Sprachanforderungen

Gesetz:
Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG)
Paragraph:
§ 10 [Anspruch auf Einbürgerung]
Kommentierung:
Sprachanforderungen
Autor:
Dr. Klaus Dienelt

Verwaltungsvorschrift (Auszug)

Redaktioneller Hinweis:

Verwaltungsvorschriften zu § 10 StAG liegen nicht vor.
Daher werden die Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern (Stand: 17. April 2009) abgedruckt.

 

Vorläufige Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern

zum Staatsangehörigkeitsgesetz in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Staatsan-gehörigkeitsgesetzes vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S. 158)

(siehe redaktioneller Hinweis)

Zu § 10 Einbürgerungsanspruch; Miteinbürgerung von Ehegatten und minderjährigen Kindern

 

10.1 Zu Absatz 1 (Einbürgerungsanspruch)

 

10.1.1 Zu Satz 1 (Rechtmäßiger gewöhnlicher Aufenthalt im Inland; Handlungsfähigkeit)

 

Zum Begriff des Ausländers und des Antrags vergleiche Nummer 8.1.1. Der rechtmäßige gewöhnliche Aufenthalt im Inland (Nr. 4.3.1.2) muss in den der Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 vorausgehenden acht Jahren grundsätzlich ununterbrochen bestanden haben. Zu Unterbrechungen des rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalts vergleiche § 12b (Nummern 12b.1 bis 12b.3). Auch im Zeitpunkt der Einbürgerung muss der Ausländer seinen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben. Der Ausländer muss um handlungsfähig zu sein mindestens das 16. Lebensjahr vollendet haben und darf nicht geschäftsunfähig sein oder im Falle seiner Volljährigkeit in dieser Angelegenheit zu betreuen und einem Einwilligungsvorbehalt unterstellt sein (§ 80 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes). Vergleiche Nummer 8.1.1.1.

 

10.1.1.1 Zu Nummer 1 (Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung; Loyalitätserklärung)

In der Regel bei der Beantragung der Einbürgerung, spätestens vor der Aushändigung der Einbürgerungsurkunde hat der Einbürgerungsbewerber folgendes Bekenntnis und folgende Erklärung abzugeben:

„1. Ich bekenne mich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland. Insbesondere erkenne ich an:

 

    1. das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen,
    2. die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht,
    3. das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition,
    4. die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung,
    5. die Unabhängigkeit der Gerichte,
    6. den Ausschluss jeder Gewalt und Willkürherrschaft und
    7. die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte.

 

2. Ich erkläre, dass ich keine Bestrebungen verfolge oder unterstütze oder verfolgt oder unterstützt habe, die

 

    1. gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
    2. eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
    3. durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden."

Macht der Einbürgerungsbewerber glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, so hat er folgendes Bekenntnis und folgende Erklärung abzugeben:

„1. Ich bekenne mich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland. Insbesondere erkenne ich an:

    1. das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen,
    2. die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht,
    3. das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition,
    4. die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung,
    5. die Unabhängigkeit der Gerichte,
    6. den Ausschluss jeder Gewalt und Willkürherrschaft und
    7. die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte.

2. Ich erkläre, dass ich keine Bestrebungen verfolge oder unterstütze, die

    1. gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
    2. eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
    3. durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden.

Von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen habe ich mich abgewandt."

Der Einbürgerungsbewerber soll bereits bei der Antragstellung über die Bedeutung des Bekenntnisses zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung und der Erklärung schriftlich und mündlich belehrt und befragt werden, ob er Handlungen vorgenommen hat, die als der Einbürgerung entgegenstehende Bestrebungen im Sinne der Erklärung anzusehen sind. Vergleiche bei handlungsunfähigen Personen Nummer 10.1.2.

10.1.1.2 Zu Nummer 2 (erforderlicher Aufenthaltsstatus bei der Einbürgerung)

Der Ausländer muss im Zeitpunkt der Einbürgerung entweder

  1. ein unbefristetes Aufenthaltsrecht haben (vergleiche Nummer 4.3.1.3) oder
  2. Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger sein, der eine sog. Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten und der Schweiz über die Freizügigkeit besitzt (BGBl. 2001 II S. 810) oder
  3. Ausländer sein, der eine Aufenthaltserlaubnis nach dem Aufenthaltsgesetz für einen bestimmten Zweck besitzt.

