine privilegierende Sonderregelung. Das Erfordernis des gesicherten Lebensunterhalts gilt auch für den verheirateten Antragsteller. Hierfür genügt die Gewährung des Lebensunterhalts durch den anderen Ehegatten (siehe Nummer 2.3.2.3).

9.3.2
Zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss führt nicht nur der Besuch einer allgemeinbildenden Schule, sondern auch der Besuch von Berufsfachschulen (z. B. Handelsschule) oder sonstigen öffentlichen oder staatlich anerkannten berufsbildenden Schulen. Berufsvorbereitende Maßnahmen wie ein berufliches Vollzeitschuljahr oder eine außerschulische berufsvorbereitende Vollzeitmaßnahme sowie die Tätigkeit als Praktikant führen nicht zu einem anerkannten beruflichen Bildungsabschluss.

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9.4
Anrechnung von Auslandsaufenthalten und Aufenthalten zum Zweck des Studiums oder der Berufsausbildung

9.4.1
§ 9 Absatz 4 Nummer 1 bezweckt, dass die einmal erreichte Integration in die deutschen Lebensverhältnisse unter bestimmten Voraussetzungen auch dann berücksichtigt wird, wenn der Ausländer nach einem Auslandsaufenthalt, der zum Erlöschen der Niederlassungserlaubnis führte, erneut eine Niederlassungserlaubnis beantragt. Die Regelung gilt für alle Fälle der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis, unabhängig davon, ob sie nach § 9 oder einer anderen Vorschrift erteilt wird.

9.4.1.1
Der Ausländer muss bei seiner Ausreise im Besitz der Niederlassungserlaubnis gewesen sein. Dies ist nicht der Fall, wenn diese bereits vorher (z. B. durch Ausweisung, Rücknahme oder Widerruf) erloschen ist. Einem ehemaligen Deutschen, der bei seiner Einbürgerung im Besitz einer Niederlassungserlaubnis war und nach der Spezialregelung des § 38 lediglich eine Aufenthaltserlaubnis erhalten konnte, können die Zeiten des Besitzes einer Niederlassungserlaubnis sowie die Zeiten mit deutscher Staatsangehörigkeit ebenfalls bis zu vier Jahren angerechnet werden.

9.4.1.2
Alle Voraussetzungen für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis müssen erfüllt werden. § 9 Absatz 4 bewirkt lediglich, dass auf Grund der Anrechnung alter Aufenthaltszeiten nicht die gesamte erforderliche Frist zurückgelegt werden muss.

9.4.1.3
Von den vor der Ausreise liegenden Zeiten im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis und Niederlassungserlaubnis (z. B. zehn Jahre) wird die Zeit des Auslandsaufenthalts abgezogen, sofern sie zum Erlöschen der Niederlassungserlaubnis führte (z. B. drei Jahre). Von der übrig bleibenden Zeit (im Beispiel: sieben Jahre) werden höchstens vier Jahre angerechnet (im Beispiel hat der Ausländer daher bereits nach einem Jahr im Besitz der Aufenthaltserlaubnis die Frist gemäß § 9 Absatz 2 Nummer 1 erfüllt). Ist die Zeit des Auslandsaufenthaltes länger als die Voraufenthaltszeit, führt die Regelung dazu, dass keine Voraufenthaltszeiten angerechnet werden. Ist für die Erlangung der Niederlassungserlaubnis eine kürzere Zeit als vier Jahre erforderlich (z. B. nach § 28 Absatz 2), kann bei entsprechend langem Voraufenthalt bei Erfüllung aller übrigen Voraussetzungen bereits unmittelbar nach der Einreise ein Anspruch auf Erteilung der Niederlassungserlaubnis entstehen. Dies bedeutet, dass ein Visum, das für die Einreise beantragt wird, auch sogleich nach § 6 Absatz 4 nach den für die Niederlassungserlaubnis geltenden Vorschriften erteilt werden kann und darin die entsprechende Rechtsgrundlage angegeben und der Vermerk „Erwerbstätigkeit gestattet" eingetragen wird; dennoch ist das Visum zu befristen; der Ausländer hat nach der Einreise einen Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis auf dem Vordruck „Aufenthaltstitel" anstelle des Visums.

9.4.2
Die Anrechnung nach § 9 Absatz 4 Nummer 2 ist nur möglich, soweit der Ausländer während seines Auslandsaufenthalts im Besitz der Aufenthaltserlaubnis war. War die Aufenthaltserlaubnis wegen Ablaufs der Geltungsdauer erloschen, kann die Zeit danach nicht angerechnet werden. Anrechenbar sind maximal sechs Monate.

9.4.2.1
War der Ausländer vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit, kommt es für die Anrechnung von Zeiten eines Auslandsaufenthalts darauf an, ob durch diesen Aufenthalt der gewöhnliche Aufenthalt im Bundesgebiet weggefallen bzw. unterbrochen worden ist. Im Hinblick auf § 51 Absatz 1 Nummer 7 ist anzunehmen, dass durch einen Auslandsaufenthalt bis zu sechs Monaten der gewöhnliche Aufenthalt im Bundesgebiet grundsätzlich nicht wegfällt. Es müssen jedoch entsprechende Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet bestanden haben, die auf den Mittelpunkt der Lebensbeziehungen des Ausländers im Bundesgebiet hindeuten (z. B. Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses, familiäre Anknüpfungspunkte).

9.4.3
Mit § 9 Absatz 4 Nummer 3 wird die für die Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG geltende Regelung des § 9b Satz 1 Nummer 4 zur Anrechnung von Studienzeiten und Zeiten der Berufsausbildung nach Artikel 4 Absatz 2, Unterabsatz 2 der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (ABl. EU 2004 Nummer L 16 S. 44, so genannte Daueraufenthalt- Richtlinie) gleichermaßen auf die Niederlassungserlaubnis angewandt (siehe Nummer 9b.1.4).

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