Gliederung
26.1 Höchstgeltungsdauer der Aufenthaltserlaubnisse nach Kapitel 2 Abschnitt 5
26.1.1
§ 26 Absatz 1 sieht eine Höchstgeltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis von grundsätzlich drei Jahren vor. In den Fällen, in denen der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4 Satz 1 oder § 25 Absatz 5 besitzt und sich noch nicht seit mindestens 18 Monaten rechtmäßig in Deutschland aufhält, ist die Höchstgeltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis auf sechs Monate beschränkt. Zu erwarten ist ein ununterbrochener rechtmäßiger Aufenthalt von mindestens 18 Monaten; Duldungszeiten können nicht angerechnet werden. Soweit absehbar ist, dass der Schutzzweck früher enden wird oder ein Abschiebungshindernis in nächster Zeit entfallen könnte, sollte die Frist entsprechend kürzer bemessen werden. So kann die Aufenthaltserlaubnis auch auf Tage, Wochen oder Monate befristet werden. Dies sollte insbesondere in den Fällen der §§ 23a, 25 Absatz 4 und 5 berücksichtigt werden.
26.1.2
In den Fällen des § 25 Absatz 1 und 2 ist die Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre zu erteilen. Die Geltungsdauer von drei Jahren entspricht der in § 73 Absatz 2a AsylVfG geregelten Frist zur Überprüfung der Voraussetzungen der Anerkennungsentscheidung. Die Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 3 beträgt mindestens ein Jahr. Die Ausländerbehörde kann die Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis für diesen Personenkreis im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung danach jeweils auf einen Zeitraum zwischen einem Jahr und drei Jahren befristen.
26.1.3.
§ 26 Absatz 1 Satz 3 regelt die Erteilungsdauer der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a. Diese beträgt grundsätzlich sechs Monate, sie kann jedoch in begründeten Fällen auch länger erteilt werden. Auch wenn damit die Aufenthaltserlaubnis regelmäßig für sechs Monate zu erteilen ist, so handelt es sich bei der Möglichkeit der längeren Erteilung nicht um eine Ausnahmeregelung im eigentlichen Sinn, da diese nicht auf atypische Sonderfälle beschränkt ist. Die Regelbefristung trägt dem Umstand Rechnung, dass die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a als Aufenthaltsrecht für einen nur vorübergehenden Aufenthalt ausgestaltet ist. In begründeten Fällen kann die Ausländerbehörde die Aufenthaltserlaubnis für eine längere Geltungsdauer erteilen. Ein solcher Fall liegt insbesondere dann vor, wenn von vornherein absehbar ist, dass die Notwendigkeit der Anwesenheit des Ausländers als Zeuge auf Grund der Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden oder/und der gerichtlichen Verhandlungen länger als sechs Monate bestehen wird. Zur Realisierung des mit § 25 Absatz 4a verfolgten Zwecks – der Gewinnung von verwertbaren Aussagen der Opfer im Interesse der Strafverfolgung von Menschenhandelsdelikten – ist es in diesen Fällen zweckmäßig, die Aufenthaltserlaubnis von vornherein für einen längeren, im Hinblick auf den Abschluss des Strafverfahrens realistischen Zeitraum zu erteilen. Hierdurch kann ein erheblicher Beitrag zur persönlichen Stabilisierung der Opferzeugen geleistet werden.
26.2 Ausschluss der Verlängerung
Absatz 2 verdeutlicht, dass der Aufenthalt aus humanitären Gründen vom Grundsatz des temporären Schutzes geprägt ist. Wie in § 25 Absatz 5 Satz 3 wird nicht mehr auf das Vorliegen von Abschiebungshindernissen, sondern auf das Vorliegen von Ausreisehindernissen abgestellt. Auch bei der Entscheidung über die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ist auf das Fortbestehen der Erteilungsvoraussetzungen zu achten.
26.3 Erteilung einer Niederlassungserlaubnis an Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach
§ 25 Absatz 1 oder 2
26.3.1
§ 26 Absatz 3 sieht vor, dass Asylberechtigte und Konventionsflüchtlinge einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis haben, wenn – sie seit drei Jahren eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder Absatz 2 besitzen und – das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gemäß § 73 Absatz 2a AsylVfG mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf und die Rücknahme der Asyl oder Flüchtlingsanerkennung nicht vorliegen.