Nicht ausreichend sind Aufenthaltserlaubnisse für Aufenthaltszwecke nach den §§ 16, 17, 20, 22, 23 Abs. 1, §§ 23a, 24, 25 Abs. 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes.

10.1.1.3 Zu Nummer 3 (keine Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch)

Ergänzende Anmerkung:
Änderung der Nummer 3 geht auf das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2954) und das Zuwanderungsgesetz zurück.

Zu berücksichtigen ist nur, ob der Einbürgerungsbewerber tatsächlich Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitssuchende) oder nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe) in Anspruch genommen hat oder nimmt.

Der Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitssuchende) oder dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe) steht einer Einbürgerung nach § 10 nicht entgegen, wenn der Einbürgerungsbewerber die Hilfebedürftigkeit nicht zu vertreten hat. Erforderlich, aber auch hinreichend ist, dass der Ausländer nicht durch ihm zurechenbares Handeln oder Unterlassen die Ursache für einen fortdauernden Leistungsbezug gesetzt hat.

Als ein zu vertretender Grund für eine Hilfebedürftigkeit im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 3 ist insbesondere ein Arbeitsplatzverlust wegen Nichterfüllung arbeitsvertraglicher Pflichten beziehungsweise eine Auflösung eines Beschäftigungsverhältnisses wegen arbeitsvertragswidrigen Verhaltens anzusehen. Anhaltspunkte dafür, dass ein Einbürgerungsbewerber das Fehlen der wirtschaftlichen Voraussetzungen zu vertreten hat, ergeben sich zum Beispiel auch daraus, dass er wiederholt die Voraussetzungen für eine Sperrzeit nach § 144 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch erfüllt hat oder dass aus anderen Gründen Hinweise auf Arbeitsunwilligkeit bestehen.

Nicht zu vertreten hat es der Einbürgerungsbewerber insbesondere, wenn ein Leistungsbezug wegen Verlustes des Arbeitsplatzes durch gesundheitliche, betriebsbedingte oder konjunkturelle Ursachen begründet ist und er sich hinreichend intensiv um eine Beschäftigung (Ausbildungs- oder Arbeitsplatz) bemüht hat.

Ergänzende Anmerkung:
Die Ausnahme des Nichtvertretens der Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch SGB ist inhaltlich unverändert in die Einbürgerungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 übernommen worden. Der frühere § 10 Abs. 1 Satz 3 entfällt. Auch bei Einbürgerungsbewerbern bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres ist daher zu prüfen, ob sie die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch SGB zu vertreten haben. Der Bezug staatlicher Leistungen während der Schulzeit, der Ausbildung und des Studiums ist vom Einbürgerungsbewerber regelmäßig nicht zu vertreten. Auch kann die Inanspruchnahme staatlicher Leistungen durch die unterhaltspflichtigen Eltern dem jugendlichen Einbürgerungsbewerber nicht zugerechnet werden.

10.1.1.4 Zu Nummer 4 (Vermeidung von Mehrstaatigkeit)

Ist der Einbürgerungsbewerber nicht staatenlos (vergleiche Nummer 8.1.3.1), so setzt der Einbürgerungsanspruch voraus, dass er aus seiner bisherigen Staatsangehörigkeit ausscheidet (Vermeidung von Mehrstaatigkeit). Aufgeben umfasst alle Fälle des Ausscheidens aus der bisherigen Staatsangehörigkeit durch einseitige Willenserklärung oder einen Hoheitsakt des Herkunftsstaates (wie Entlassung, Genehmigung des Verzichts auf die Staatsangehörigkeit oder Erlaubnis zum Staatsangehörigkeitswechsel). Verlust ist das kraft Gesetzes eintretende Ausscheiden aus der bisherigen Staatsangehörigkeit.

