Gliederung
38.0 Allgemeines
38.0.1
§ 38 ist ein Auffangtatbestand, wonach ehemaligen Deutschen (vgl. Nummer 2.1.1) unter erleichterten Voraussetzungen ein Aufenthaltstitel erteilt werden kann. Ein Aufenthaltstitel kann auch nach den allgemeinen Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes erteilt werden.
38.0.2
In Zweifelsfällen ist zunächst zu prüfen, ob der Antragsteller noch bzw. auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt (vgl. Nummer 2.1.1). Besteht die deutsche Staatsangehörigkeit fort, ist von Amts wegen zu empfehlen, die Ausstellung eines deutschen Personalausweises oder Reisepasses zu beantragen. Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass Deutsche nach Artikel 11 Absatz 1 GG Freizügigkeit im gesamten Bundesgebiet genießen und allgemein berechtigt sind, eine Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet auszuüben, aber auch verpflichtet sind, sich im Bundesgebiet mit deutschen Ausweisdokumenten auszuweisen.
38.0.3
Die Regelung erfasst nur ehemalige Deutsche (vgl. Nummer 2.1.1). Nicht erfasst werden deren Abkömmlinge, sofern diese niemals Deutsche waren.
38.0.4
§ 38 greift nicht, wenn eine Einbürgerung mit Wirkung ex tunc zurückgenommen wurde.
38.1 Aufenthaltstitel bei Voraufenthalten in Deutschland
38.1.1
Absatz 1 sieht einen Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis bzw. Aufenthaltserlaubnis unter bestimmten Voraussetzungen vor. Für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 38 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 werden dazu ausschließlich Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts als Deutscher im Bundesgebiet berücksichtigt. Für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 wird dagegen unabhängig von der Staatsangehörigkeit nur auf den gewöhnlichen Aufenthalt abgestellt (Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts als deutscher Staatsangehöriger und ggf. als Ausländer sind zusammenzuzählen).
38.1.2
Vorbehaltlich des Absatzes 3 finden die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 Absatz 1 und 2 sowie die Versagungsgründe nach § 5 Absatz 4 und § 11 Anwendung.
38.1.3
Die Regelung erfasst Personen, die die deutsche Staatsangehörigkeit während ihres gewöhnlichen Aufenthaltes im Bundesgebiet (insbesondere durch Antragserwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit nach § 25 StAG, durch Erklärung nach § 29 StAG oder nach einer sonstigen Vorschrift) verloren haben (vgl. § 17 StAG) und ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet beibehalten.
38.1.4
Bei Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit während des gewöhnlichen Aufenthaltes im Ausland findet nur Absatz 2 Anwendung (vgl. Nummer 38.2.1 f.). Ein gewöhnlicher Aufenthalt im Bundesgebiet wird beendet, wenn der Lebensmittelpunkt dauerhaft ins Ausland verlegt wird.
38.1.5
Bei der Berechnung der Voraufenthaltszeiten werden nur zusammenhängende Zeiten angerechnet, in denen der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hatte. Ob der Antragsteller mit Wohnsitz in Deutschland gemeldet war, ist für die Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthaltes rechtlich nicht maßgeblich, kann aber als Indiz hierfür gewertet werden. Unerheblich sind nur vorübergehende Unterbrechungen des Aufenthaltes; diese sind in die Zeit des gewöhnlichen Aufenthaltes in Deutschland einzubeziehen.
38.1.6
Die Beibehaltung des gewöhnlichen Aufenthaltes in Deutschland ist bei Unterbrechungen des Aufenthaltes für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten zu unterstellen; das Gleiche gilt bei einem längeren Zeitraum, wenn der ehemalige deutsche Staatsangehörige zur Ableistung der gesetzlichen Wehrpflicht eines anderen Staates das Bundesgebiet verlassen hatte und innerhalb von drei Monaten nach Entlassung aus dem Wehr- oder Ersatzdienst wieder einreist (vgl. § 12b Absatz 1 StAG).
38.1.7
Als Deutscher hatte der Antragsteller seinen Aufenthalt im Bundesgebiet, solange er während des Aufenthalts die deutsche Staatsangehörigkeit oder zuvor den Status eines Deutschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit besaß (Artikel 116 Absatz 1 GG).