26.3.2
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge überprüft die Situation nach der Drei-Jahres- Frist von Amts wegen und teilt der Ausländerbehörde das Ergebnis mit. Die Vorschrift setzt für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis ein aktives Handeln des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in Form einer Mitteilung voraus, die beinhaltet, dass die Voraussetzungen für einen Widerruf und eine Rücknahme nach § 73 AsylVfG bzw. eine Rücknahme nach § 48 VwVfG nicht vorliegen. Die Vorschrift erfasst auch Rücknahmen auf Grundlage von § 48 VwVfG in den Fällen, in denen die Asylanerkennung oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft von Anfang an rechtswidrig war, für die jedoch kein Widerrufs- oder Rücknahmegrund nach § 73 AsylVfG vorliegt.
26.3.3
Für die Berechnung der Drei-Jahres-Frist kommt es darauf an, dass der Ausländer während des gesamten Zeitraums im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder Absatz 2 war. Die Fiktion der Fortgeltung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 81 Absatz 4 reicht aus, wenn dem Ausländer nach § 25 Absatz 1 oder Absatz 2 ein Anspruch auf Verlängerung zusteht. Bagatellunterbrechungen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, sollte die Ausländerbehörde im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 85 unberücksichtigt lassen; sie sind jedoch nicht anrechenbar. Eine Anrechnung von Zeiten des Besitzes einer Aufenthaltsbefugnis nach dem AuslG ist im Rahmen der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Absatz 3 nicht vorgesehen. Der Gesetzgeber hat in § 102 Absatz 2 eine Anrechnung nur im Fall der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Absatz 4 angeordnet (vgl. hierzu Nummer 26.4.8 und 102.2). Aus der dort vorgenommenen ausdrücklichen Beschränkung der Anrechnung von Zeiten des Besitzes einer Aufenthaltsbefugnis auf den Anwendungsbereich des § 26 Absatz 4 folgt im Umkehrschluss, dass eine Anrechnung in anderen Fällen nicht in Betracht kommt (siehe aber Nummer 26.4.2).
26.4 Erteilung einer Niederlassungserlaubnis an andere Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen
26.4.1
Die Niederlassungserlaubnis kann nach § 26 Absatz 4 im Ermessenswege erteilt werden, wenn der Ausländer seit sieben Jahren eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen besitzt und die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 bis 9 erfüllt. Bei Ehegatten genügt es, wenn die Voraussetzungen nach § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 durch einen Ehegatten erfüllt werden (§ 9 Absatz 3 Satz 3).
26.4.2
Die Vorschrift ist auch auf Asylberechtigte und anerkannte Flüchtlinge anwendbar, für die jedoch i. d. R. § 26 Absatz 3 günstiger sein wird, es sei denn, sie können sich z. B. Aufenthaltszeiten nach § 102 Absatz 2 oder nach § 55 Absatz 3 AsylVfG anrechnen lassen.
26.4.3
§ 26 Absatz 4 findet keine Anwendung auf Ausländer nach § 24, da für diesen Personenkreis nach § 24 Absatz 1 die Verlängerungsregelung nach Artikel 4 der Richtlinie 2001/55/ EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten (ABl. EG Nummer L 212 S. 12, so genannte Richtlinie zum vorübergehenden Schutz) gilt, sowie auf Ausländer, die im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4 Satz 1 oder Absatz 4a sind, da diese Vorschriften ausdrücklich nur den vorübergehenden Aufenthalt in Deutschland regeln. Auch auf Ausländer, die eine Aufenthaltserlaubnis auf Probe (§ 104a Absatz 1 Satz 1) besitzen, findet § 26 Absatz 4 keine Anwendung (§ 104a Absatz 1 Satz 3). Erst, wenn sich der weitere Aufenthalt aufgrund der Verlängerung gemäß § 104a Absatz 5 Satz 2, 3 nach § 23 Absatz 1 richtet, ist § 26 Absatz 4 auch bei einer ursprünglichen Aufenthaltserlaubnis auf Probe anwendbar. Im Falle des § 104b findet § 26 Absatz 4 durch den Verweis auf § 23 Absatz 1 Anwendung.
26.4.4
Voraussetzung für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Absatz 4 Satz 1 ist, dass der Ausländer
26.4.5
Nicht erforderlich ist, dass die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung oder Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis noch erfüllt sind, solange der Ausländer noch im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 22 ff. ist. § 26 Absatz 2 findet keine Anwendung.
26.4.6
Vom Vorliegen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen kann nach § 5 Absatz 3 Satz 2 abgesehen werden; § 5 Absatz 4 ist zu beachten.
