Aufenthalt und Anordnung zum Verbleiben im Flughafentransit.

Richtet sich die Anordnung zur Sicherung der Abreise gegen einen Minderjährigen, muss der Richter grundsätzlich von Amts wegen prüfen, ob dessen altersgerechte Unterbringung im Transitbereich des Flughafens oder in der sonstigen Unterkunft gewährleistet und der über 30 Tage hinausgehende Aufenthalt dort auch im Übrigen noch verhältnismäßig ist.

Zur Frage, inwieweit mit § 15 Abs. 6 AufenthG eine Freiheitsentziehung einhergeht, wenn ein Aufenthalt nach Dublin II am Flughafen erfolgt.

In der Zurückweisung eines auf dem Luftweg in das Bundesgebiet gelangten Asylbewerbers, der nicht von Deutschland Asyl begehrt, und in der Verbringung in den Transitbereich des Flughafens bis zur Entscheidung über die Übernahme des Asylverfahrens durch einen anderen Mitgliedsstaat der EU nach der Dublin-II-Verordnung liegt keine Freiheitsentziehung im Sinne des Art. 104 Abs. 2 GG.

Zur Fiktion der Nichteinreise nach § 13 Abs. 2 S. 2 AufenthG, die durch in zivil eingesetzte Beamte im Krankenhaus sichergestellt wird um die Anordnung zum Verbleib in einer Unterkunft nach § 15 Abs. 6 AufenthG gewährleisten soll.
Die Maßnahme kann unverhältnismäßig sein, sofern der Heilungserfolg infolge der psychischen Belastung im Einzelfall gefährdet ist.
Die Anordnung gegen eine erst zwölf Jahre alte Betroffene der Unterbringung zur Sicherung der Abreise gemäß § 15 Abs. 6 AufenthG im Transitbereich eines Flughafens für die Dauer von drei Monaten wäre unverhältnismäßig.
Daran ändert auch nichts, dass der Aufenthalt nicht in einer Haftanstalt und auch nicht in der Asylbewerberunterkunft am Flughafen (…), sondern in einem (…) Kinderheim angeordnet werden soll.

Beschleunigungsgebot

Der EGMR erachtete es angesichts des Grads der in Oakington herrschenden Beschränkungen als eindeutig, dass dem während der sieben Tage, die der Bf. dort angehalten wurde, seine Freiheit i.S.v. Art. 5 Abs. 1 EMRK entzogen wurde.
Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK enthält eine Ausnahme, indem er es Staaten erlaubt, die Freiheit von Fremden in Zusammenhang mit der Einwanderung zu kontrollieren. Die Staaten genießen ein unbestreitbares souveränes Recht, die Einreise von Fremden in ihr Territorium und den Aufenthalt dort zu kontrollieren.
Die Große Kammer stellte weiter fest, dass das Verhältnismäßigkeitsprinzip auf eine Haft unter Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur insofern anwendbar sei, als sie nicht unverhältnismäßig lange dauern dürfe. Eine Freiheitsentziehung wäre daher nur solange nach Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK gerechtfertigt, als das Abschiebungsverfahren anhängig sei. Wenn ein solches Verfahren nicht mit der gebotenen Zügigkeit durchgeführt wird, wird die Haft unzulässig [Willkürverbot].

Transitaufenthalt

Der EGMR stufte die Transitzone des Brüsseler Flughafens als nicht geeigneten Aufenthaltsort für die Festhaltung für die Dauer von 11 bzw. 15 Tagen ein und ging hier nicht nur von einer FE sondern auch von einer menschenrechtswidrigen Behandlung gem. Art. 3 I EMRK aus. Im Übrigen ändert sich daran nach Auffassung des Gerichtshofs auch nichts, wenn die Möglichkeit besteht, das Land freiwillig zu verlassen.
Das Gericht führte aus „ …die Transitzone vermag bei den Betroffenen Gefühle der Einsamkeit und Trostlosigkeit zu erzeugen. Sie hat keinen Zugang nach außen für Spaziergänge, es gibt keinen Restaurantbetrieb und auch keinen Kontakt mit der Außenwelt über Radio oder Fernsehen. Kurzum ist sie für einen Aufenthalt in der Dauer von mehr als zehn Tagen nicht geeignet. Der Gerichtshof findet es inakzeptabel, dass Personen unter derartigen Umständen angehalten werden, ohne dass auf ihre essentiellen Lebensbedürfnisse abgestellt wird.

Gründe der Festnahme

Der EGMR entschied auf eine Verletzung von Art. 5 Abs. 2 EMRK (Recht auf Information über die Gründe der Festnahme), da die Gründe für die Festnahme erst nach 76 Stunden mitgeteilt wurden.

Zur Frage der Freiheitsentziehung durch erzwungenen Aufenthalt im Transitbereich

  1. Der erzwungene Aufenthalt eines nicht einreiseberechtigten Ausländers im Transitbereich eines Flughafens außerhalb des so genannten Flughafenverfahrens stellt eine Freiheitsentziehung dar, wenn die Zurückweisung nicht umgehend durchgeführt wird.
  2. Für das Vorliegen einer Freiheitsentziehung kommt es nicht darauf an, ob der Ausländer berechtigt oder unberechtigt auf deutsches Staatsgebiet gelangt ist. Unerheblich ist auch, ob der Ausländer es zu vertreten hat, dass seine Zurückweisung nicht unverzüglich vollzogen werden kann.

Transitaufenthalt

Bei der Entscheidung, ob eine Freiheitsentziehung im Sinne von Art. 5 EMRK vorliegt, geht der EGMR von der konkreten Situation aus und berücksichtigt eine Reihe von Kriterien, wie Art, Dauer und Auswirkungen sowie die Art der Durchführung der umstrittenen Maßnahme. Der Unterschied zwischen Entzug und Beschränkung der Freiheit ist für den EGMR lediglich einer des Grades und der Intensität und nicht einer der Art oder der Substanz.

Transitaufenthalt

Der EGMR stuft den Zwangsaufenthalt von zwei Libyern im Transitbereich des Flughafens Warschau, die nach einer Ausweisungs- und Passbeschaffung in ihren Heimatstaat abgeschoben werden sollten und 14 Tage im Transitbereich festgehalten wurden nachdem ihre Abschiebung dreimal wegen Widerstands gescheitert war, als Freiheitsentziehung ein.

Transitaufenthalt

Im Fall „ Conka“ führte der Zwangsaufenthalt im Transitbereich eines Flughafens aufgrund fehlender oder nur theoretisch aber praktisch nicht oder nur schwer erreichbaren Möglichkeit Rechte durchzusetzen, zu einer Verletzung des Art. 5 I EMRK.

Transitaufenthalt

Der EGMR bewertete den zwangsweisen Aufenthalt von somalischen Asylbewerbern im Transitbereich des Flughafens Paris-Orly für die Dauer von 20 Tagen unter dauernder polizeilicher Überwachung und ohne Zugang zu rechtlichen Beistand und sozialer Hilfe als Freiheitsentziehung.
Es komme zudem entscheidend darauf an, ob sich der Bertoffene dieser Maßnahme hätte entziehen können. Dabei genüge jedoch die rein theoretische Möglichkeit nicht, sich in ein Drittland zu begeben, sondern es müsse geprüft werden, ob er tatsächlich in einem anderen Land zuflucht finden könne.