Zuständigkeit, Haftkosten, Haftaufhebungsanträge, Feststellungsinteresse der Behörde, Haftzweck
Erstattung von Abschiebungshaftkosten

Ein Erstattungsanspruch besteht nicht, wenn der ursprüngliche Haftanordnungsgebeschluss des Amtsgerichts vom Landgericht mit Wirkung „ex tunc“ aufgehoben wurde und sich dadurch die tatsächlich durchgeführte Abschiebungshaft insofern als von Anfang an rechtswidrig erwiesen hat.

Zuständigkeit des Gerichts bei der weiteren Beschwerde

Soweit der Senat früher (OLG Oldenburg, Beschluss vom 19. März 2007 zu 13 W 14/07, InfAuslR 2007, 246) die Auffassung vertreten hat, nach der Regelung des § 106 Abs. 2 AufenthG dürfe das Verfahren nur insoweit an das Amtsgericht des Haftortes abgegeben werden, wie über die Fortdauer von Abschiebehaft zu entscheiden ist, hält er nicht mehr an dieser Auffassung fest.

  1. Gegen die Zurückweisung eines Antrags nach § 10 Abs. 2 FreihEntzG (nunmehr § 426 Abs. 2 FamFG) ist die sofortige Beschwerde gegeben.
  2. Eine Aufhebung der Haft für die Zukunft nach § 10 Abs. 2 FreihEntzG (s.o.) kann nicht nur auf neue Umstände, sondern auch auf Einwände gegen ihre Anordnung gestützt werden.
Siehe auch Gesamtdokument in dieser Rubrik:
Effektiver Rechtsschutz nach Erledigung der Hauptsache
  1. Nach Erledigung der Hauptsache besteht für die nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Maßnahme grundsätzlich kein schutzwürdiges Interesse mehr (vgl. BayObLGZ 1993, 82; 1997, 276 und 287).
  2. Jedoch kann das gemäß Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfG NJW 1997, 2163/2164) ausnahmsweise gebieten, dem Betroffenen zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme den vorgegebenen Instanzenzug zu eröffnen.
  3. In Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe, in denen die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf einen Zeitraum beschränkt, in welchem der Betroffene die gerichtliche Überprüfung in dem von der Prozeßordnung vorgegebenen Instanzenzug kaum erlangen kann, ist ein Rechtsschutzinteresse für die gerichtliche Prüfung des Eingriffs grundsätzlich zu bejahen (BayObLGZ 1999, 24 m.w.N.; 2000, 220/221).
Zum mangelnden Rechtsschutzinteresse der haftantragstellenden Behörde im Beschwerdeverfahren
  1. Die sofortige weitere Beschwerde der antragstellenden Behörde ist jedenfalls dann unzulässig, wenn der Betroffene abgeschoben wurde, denn damit ist der zu überprüfende Verfahrensgegenstand entfallen und die Hauptsache erledigt.
  2. Nach Erledigung der Hauptsache könnte eine sofortige weitere Beschwerde allenfalls noch dann zulässig sein, wenn ein Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers auch jetzt noch gegeben wäre. Dies kommt nur noch dann in Betracht, wenn tiefgreifende Grundrechtseingriffe ein Rehabilitierungsinteresse initiieren (BVerfG FGPrax 2002, 137).
  3. Insbesondere kann das Rechtsschutzinteresse der antragstellenden Behörde vor dem Hintergrund der genannten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht mit dem "grundsätzlichen Entscheidungsbedarf" einer abstrakten Rechtsfrage begründet werden.
Im Anhang beigefügt: OLG Celle - 22 W 31/09 - Beschluss vom 26.08.2009, OLG Köln - 16 Wx 198/06 - Beschluss vom 11.09.2006 und BayOblG - 4Z BR 045/04 - Beschluss vom 16.08.2004 in gleicher Angelegenheit.

Zur Haftung der Eltern für die Kosten der Abschiebung eines minderjährigen Kindes und zur Erstattungspflicht für Kosten einer in einer JVA vollzogenen Abschiebungshaft
  1. Für die Kosten der Abschiebung eines minderjährigen Kindes haften neben den Kostenschuldnern des § 82 AusIG (jetzt § 66 AufenthG) auch die Eltern, wenn sie die Einleitung aufenthaltsbeendender Maßnahmen gegen ihr minderjähriges Kind nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG mitveranlasst haben.
  2. Die Erstattungspflicht für Kosten einer in Justizvollzugsanstalten vollzogenen Abschiebungshaft erstreckt sich auf alle erforderlichen, tatsächlich entstandenen Kosten der Abschiebungshaft (§ 83 Abs. 4 Satz 1 AusIG, jetzt: § 67 Abs. 3 Satz 1 AufenthG).
Zur Kostenentscheidung auch im Hinblick auf das FamFG
  1. Die isolierte Auslagenentscheidung in einer Abschiebungshaftsache ist mit der Beschwerde anfechtbar, wenn eine im Zeitpunkt der Auslagenentscheidung bereits rechtskräftig gewordene Hauptsacheentscheidung ergangen ist.
  2. Wird im Beschwerdeweg die Dauer von noch nicht vollstreckter Abschiebungshaft verkürzt, rechtfertigt dies allein in der Regel nicht eine (teilweise) Auslagenerstattung nach § 16 Satz 1 FEVG.
  3. Eine großzügige Betrachtungsweise legt schließlich der Umstand nahe, dass nach dem zum 1.9.2009 in Kraft tretenden FamFG vom 17.12.2008 (BGBl I S. 2585) die Kostenentscheidung von der Sachentscheidung abgekoppelt ist und eine dem § 20a FGG entsprechende Regelung dem neuen Verfahrensrecht unbekannt ist. Damit werden zukünftig Kostenentscheidungen ohnehin isoliert anfechtbar sein.

"Kostenerstattungspflicht bei rechtswidriger Abschiebungshaft
und Bordgewalt"

Die Rechtswidrigkeit einer Abschiebungshaft lässt die Kostenerstattungspflicht eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers für aus der Haft erfolgte Transporte nicht entfallen. Wird er anschließend auf dem Luftweg abgeschoben, hat er die Kosten auch notwendiger Begleitpersonen (z.B. Polizeibeamter) zu tragen. Ein der Abschiebung entgegenstehender Wille des Ausländers ist für den Piloten auch bei Ausübung der Bordgewalt von Rechts wegen unbeachtlich. Die Hoheitsgewalt der Polizeibehörden wird durch die sog. Bordgewalt des Piloten nicht ausgeschlossen und endet nicht mit Schließen der Bordtüren eines Flugzeugs.
Mit Ausführungen zur Botschaftsvorführung nach § 82 Abs. 4 AufenthG.

"Ausschreibung zur Festnahme"

Die Ausschreibung zur Festnahme nach § 50 Abs. 7 AufenthG bedarf von Verfassungs wegen keiner richterlichen Anordnung.
Das Gesetz räumt der ALB ein, auf polizeiliche Fahndungsmaßnahmen zum Zweck der Aufenthaltsbeendigung von Ausländern, deren Aufenthalt unbekannt ist, zurückzugreifen.
Ob eine Ingewahrsamnahme durch die Exekutive in der konkreten Situation des Ergreifens zulässig ist, bestimmt sich nicht nach § 50 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Die Norm enthält nur die Ermächtigung zur Nutzung der Fahndungshilfsmittel der Polizei, nicht aber eine Ermächtigung zu Freiheitsentziehungen; diese findet sich in § 62 Abs. 4 AufenthG.