Zu den Ausnahmen von der Vermeidung von Mehrstaatigkeit vergleiche Nummern 12.0 bis 12.3. Lässt der ausländische Staat die Entlassung aus seiner Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, ist die Einbürgerung mit einer schriftlichen Auflage zu versehen, in der dem Einbürgerungsbewerber die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen aufgegeben werden und in der er verpflichtet wird, diese Handlungen unverzüglich vorzunehmen. Zu Durchsetzung der Auflage kann – auch mehrfach – ein Zwangsgeld nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen verhängt werden. Vom Vollzug der Auflage ist abzusehen, wenn nach der Einbürgerung ein Grund für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entsteht.

10.1.1.5 Zu Nummer 5 (Straffreiheit)

Straftat im Sinne dieser Vorschrift ist jedes mit Strafe bedrohte Handeln oder Unterlassen. Für Jugendliche und Heranwachsende gilt das Jugendgerichtsgesetz (vergleiche § 1 des Jugendgerichtsgesetzes). Verurteilungen, die getilgt oder zu tilgen sind, werden nicht berücksichtigt (§§ 51 Abs. 1, 52 des Bundeszentralregistergesetzes). Zu Ausnahmen vom Erfordernis der Straffreiheit vergleiche Nummern 12a.1 bis 12a.1.2.

Auch ausländische Verurteilungen wegen einer Straftat sind zu berücksichtigen, im Einzelnen vergleiche Nummern 12a.2 bis 12a.4.

Bei schuldunfähigen Personen hindert auch die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung nach § 61 des Strafgesetzbuches (z.B. die Einweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus) die Einbürgerung. Zu den Ausnahmen vergleiche Nummer. 12a.1.4.

Bei strafmündigen Personen ist eine unbeschränkte Auskunft aus dem Bundeszentralregister anzufordern, um festzustellen, ob Verurteilungen (einschließlich der Anordnungen einer Maßregel der Besserung und Sicherung) des Einbürgerungsbewerbers vorliegen (vergleiche § 41 Abs. 1 Nr. 6 des Bundeszentralregistergesetzes).

10.1.1.6 Zu Nummer 6 (Ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache)

Die Voraussetzung ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache ist von der Einbürgerungsbehörde festzustellen.

Die erforderlichen Sprachkenntnisse sind in der Regel nachgewiesen, wenn der Einbürgerungsbewerber

    1. eine Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (vor dem 28. August 2007 eines Integrationskursträgers) über die erfolgreiche Teilnahme an einem Sprachkurs im Rahmen eines Integrationskurses (§ 43 Abs. 4 des Aufenthaltsgesetzes) erhalten hat,
    2. das Zertifikat Deutsch (B 1 GER) oder ein gleichwertiges oder höherwertiges Sprachdiplom erworben hat,
    3. vier Jahre eine deutschsprachige Schule mit Erfolg (Versetzung in die nächsthöhere Klasse) besucht hat,
    4. einen Hauptschulabschluss oder wenigstens gleichwertigen deutschen Schulabschluss erworben hat,
    5. in die zehnte Klasse einer weiterführenden deutschsprachigen Schule (Realschule, Gymnasium oder Gesamtschule) versetzt worden ist oder
    6. ein Studium an einer deutschsprachigen Hochschule oder Fachhochschule oder eine deutsche Berufsausbildung erfolgreich abgeschlossen hat.

Sind die erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache nicht oder nicht hinreichend anhand von Zeugnissen oder Zertifikaten nachgewiesen, ist dem Einbürgerungsbewerber ein Sprachtest, ggf. auch ein Sprachkurs zu empfehlen, es sei denn der Einbürgerungsbewerber verfügt nach der in einem persönlichen Gespräch gewonnenen Überzeugung der Staatsangehörigkeitsbehörde offensichtlich über die geforderten Sprachkenntnisse. In diesen Fällen kann auf einen Sprachtest verzichtet werden.

