Haft insbesondere im Dublin-Verfahren und nach § 14 Abs. 3 AsylVfG.

Zur Bedeutung des Beschleunigungsgebots bei Haftverlängerung

  1. Will die Ausländerbehörde anstelle der möglichen Durchführung eines Rücknahmeverfahrens nach den Art. 16 und 17 der VO (EG) Nr. 343/2003 den Betroffenen in sein Heimatland abschieben, kommt dem Beschleunigungsgebot besondere Bedeutung zu.
  2. Eine Haftverlängerung über einen Zeitraum von drei Monaten hinaus, innerhalb dessen ein Rücknahmeverfahren regelmäßig abgeschlossen werden kann, kommt in einem solchen Fall regelmäßig nicht in Betracht.
  1. Zur Rechtswidrigkeit der Überstellung eines Asylsuchenden nach Griechenland.
  2. Zum Anspruch eines Asylsuchenden auf Selbsteintritt der Bundesrepublik Deutschland in ein Asylverfahren nach Art. 3 Abs. 2 Verordnung (EG/Nr. 343/2003). (Bestätigung VG Frankfurt am Main, Urteil vom 08.07.2009 - 7 K 4376/07.F.A (3), NVwZ 2009, 1176 = AuAS 2009, 189 = InfAuslR 2009, 406).
Zum Beschleunigungsgebot und zur sofortigen Haftaufhebung bei Zurückschiebung nach Griechenland

Ein für die Abschiebung vorgesehener Ausländer kann nicht aufgrund schlichter Untätigkeit der ausländischen Behörden bis auf weiteres in der Bundesrepublik inhaftiert bleiben, ohne dass deutliche Bestrebungen der Beteiligten, die Zurückschiebung zeitnah herbeizuführen, erkennbar sind.
Kommentierung zur Haft im Asylverfahren

Die Kommentierung gibt einen Überblick zu der wesentlichen Rechtsprechung zur Haft im Zusammenhang mit Asylverfahren und bezieht sich auf folgende Entscheidungen:

  • BVerfG - 2 BvR 1516/93 - B. v. 14.05.1996; - 2 BvR 1033/06 - B. v. 10.12.2007; - 2 BvR 1073/06 - B. v. 02.07.2008; - 2 BvR 1537/08 - B. v. 25.02.2009
  • BGH - V ZB 51/10 - B. v. 08.04.2010; - V ZB 213/09 - B. v. 06.05.2010; - V ZB 78/10 -, B. v. 14.10.2010; - V ZB 206/11 - B.v. 01.03.2012; - V ZB 183/11 - B. V. 01.03.2012
  • OLG Hamburg - 2 Wx 1/09 - B. v. 28.01.2009
  • OVG Hamburg - 3 So 93/09 - B. v. 18.09.2009
  • LG Verden - 3T12/08 - B. v. 09.03.2009
  • OLG Brandenburg - 11 Wx 3/09 - B. v. 24.02.2009
  • OLG München - 34 Wx 135/05 - B. v. 14.11.2005; - 34 Wx 087/06 - B. v. 06.07.2006; - 34 Wx 136/07 - B. v. 30.01.2008; - 34 Wx 044/08 - B. v. 02.06.2008; - 34 Wx 006/09 - B. v. 05.02.2009; - 34 Wx 008/09 - B. v. 10.02.2009
  • OLG Frankfurt Main - 20 W 411/05 - 02.03.2006; - 20 W 129/09 - B. v. 29.04.2009
  • OLG Celle - 22 W 16/06 - B. v. 06.02.2008
  • OLG Hamm - 15 W 327/07 - B. v. 08.01.2008
  • OLG Saarbrücken - 5 W 56/07 - 17 - B. v. 21.03.2007; - 5 W 11/09 - 1, 5 W - B. v. 28.09.2009; LG Saarbrücken - 5 T 514/10 - B. v. 06.12.2010
  • OLG Köln - 16 Wx 76/05 - B. v. 29.06.2005; - 16 Wx 150/07 - B. v. 20.07.2007
  • OLG Düsseldorf - I-3 Wx 313/03 - B. v. 12.11.2003; - I-3 Wx 123/06 - B. v. 30.05.2006; - I-3 Wx 93/07 - B. v. 01.06.2007
  • KG Berlin - 25 W 45/04 - B. v. 19.12.2005
  • OLG Braunschweig - 6 W 33/04 - B. v. 13.12.2005
  • OLG Schleswig-Holstein - 2 W 112/03 - B. v. 07.01.2004; - 2 W 125/05 - B. v. 08.07.2005
  • LG Osnabrück - 11 T 1149/04 (47) - B. v. 19.01.2005
  • OLG Dresden - 3 W 1366/04 - B. v. 03.12.2004
  • BayOblG - 4Z BR 43/04 - B. v. 25.05.2004
  • VG Frankfurt am Main, B. v. 06.02.2009 - 7 L 4072//08.F.A. -
  • VG Augsburg - Au 6 E 12.30016 -, B. v. 20.01.2012; - Au 6 S 12.30031 - und gleichlautend - Au 6 S 12.30033 -, B. v. 15.02.2012
  • OVG Hamburg - 3 Bs 182/08 -, B. v. 02.10.2008
  • OVG Lüneburg - 11 ME 588/09 -, B. v. 06.01.2010
  • BVerwG - 1 B 219/97 -, B. v. 03.12.1997
  • VGH Hessen - 7 TZ 413/98 -, B. v. 20.03.1998
  • VGH Baden-Württemberg - 13 S 457/96 -, Urteil v. 27.10.1998
  • OLG Oldenburg - 13 W 29/10 -, B. v. 08.11.2010