38.1.8
Satz 1 Nummer 1 ermöglicht einem ehemaligen deutschen Staatsangehörigen den Erwerb einer Niederlassungserlaubnis abweichend von den allgemeinen Voraussetzungen des § 9 Absatz 2.
38.1.9
Die Frist nach Satz 2 beginnt, wenn der Antragsteller von der Rechtsfolge des Verlustes der deutschen Staatsangehörigkeit Kenntnis erlangt, nicht aber bereits mit der Erlangung der Kenntnis von den tatsächlichen Umständen, die zu diesem Verlust führten. Zudem setzt erst die hinreichend sichere Kenntnis von dem Verlust der Staatsangehörigkeit die Frist in Gang. Erforderlich ist i. d. R. die Kenntnisnahme einer verbindlichen Äußerung einer zuständigen Behörde, etwa einer Staatsangehörigkeitsbehörde. Nicht ausreichend für die Kenntnis ist die Äußerung der Behörde von einer Vermutung oder einem Verdacht, sofern sich nicht dem Ausländer daraufhin aufdrängen musste, dass er die deutsche Staatsangehörigkeit verloren hat. Geringere Anforderungen an den Beweis der Kenntnisnahme können gestellt werden, wenn der Ausländer rechtskundig oder rechtlich beraten war.
38.1.10
Wird der Antrag innerhalb der Sechsmonatsfrist gestellt, gilt der Aufenthalt seit dem Eintritt des Verlustes der deutschen Staatsangehörigkeit bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt (§ 38 Absatz 1 Satz 3 i.V. m. § 81 Absatz 3 Satz 1). Die Sechsmonatsfrist ist vom Gesetzgeber als materielle Ausschlussfrist angelegt. Der Verweis auf § 81 Absatz 3 kann sich nicht auf den dortigen Satz 2 beziehen, da es keine Fallgestaltungen gibt, in denen der Antrag zulässig verspätet gestellt wird und die Rechtsfolgen von § 81 Absatz 3 Satz 2 auslöst. Hinsichtlich der Aufnahme oder Ausübung einer Erwerbstätigkeit während des Rechtsmittelverfahrens findet § 84 Absatz 2 Satz 2 Anwendung.
38.2 Aufenthaltstitel bei gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland
38.2.0
Die Regelung soll insbesondere ehemaligen Deutschen, die aus beruflichen oder familiären Gründen ins Ausland gegangen sind und wieder in Deutschland leben möchten, die Rückkehr ins Bundesgebiet und eine spätere Wiedereinbürgerung erleichtern. Ehemaligen Deutschen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt ins Bundesgebiet verlegen möchten, ist deshalb i. d. R. zu empfehlen, zunächst eine Aufenthaltserlaubnis zu beantragen.
38.2.1
Absatz 2 betrifft nur ehemalige Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben. Hatte der Ausländer bei Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet, findet Absatz 1 Anwendung. Bei späterer Verlegung des Wohnsitzes ins Ausland ist allerdings die Anwendung des Absatzes 2 nicht ausgeschlossen.
38.2.2
Hatte der Ausländer bei Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit den gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland und hat er bei der Antragstellung seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, finden weder Absatz 1 noch Absatz 2 Anwendung. Allerdings ist anzunehmen, dass der gewöhnliche Aufenthalt im Ausland fortbesteht, solange eine dauerhafte aufenthaltsrechtliche Position des Ausländers im Inland noch nicht gesichert ist. Absatz 2 kann daher weiterhin angewendet werden, wenn kurz nach der Einreise nach Deutschland, etwa bei der Anmeldung bei der Meldebehörde, festgestellt wird, dass ein Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit eingetreten ist. Geht der Ausländer bei der Verlegung seines Wohnsitzes zunächst davon aus, dass er Deutscher ist, ist zu prüfen, ob ein Fall des Absatzes 5 vorliegt.