Ergänzende Anmerkung:
Der frühere Ausschlussgrund des § 11 Satz1 Nr. 1 (keine ausreichenden deutschen Sprachkenntnisse) ist in die Einbürgerungsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 aufgenommen worden. Der Wortlaut ist unverändert. Jedoch ist der Begriff „ausreichende Kenntnisse" in § 10 Abs. 4 präzisiert worden (vergleiche Nummer 10.4.1). Vergleiche auch die Ausnahmen von den ausreichenden Sprachkenntnissen in § 10 Abs. 4 Satz 2 und in § 10 Abs. 6 (Nummern 10.4.1 und 10.6).

10.1.1.7. Zu Nummer 7 (Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland)

Das Vorliegen staatsbürgerlicher Kenntnisse hat die Staatsangehörigkeitsbehörde festzustellen. In der Regel werden diese Kenntnisse durch einen bundeseinheitlichen Einbürgerungstest (vergleiche Nummer 10.5) nachgewiesen. Der Nachweis staatsbürgerlicher Kenntnisse ist auch erbracht, wenn der Einbürgerungsbewerber einen Abschluss einer deutschen Hauptschule oder einen vergleichbaren oder höheren Schulabschluss einer deutschen allgemeinbildenden Schule nachweisen kann.

Zu den Ausnahmen vom Nachweis staatsbürgerliche Kenntnisse vergleiche Nummern 10.1.2 und 10.6.

10.1.2 Zu Satz 2 (Ausnahmen vom Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung; Loyalitätserklärung und von den Kenntnissen der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland)

Bekenntnis und Erklärung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und staatsbürgerliche Kenntnisse nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 sind nicht zu fordern, wenn der Einbürgerungbewerber nicht handlungsfähig nach Maßgabe von § 80 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes ist. Diese Regelung betrifft Minderjährige unter 16 Jahren und unter Betreuung stehende Personen.

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10.2 Zu Absatz 2 (Miteinbürgerung von Ehegatten und Kindern)

10.2.1 Zu Satz 1 (Voraussetzungen; Ermessen)

10.2.1.1 Voraussetzungen

Eine Miteinbürgerung nach Absatz 2 ist auch möglich, wenn Ehegatte und minderjährige Kinder sich seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten und selbst nach Absatz 1 einzubürgern wären. Die übrigen Voraussetzungen eines Einbürgerungsanspruchs nach Absatz 1 müssen – vorbehaltlich der Regelung in Absatz 1 Satz 2 (vergleiche Nummer 10.1.2) – auch in der Person des jeweiligen Familienangehörigen erfüllt sein.

Auch bei den miteinzubürgernden Ehegatten werden ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache vorausgesetzt. Bei den miteinzubürgernden Kindern muss eine altersgemäße Sprachentwicklung in deutscher Sprache nach § 10 Abs. 4 Satz 2 vorhanden sein (vergleiche Nummer 10.4.2).

Die Miteinbürgerung soll gleichzeitig mit dem nach Absatz 1 anspruchsberechtigten Einbürgerungsbewerber erfolgen. Es genügt aber, wenn der Antrag auf Miteinbürgerung rechtzeitig vor der Einbürgerung des nach Absatz 1 Anspruchsberechtigten gestellt worden ist.

10.2.1.2 Grundsätze für das Ermessen

10.2.1.2.1 Miteinbürgerung eines Ehegatten

Bei einem Ehegatten, der miteingebürgert werden soll, genügt ein Aufenthalt im Inland von vier Jahren bei zweijähriger Dauer der ehelichen Lebensgemeinschaft.

10.2.1.2.2 Miteinbürgerung von Kindern

Ein minderjähriges Kind des Einbürgerungsbewerbers, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, soll mit ihm eingebürgert werden, wenn er für das Kind sorgeberechtigt ist und mit ihm eine familiäre Lebensgemeinschaft im Inland besteht.

Das miteinzubürgernde Kind soll sich seit drei Jahren im Inland aufhalten. Bei einem Kind, das im Zeitpunkt der Miteinbürgerung das sechste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, genügt es in diesem Fall, wenn es unmittelbar vor der Einbürgerung sein halbes Leben im Inland verbracht hat.

