EuGH stellt klar, dass türkische Staatsangehörige, deren Aufenthalt rechtmäßig ist, weitreichende Rechte aus dem Assoziierungsabkommen haben

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Der EuGH hat mit Urteil vom 7. November 2013 in der Rechtssache Demir (C-225/12) die Reichweite der Sillhalteklausel des Art. 13 ARB 1/80 weiter konkretisiert. Damit besteht Klarheit, dass sich nur türkische Staatsangehörige, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, auf eine für sie günstige alte Rechtslage berufen können.

Das Problem der Anwendbarkeit der Stillhalteklausel des Art. 13 ARB 1/80 ist das Tatbestandsmerkmal „ordnungsgemäß". Was den Begriff „ordnungsgemäß" betrifft, so bedeutet dieser nach der Entscheidung, dass der türkische Arbeitnehmer oder sein Familienangehöriger die Vorschriften des Aufnahmemitgliedstaats über die Einreise, den Aufenthalt und gegebenenfalls die Beschäftigung beachtet haben muss, so dass seine Lage im Hoheitsgebiet dieses Staates rechtmäßig ist. Demnach kann diese Bestimmung einem türkischen Staatsangehörigen, dessen Lage rechtswidrig ist, nicht zugutekommen

Dies hat folgende Konsequenzen: Reist ein türkischer Staatsangehöriger mit einem Visum in das Bundesgebiet ein, so ist sein Aufenthalt rechtmäßig. Er kann dann während der Gültigkeitsdauer des Visums einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels stellen. Maßgeblich für die Erteilung des Aufenthaltstitels ist die Rechtslage, die für den türkischen Staatsangehörigen günstiger ist. Dies wird in der Regel die Rechtslage nach dem AuslG 1990 sein.

Auswirkungen hat der Fall auch auf den Kindernachzug. Kommen türkische Kinder im Alter unter 16 Jahren nach Deutschland, so wird sich die Frage stellen, ob sie sich nicht auf die Befreiung § 2 Abs. 2 DVAuslG 1990 stützen können. Ihr Aufenthalt ist rechtmäßig, sodass einer Anwendbarkeit des Befreiungstatbestandes über die Stillhalteklausel des Art. 13 ARB 1/80 keine Hindernisse entgegenstehen dürften.

Der Gerichtshof hat weiterhin klargestellt, dass eine „ordnungsgemäße Beschäftigung" eine gesicherte und nicht nur vorläufige Position auf dem Arbeitsmarkt dieses Mitgliedstaats und damit ein nicht bestrittenes Aufenthaltsrecht voraussetzt. Daher können die Aufenthalts- oder gegebenenfalls Beschäftigungszeiten eines türkischen Staatsangehörigen im Rahmen einer vorläufigen Aufenthaltserlaubnis, die nur bis zur endgültigen Entscheidung über sein Aufenthaltsrecht gilt, nicht als „ordnungsgemäß" im Sinne dieses Artikels eingestuft werden.

Dr. Dienelt, 08.11.2013