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Zwangsheirat, Bericht, Altersgrenze, Justizminister Goll, Bundesinnenminister Schäuble, SPD

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Fachkommission Zwangsheirat: Bericht vorgestellt

STUTTGART/BERLIN ? Der Justizminister Baden-Württembergs und Ausländerbeauftragte der Landesregierung, Ulrich Goll (FDP), stellte am vergangenen Dienstag, dem 21. März 2006, den Bericht der von der Landesregierung eingesetzten "Fachkommission Zwangsheirat" dem Kabinett vor. Gestützt auf von der Kommission formulierte Handlungsempfehlungen sprach sich Goll nach Medienberichten dafür aus, im Kampf gegen Zwangsverheiratungen noch minderjähriger Mädchen auf die Einführung eines Mindestalters von achtzehn Jahren für den Nachzug von Ehegatten sowie den Nachweis von Deutschkenntnissen zu setzen.

Der Bericht der Fachkommission enthielt die Ergebnisse einer von ihr durchgeführten Umfrage, denen zufolge 40 Prozent der Zwangsverheirateten minderjährig waren. In der Verwaltungspraxis war es regelmäßig zur positiven Bescheidung von Anträgen auf Ehegattennachzug gekommen, da ein Ablehnungsgrund in Form einer Altersbegrenzung bislang fehlt. Goll erklärte: "Diese Mädchen sind ihren Ehemännern vollkommen ausgeliefert. Eine Scheidung und Rückkehr in ihren Heimatort ist für sie unmöglich, da sie die Familienehre verletzt hätten und vogelfrei geworden wären".

Bundesinnenminister Schäuble: Nachzugsalter von mindestens 21 Jahren erforderlich

Aus der Bundesregierung hatte sich zuletzt Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) zur Frage der Zwangsehen zu Wort gemeldet. Er hatte sich neben verpflichtenden Deutschkenntnissen für eine Altersgrenze von 21 Jahren ausgesprochen. Dies war auf Kritik aus den Reihen des Koalitionspartners SPD gestoßen; deren Experte für Fragen des Inneren Dieter Wiefelspütz lehnte die Vorschläge als "reines Anti-Türkei-Gesetz" ab. Auch Goll hob hervor, dass ein Mindestalter von 21 Jahren übertrieben erscheine und möglicherweise im Widerspruch zum Schutz der Ehe gemäß Art. 6 GG stehe.

Hingegen gibt es auch Stimmen, denen die Vorschläge noch zu kurz greifen: Wolfgang Bosbach, Innenexperte und Unions-Fraktionsvize, sprach sich nach Zeitungsberichten generell für eine weitere Erschwerung von Zuwanderung aus. Nach seinem Dafürhalten sollten sich die bevorstehenden Änderungen des Zuwanderungsrechts aufgrund des europarechtlich begründeten Anpassungsbedarfs als Impuls für eine generelle Verschärfung erweisen.

Literaturempfehlung:
sehr instruktiv zum gesellschaftlich-historischen Hintergrund der Zwangsehen, zur Abgrenzung zu arrangierten Ehen, zu völkerrechtlichen Vorgaben sowie zur Rechtslage de lege lata und de lege ferenda im Straf-, Zivil- und Ausländerrecht Schubert, Karin (SenJust Bln)/Moebius, Isabella (RiVG), Zwangsheirat - Mehr als nur ein Straftatbestand: Neue Wege zum Schutz der Opfer, ZRP 2006, H. 2, S. 33.

Lesen Sie zu den umzusetzenden europarechtlichen Vorgaben für das deutsche Zuwanderungsrecht auch:
https://www.migrationsrecht.net/modules.php?name=News&file=article&sid=465