Die Miteinbürgerung eines minderjährigen Kindes, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr vollendet hat, setzt in der Regel voraus, dass es selbstständig eingebürgert werden könnte.

10.2.1.2.3 Ausschlussgründe

Eine Miteinbürgerung erfolgt nicht, wenn ein Ausschlussgrund nach § 11 vorliegt.

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10.3 Zu Absatz 3 (Erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs; besondere Integrationsleistungen)

10.3.1
Die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs wird durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nach § 43 Abs. 4 des Aufenthaltsgesetzes i.V.m. § 17 Abs. 4 der Integrationskursverordnung („Zertifikat Integrationskurs") nachgewiesen. In diesem Fall verkürzt sich die Aufenthaltszeit von acht auf sieben Jahre. Gleiches gilt für die Vorlage von Bescheinigungen von Kursträgern nach § 43 Abs. 3 Satz 2 der bis zum 27. August 2007 geltenden Fassung des Aufenthaltsgesetzes.

Der Integrationskurs besteht aus einem Sprachkurs und einem Orientierungskurs. Einbürgerungsbewerber werden durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorangig zum Integrationskurs zugelassen (§ 5 Abs. 3 Nr. 1 der Integrationkursverordnung). Verfügt der Einbürgerungsbewerber bereits über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache (B 1 GER) sowie über die im Orientierungskurs vermittelten Kenntnisse, so kann er den Sprachtest bzw. den Orientierungskurstest auch ohne Besuch des Sprachkurses bzw. Orientierungskurses ablegen.

Ergänzende Anmerkung:
Durch Änderung der Integrationskursverordnung vom 5. Dezember 2007 (BGBl. I Nr. 61 S. 2787) ist ab dem 1. Januar 2009 der bundeseinheitliche Test zum Orientierungskurs nach einem einheitlichem Curriculum eingeführt worden. Einbürgerungsbewerber, die nicht bereits vorher zur Teilnahme am Integrationkurs verpflichtet waren und über die dort vermittelten Kenntnisse bereits verfügen, brauchen weder Sprach- noch Orientierungskurs zu besuchen, sondern können gleich zum Test zugelassen werden.

Satz 2 eröffnet der Staatsangehörigkeitsbehörde ein Ermessen zur Verkürzung der Aufenthaltszeiten nach Absatz 1 von acht auf sechs Jahre. Voraussetzung ist das Vorliegen besonderer Integrationsleistungen. Hierzu zählen deutsche Sprachkenntnisse, die die Voraussetzung der ausreichenden Sprachkenntnisse übersteigen müssen und daher auf dem Niveau B 2 GER oder höher liegen sollen. Als weitere besondere Integrationsleistungen kommen z.B. in Betracht eine längere ehrenamtliche Tätigkeit bei einer gemeinnützigen Organisation oder einem Verein. Bei der Ermessensentscheidung ist in jedem Einzelfall eine Gesamtbetrachtung anzustellen, bei der auch mehrere Leistungen zusammen erst eine privilegierte Einbürgerung rechtfertigen können.

10.4 Zu Absatz 4 (Nachweis ausreichender deutscher Sprachkenntnisse; Sprachkenntnisse minderjähriger Kinder)

10.4.1
Nach der Definition des Satzes 1 verfügt der Einbürgerungsbewerber über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, wenn er die Anforderungen der Sprachprüfung zum Zertifikat Deutsch sowohl in mündlicher und schriftlicher Form erfüllt. Zwar setzt dies nicht zwangsläufig eine Sprachprüfung voraus, jedoch wird die Staatsangehörigkeitsbehörde schon mangels Sachkunde im Zweifel einen schriftlichen Nachweis (Zertifikat, Zeugnis) verlangen. Die in Nummer 10.1.1.6 genannten Nachweise erfüllen die in Satz 1 genannten Voraussetzungen.