    Überarbeitungsstand: 13.05.2012

    Zur Feststellungslast bei Einreise aus sicherem Drittstaat
    1. Ein (formloses) Asylgesuch i.S.v. § 13 Abs. 1 AsylVfG führt zu einer Aufenthaltsgestattung nach § 55 Abs. 1 S. 1 AsylVfG, wenn der Betroffene nicht unerlaubt aus einem sicheren Drittstaat eingereist ist.
    2. Die materielle Beweislast trägt nicht der Betroffene, wenn nach ausreichenden Ermittlungen und Würdigung aller wesentlichen Umstände Zweifel verbleiben, ob der Betroffene aus einem sicheren Drittstaat eingereist ist. Die Haftanordnung kann mithin nicht ergehen, denn für den Eingriff in das grundrechtlich geschützte Freiheitsrecht müssen die gesetzlichen Haftvoraussetzungen positiv feststehen, Art. 2 Abs. 2 S. 2 und 3 i.V.m. Art. 104 Abs.1 GG.
    Zur Dauer der Zurückschiebungshaft bei Überstellung nach Griechenland im Dublin II - Verfahren bei Einreichung einer Petition beim Deutschen Bundestag.

    Zurückschiebungshaft darf grundsätzlich auch dann angeordnet oder aufrechterhalten werden, wenn die Zurückschiebung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen für einen vorübergehenden Zeitraum nicht durchführbar ist.
    Das Gericht hat insoweit eine Interessenabwägung vorzunehmen, die einerseits den mit der Haft verbundenen Eingriff in das Freiheitsgrundrecht des Betroffenen und andererseits das staatliche Interesse berücksichtigt, auf das Sicherungsmittel der Haft nicht sofort schon dann verzichten zu müssen, wenn eine Zurückschiebung zwar aktuell (aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen oder aus Rücksichtnahme auf ein anderes Verfassungsorgan) nicht durchführbar ist, eine Prognose indes die (zeitnahe) Möglichkeit der Beseitigung oder des Wegfalls des Zurückschiebungshindernisses ergibt (BVerfG EZAR 048 Nr. 23).
    1. Zum Rechtsschutzinteresse bei erlittener unrechtmäßiger Zurückschiebungshaft und zur Erforderlichkeit einer (weiteren) Anhörung im Beschwerdeverfahren.
    2. Die Bundespolizei ist auch zuständig für die Zurückschiebung und Beantragung von Haft im Grenzraum, sofern die Einreise vor einigen Monaten über eine andere Grenze als die im Falle des Aufgriffsortes erfolgte.
    3. Zur Bedeutung eines im EU-Ausland gestellten Asylbegehrens auf den Aufenthaltsstatus in Deutschland.

      Korrigierte Fassung: Stand 22.08.2009
    Erneut zur Bedeutung der Stellung einer Asylantrages gem. § 14 Abs. 3 AsylVfG aus der Haft heraus.
    Die Übermittlungsart ist für den Asylantrag nicht vorgeschrieben.
    Zur Begründung des Haftgrund der Entziehungsabsicht nach § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 AufenthG im Rahmen der Zurückschiebungshaft.
    Zur Unzulässigkeit einer Zurückschiebungshaft im Rahmen der VO (EG) Nr. 343/2003 („Dublin II“).
    Es ist nicht Sinn und Zweck der Zurückschiebungshaft, die freiwillige Ausreise – sei sie nun legal oder illegal – in den Zielstaat zu verhindern. Die Besorgnis, dass die Zurückschiebung nicht abwartet und die Ausreise in den Zielstaat schon vorher (illegal) unternommen werde, erfordert nicht die Sicherung der Zurückschiebung durch Haft.

    Inhaftierung eines Asylbewerbers in Griechenland

    Griechenland verstößt mit der Inhaftierung eines türkischen Asylbewerbers wegen der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gegen Artikel 3 EMRK sowie gegen Artikel 5 Abs. 1 und 4 der EMRK, da die Festnahme unrechtmäßig war und der Asylbewerber die Rechtmäßigkeit der Festnahme nach griechischem Recht nicht anfechten konnte.

    Pressemitteilung des EGMR in englischer Sprache.
    Das Urteil ist nur in französisch verfügbar.