38.2.3
Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist, sind darauf hinzuweisen, dass nach Artikel 116 Absatz 2 die deutsche Staatsangehörigkeit durch Wiedereinbürgerung auf Antrag oder durch Wohnsitznahme in Deutschland wiederhergestellt werden kann. Bei Personen, welche die ehemalige Deutsche Demokratische Republik als eigene Staatsbürger in Anspruch genommen hatte, ist vorrangig zu prüfen, ob die deutsche Staatsangehörigkeit fortbesteht. Zu beachten ist, dass nach § 24 StAG eine Entlassung aus der deutschen Staatsangehörigkeit als nicht erfolgt gilt, wenn der Entlassene die ihm zugesicherte ausländische Staatsangehörigkeit nicht innerhalb eines Jahres nach der Aushändigung der Entlassungsurkunde erworben hat. Erscheint es möglich, dass dieser Sachverhalt gegeben ist, ist vorrangig zu prüfen, ob der Antragsteller deutscher Staatsangehöriger ist. Bei einem späteren Erwerb der ausländischen Staatsangehörigkeit kann der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit nach § 25 Absatz 1 StAG eingetreten sein.
38.2.4
Vorbehaltlich des Absatzes 3 finden die Allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 Absatz 1 und 2 sowie die Versagungsgründe nach § 5 Absatz 4 und § 11 Anwendung.
38.2.5
Hinsichtlich des Merkmals der ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache wird auf Nummer 9.2.1.7 und 44a.1.2.2 verwiesen.
38.2.6
Bei der Ermessensausübung sind u. a. die Umstände, die zum Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit geführt haben, das Lebensalter, der Gesundheitszustand, die Lebensumstände des Antragstellers im Ausland sowie die Sicherung seines Lebensunterhaltes und ggf. die Erwerbsaussichten in Deutschland angemessen zu berücksichtigen.
38.2.7
Im Wege des Ermessens ist auch zu berücksichtigen, ob der Antragsteller fortbestehende Bindungen an Deutschland glaubhaft machen kann.
38.2.8
Berücksichtigungsfähig ist ferner, wenn der Antragsteller, insbesondere im Zusammenhang mit nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen oder mit Kriegsfolgen veranlasst war, eine andere Staatsangehörigkeit zu erwerben.
38.3 Abweichungen von Regelerteilungsvoraussetzungen in besonderen Fällen
38.3.1
Nach Absatz 3 kann von den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 in besonderen Fällen nach Ermessen abgewichen werden. Die Voraussetzungen des § 38 Absatz 1 oder 2 müssen vorliegen. Der Nachweis einer besonderen Härte ist nicht erforderlich.
38.3.2
Bei entsprechenden Entscheidungen ist neben dem Schutzweck der jeweiligen Erteilungsvoraussetzung insbesondere der Regelungszweck von § 38 zu berücksichtigen, ehemaligen deutschen Staatsangehörigen einen gesicherten Aufenthaltsstatus im Bundesgebiet zu eröffnen. Bei einem mehrjährigen Inlandsaufenthalt als Deutscher und/oder als Ausländer ist ein besonderer Fall daher insbesondere dann gegeben, wenn an das Fehlen der entsprechenden allgemeinen Erteilungsvoraussetzung bei einem Ausländer (ohne zwischenzeitlichen Erwerb und Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit) keine aufenthaltsrechtlichen Folgen (mehr) geknüpft werden könnten.
38.3.3
Ein besonderer Fall liegt auch vor bei ehemaligen deutschen Staatsangehörigen, die die deutsche Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes nach § 29 StAG im Rahmen des Optionsverfahrens verloren haben und keinen Aufenthaltstitel nach den allgemeinen Vorschriften, insbesondere § 9 oder § 4 Absatz 5 i.V.m. Artikel 6, 7 ARB 1/80 erhalten. Im Hinblick auf eine verfassungskonforme Ausgestaltung des Optionsverfahrens sollen sie als besondere Fälle i. S. v. § 38 Absatz 3 behandelt werden. Bei der Ausübung des Ermessens kann aber zu Lasten des Betroffenen z. B. berücksichtigt werden, dass er schwere Straftaten begangen hat.
38.3.4
Aufgrund ihres oftmals langjährigen Aufenthalts als deutsche Staatsangehörige kommen als besondere Fälle weiterhin Personen in Betracht, die unverschuldet ohne Kenntnis der gesetzlich vorgesehenen Folgen (insbesondere in engem zeitlichen Zusammenhang zum Inkrafttreten der Regelung des § 25 StAG am 1. Januar 2000) die deutsche Staatsangehörigkeit durch Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit verloren haben. Von § 5 Absatz 1 Nummer 1 kann beispielsweise bereits dann abgewichen werden, wenn der Betroffene die fehlende Sicherung des Lebensunterhalts nicht zu vertreten hat. Im Rahmen der Anwendung von § 5 Absatz 1 Nummer 2 sollte berücksichtigt werden, ob der Betroffene – ohne Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit – besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 genossen hätte oder es sich um Ausweisungsgründe handelt, die eine Einbürgerung nach §§ 10, 12a StAG nicht verhindern.