26.4.7
Die Ausländerbehörde kann bei der Ausübung des Ermessens ausgehend von der Zielvorgabe des § 1 Absatz 1 u. a. folgende Kriterien heranziehen:
26.4.8
Die Wartezeit beträgt sieben Jahre. Bei der Fristberechnung werden angerechnet:
Aufenthaltszeiten von früheren, erfolglos betriebenen Asylverfahren können bei der Berechnung des anrechenbaren Zeitraums nicht berücksichtigt werden. Zeiten eines Asylfolgeverfahrens – unter Ausschluss der Zeiten des diesen vorangegangenen Asylverfahrens – sind anzurechnen, wenn der Aufenthalt wegen Vorliegens der Voraussetzungen nach § 71 Absatz 1 AsylVfG gestattet war. Der Ausländer muss grundsätzlich ununterbrochen im Besitz eines anrechenbaren humanitären Aufenthaltstitels gewesen sein. Zeiten des Besitzes einer Duldung nach § 60a sind nicht anrechenbar und führen darüber hinaus dazu, dass die vor der Erteilung dieser Duldung erreichten anrechenbaren Zeiten nicht mehr angerechnet werden können („schädliche Unterbrechung"). Unterbrechungen des rechtmäßigen Aufenthaltes, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, sollen nach Maßgabe des § 85 außer Betracht bleiben, sie sind damit unschädlich, aber nicht anrechenbar. In den Fällen, in denen kraft Gesetzes die Anrechnung von Besitzzeiten einer Aufenthaltsbefugnis oder Duldung vor dem 1. Januar 2005 (§ 102 Absatz 2) oder einer Aufenthaltsgestattung (§ 26 Absatz 4 Satz 3), auf die Sieben- Jahres-Frist angeordnet wird, ist dieser Zeitraum unabhängig von einer etwaigen Unterbrechung beispielsweise durch den Besitz einer Duldung nach § 60a anzurechnen („unschädliche Unterbrechung").
26.4.9
Mit § 26 Absatz 4 Satz 2 wird klargestellt, dass auch bei Ausländern mit einem humanitären Aufenthaltsrecht in Ausnahmefällen eine Aufenthaltsverfestigung möglich ist, wenn die für einen unbefristeten Aufenthaltstitel erforderlichen Kenntnisse unverschuldet nicht erreicht werden können (vgl. § 9 Absatz 2 Satz 2 bis 6). Bei Ausländern, die vor dem 1. Januar 2005 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis waren, ist zu beachten, dass hinsichtlich der Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3, 7 und 8 die Übergangsregelung des § 104 Absatz 2 anwendbar ist.
26. 4.10
Nach § 26 Absatz 4 Satz 4 i.V.m. § 35 kann Kindern mit einem humanitären Aufenthaltsrecht, also meist als unbegleitete Minderjährige Eingereiste, im Ermessenswege unter den gleichen Voraussetzungen die Aufenthaltsverfestigung ermöglicht werden, wie sie bei Kindern gelten, die eine zum Zwecke der Familienzusammenführung erteilte Aufenthaltserlaubnis besitzen (siehe hierzu Nummer 35). § 26 Absatz 4 Satz 4 bewirkt Folgendes:
26. 4.11
Nach § 104 Absatz 7 besteht i.V. m. § 26 Absatz 4 die Möglichkeit für den Ehegatten, Lebenspartner und die minderjährigen ledigen Kinder eines Ausländers, der im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis war, eine Niederlassungserlaubnis zu erhalten. Diesen Personen, die vor dem 1. Januar 2005 im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis nach § 31 Absatz 1 oder § 35 Absatz 2 waren und denen nach fünf bzw. acht Jahren gemäß § 35 Absatz 1 AuslG eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis hätte erteilt werden können, kann unter Anrechnung der Aufenthaltsbefugniszeiten eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des § 26 Absatz 4 vorliegen und der Rechtsgrund für die Erteilung der Aufenthaltsbefugnis nach § 31 Absatz 1 bzw. § 35 Absatz 2 weiterhin besteht. Zum Zeitpunkt der Erteilung der Niederlassungserlaubnis nach § 26 Absatz 4 i.V.m. § 104 Absatz 7 und § 31 Absatz 1 muss das Kind insbesondere noch minderjährig und ledig sein. Die Anrechnung der Aufenthaltsbefugniszeiten erfolgt nach § 102 Absatz 2.