Die genannten Zertifikate oder Zeugnisse gelten daher als Nachweis ausreichender deutscher Sprachkenntnisse und sind für die Staatsangehörigkeitsbehörde verbindlich, es sei denn, dass erhebliche Zweifel an den dem Einbürgerungsbewerber bescheinigten Deutschkenntnissen bestehen. In diesem Fall hat sich die Staatsangehörigkeitsbehörde zunächst bei der die Bescheinigung ausstellenden Stelle nach der ordnungsgemäßen Bescheinigung der Deutschkenntnisse des Einbürgerungsbewerbers zu erkundigen, bevor ein neuer Nachweis verlangt werden kann.

10.4.2
Die altersgemäße Sprachentwicklung bei minderjährigen Kindern, die der Schulpflicht unterliegen, soll durch Schulzeugnisse nachgewiesen werden.

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10.5 Zu Absatz 5 (Einbürgerungstest, Einbürgerungskurse)

Die Staatsangehörigkeitsbehörde prüft vorab, ob der Einbürgerungsbewerber den Nachweis der staatsbürgerlichen Kenntnisse nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 bereits durch einen deutschen Schulabschluss erbracht hat (vergleiche Nummer 10.1.1.7) oder durch einen Einbürgerungstest erbringen muss.

Zu den Ausnahmen vom Nachweis staatsbürgerlicher Kenntnisse vergleiche Nummer 10.6.

Die Staatsangehörigkeitsbehörde klärt den Einbürgerungsbewerber darüber auf, dass er den Einbürgerungstest auch ohne vorherige Teilnahme an einem Einbürgerungskurs ablegen kann und empfiehlt ihm entweder die Anmeldung bei einem Kursträger zum Einbürgerungskurs oder direkt zu einem Prüfungstermin zum Einbürgerungstest (§ 2 Abs. 2 Einbürgerungstestverordnung – EinbTestV – vom 5. August 2008 (BGBl. I S. 1649).

Bei Nutzung der Prüfungsinfrastruktur des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge stellt dieses über seine Prüfstellen den ordnungsgemäßen Prüfungsablauf (einschließlich Identitätsfeststellung) sicher und wertet den Test aus Der Einbürgerungsbewerber erhält vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine Bescheinigung über den bestandenen Einbürgerungstest (§ 2 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 4 EinbTestV).

Soweit die Staatsangehörigkeitsbehörde den Einbürgerungstest auf der Grundlage des bundeseinheitlichen Testformats (vergleiche Nummer 10.1.1.7) selbst durchführt, sorgt diese für den odnungsgemäßen Prüfungsablauf und händigt die Bescheinigung über den bestandenen Einbürgerungstest aus (§ 3 i.V.m. § 1 Abs. 4 EinbTestV).

Ein vor dem Wohnsitzwechsel vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bzw. von einer anderen zuständigen Staatsangehörigkeitsbehörde ausgestelltes Zertifikat bleibt ein verbindlicher Nachweis.

10.6 Zu Absatz 6 (Ausnahmeregelungen)

Von den Voraussetzungen der ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 6 und der Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 7 wird zwingend abgesehen, wenn der Einbürgerungsbewerber wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder aufgrund seines Alters nicht in der Lage ist, diese Voraussetzungen zu erfüllen. In diesen Fällen ist auch kein Nachweis geringerer Kenntnisse zu verlangen.

Nicht jede Krankheit oder Behinderung führt zum Ausschluss der genannten Voraussetzungen, sondern nur diejenigen, die den Einbürgerungsbewerber an der Erlangung der Kenntnisse hindern, insbesondere die Unfähigkeit, sich mündlich oder schriftlich zu artikulieren sowie angeborene oder erworbene Formen geistiger Behinderung oder altersbedingte Beeinträchtigungen. . Die Ausschlussgründe sind vom Einbürgerungsbewerber durch ein ärztliches Attest nachzuweisen, wenn sie nicht offenkundig sind.

10.7 Zu Absatz 7 (Rechtsverordnungsermächtigung)

Die Rechtsverordnung des Bundesministeriums des Innern regelt die Prüfungs und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests und die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses (Curriculum), um ein bundeseinheitliches Verfahren zu garantieren und damit jeglichen Anreiz zu nehmen, über einen Wohnsitzwechsel vermeintlich günstigere Testbedingungen erlangen zu können.

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