38.3.5
Weitere Beispiele für besondere Fälle: – Antragsteller, die im Zusammenhang mit nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen oder mit Kriegsfolgen eine andere Staatsangehörigkeit erworben haben, – Antragsteller, bei denen absehbar ist, dass die zum Entscheidungszeitpunkt noch nicht vorgegebene Sicherung des Lebensunterhalts voraussichtlich bald erreicht werden kann (auf Grund der vorausgegangenen Tätigkeit, des Zeitraums der Erwerbstätigkeit, den Gründen für die Aufgabe der Erwerbstätigkeit etc.).
38.3.6
Ein Verstoß gegen § 5 Absatz 2 Nummer 1 kann nicht angenommen werden, wenn der Ausländer zum Zeitpunkt des Verlusts der deutschen Staatsangehörigkeit seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte und es bis zur Antragstellung nicht verlassen hat. In diesen Fällen ist nach § 5 Absatz 2 Satz 2 regelmäßig vom Erfordernis der Ausreise zur Visumbeschaffung abzusehen.
38.3.7
Von der Anwendung des § 5 Absatz 4 Satz 1 ist nur unter den Voraussetzungen des § 5 Absatz 4 Satz 2 abzusehen.
38.4 Ausübung einer Erwerbstätigkeit
Neben der Niederlassungserlaubnis nach Absatz 1 Nummer 1 berechtigt jede Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 Nummer 2 bzw. Absatz 2 kraft Gesetzes zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit. Dies gilt bereits während der Antragsfrist nach Absatz 1 Satz 2 und im Fall der Antragstellung bis zur Entscheidung. In die Aufenthaltserlaubnis und auch in die Bescheinigung, die aufgrund der Regelung des § 38 Absatz 4 Satz 2 für die Zeit der Antragsfrist bzw. bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde auszustellen ist, ist folgende Nebenbestimmung aufzunehmen:
„Erwerbstätigkeit gestattet".
38.5 Entsprechende Anwendung bei irrtümlicher Behandlung als Deutscher
38.5.0
Die Vorschrift erfasst Fälle, in denen durch deutsche Stellen dadurch ein Vertrauenstatbestand geschaffen wurde, dass diese irrtümlich angenommen hatten, der Ausländer sei Deutscher. In diesen Fällen ist allerdings vorrangig zu prüfen, ob ein Erwerb der Staatsangehörigkeit, ggf. auch als Abkömmling eines langjährig irrtümlich als Deutschen Behandelten, nach § 3 Absatz 2 StAG erfolgt ist.
38.5.1
Eine Person wurde von deutschen Stellen irrtümlich als Deutscher behandelt, wenn diese durch Verwaltungshandeln – nicht notwendig in Form eines Verwaltungsaktes – zum Ausdruck gebracht haben, dass sie davon ausgehen, der Betreffende sei Deutscher i. S. d. Artikels 116 Absatz 1 GG. Dabei muss eine Prüfung der Staatsangehörigkeit, wenn auch nur in summarischer Form, vorgenommen worden sein. Nicht erforderlich ist, dass ein Verwaltungsversagen oder sogar ein Verschulden der maßgeblichen Behörde festgestellt werden kann.
38.5.2
Ob es sich bei den deutschen Stellen um eine kommunale, eine Landes- oder eine Bundesbehörde handelt, ist unerheblich. Ebenso ist nicht erforderlich, dass die deutschen Stellen zur Feststellung der Staatsangehörigkeit befugt sind.
38.5.3
Nicht hinreichend ist hingegen eine rein formularmäßige Übernahme der Angabe, der Betroffene sei Deutscher, die mit keiner auch nur summarischen Prüfung verbunden ist. Insbesondere ist es nicht ausreichend, als Deutscher durch Sozialversicherungsträger oder andere Behörden erfasst zu werden, die ohne Prüfung der Staatsangehörigkeitsverhältnisse – etwa durch Vorlage eines Ausweises – erfolgt ist. Dasselbe gilt, wenn die Staatsangehörigkeit lediglich mündlich angegeben, entgegengenommen und dann in Schriftstücke aufgenommen wird.
