BGH - V ZB 204/09 - Beschluss vom 10.06.2010

BGH - V ZB 204/09 - Beschluss vom 10.06.2010
  1. Gerichtliche Entscheidungen, die eine Abschiebehaft anordnen, bestätigen oder verlängern, sind nicht allein deshalb aufzuheben, weil sie ohne Beiziehung der Ausländerakte ergangen sind.
  2. Die unterlassene Beiziehung der Ausländerakte kann sich jedoch als eine Verletzung der besonderen Amtsermittlungspflicht des Gerichts (§ 26 FamFG) in Freiheitsentziehungssachen darstellen.
  3. Das aus Art. 2 Abs. 2 GG abzuleitende Beschleunigungsgebot bei Freiheitsentziehungen verpflichtet die die Abschiebung betreibende Ausländerbehörde zudem dazu, alle notwendigen Anstrengungen zu unternehmen, um die für die Abschiebung erforderlichen Passersatzpapiere zu beschaffen, damit der Vollzug der Abschiebehaft auf eine möglichst kurze Zeit beschränkt werden kann. Das Beschwerdegericht darf deshalb die Sicherungshaft nur aufrechterhalten, wenn die Behörde die Abschiebung des Betroffenen ernstlich betreibt und zwar, gemäß dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, mit der größtmöglichen Beschleunigung.
  4. Bei nicht grundlegenden Verfahrensmängeln muss der Betroffene eine bis zu dem erledigenden Ereignis tatsächlich erfolgte Heilung - insbesondere in einem Beschwerdeverfahren - hinnehmen.
Dateiname: haft_bgh_aktenbeiziehung_beschleunigung_verfahrensmaengel_100610.pdf
Dateigröße: 311.46 KB
Erstellungsdatum: 24.07.2010
Datum der letzten Aktualisierung: 24.07.2010