38.5.4
Nicht ausreichend ist des Weiteren, dass eine einzelne Behörde irrtümlich davon ausgegangen ist, der Betreffende sei Deutscher, wenn nicht feststellbar ist, dass deutsche Stellen den Betreffenden als solchen behandelt haben. Insbesondere liegt ein Fall nach Absatz 5 daher nicht vor, wenn eine einzelne Behörde (etwa bei der Bewilligung von Sozialleistungen) irrtümlich davon ausging, der Betroffene sei Deutscher.
38.5.5
Wenn eine Stelle, zu deren Kernaufgaben die Prüfung zählt, ob jemand Deutscher ist, dies nach – auch nur summarischer – Prüfung bejaht oder sogar mit öffentlichem Glauben beurkundet, ist davon auszugehen, dass allgemein deutsche Stellen den Betroffenen als Deutschen behandelt haben. Dies gilt insbesondere für das Handeln
38.5.5.1
– der Staatsangehörigkeitsbehörden,
38.5.5.2
– der Pass- und Personalausweisbehörden,
38.5.5.3
– der Auslandsvertretungen im sonstigen konsularischen Aufgabenbereich,
38.5.5.4
– der Meldebehörden,
38.5.5.5
– der Personenstandsbehörden, insbesondere im Zusammenhang mit der Beurkundung von Personenstandsfällen,
38.5.5.6
– bei der Ernennung von Beamten, sofern diese Ernennung auf der Annahme beruhte, der Ernannte sei Deutscher und
38.5.5.7
– bei Berufszulassungen, sofern für sie erheblich ist, dass der Betreffende Deutscher ist, und die Zulassung auf dieser Annahme beruhte. In diesem Zusammenhang ist eine spätere Rücknahme oder ein späterer Widerruf eines Verwaltungsaktes unerheblich, wenn dieser nicht zeitnah oder nicht deshalb erfolgte, weil der Betroffene kein Deutscher war.
38.5.6
Der Vertrauensschutz entsteht nicht, wenn es der Ausländer zu vertreten hat, dass er irrtümlich als Deutscher behandelt wurde. Die bloße Veranlassung genügt nicht für den Ausschluss. Hinsichtlich des Sorgfaltsmaßstabes ist auf das Urteilsvermögen einer durchschnittlichen Person in der Situation des Betroffenen abzustellen. Kenntnisse des deutschen Staatsangehörigkeitsrechts sind i. d. R. nicht zu erwarten, zumal ein Betroffener grundsätzlich auf die Richtigkeit von Verwaltungshandeln vertrauen darf.
38.5.7
Der Ausländer hat seine fehlerhafte Behandlung als Deutscher insbesondere dann zu vertreten, wenn sie geschehen ist, weil er
38.5.7.1
– bewusst wahrheitswidrig angegeben hat, er sei Deutscher,
38.5.7.2
– Urkunden vorgelegt hat, die nach seiner Kenntnis oder leicht erkennbar gefälscht oder verfälscht sind,
38.5.7.3
– auf die – ggf. auch formularmäßig gestellte – Frage, ob
38.5.7.3.1
– er aus der deutschen Staatsangehörigkeit entlassen worden ist (§§ 18 bis 24StAG),
38.5.7.3.2
– er ohne eine Beibehaltungsgenehmigung eine andere Staatsangehörigkeit erworben hat (§ 25 Absatz 1 und 2 StAG, Artikel 1 des am 21. Dezember 2002 für Deutschland außer Kraft getretenen Übereinkommens vom 6. Mai 1963 über die Verringerung der Mehrstaatigkeit und über die Wehrpflicht von Mehrstaatern [BGBl. 1969 II S. 1953, 1956]),
38.5.7.3.3
– er auf die deutsche Staatsangehörigkeit verzichtet habe (§ 26 StAG),
38.5.7.3.4
– er durch einen Ausländer als Kind angenommen wurde (§ 27 StAG),
38.5.7.3.5
– er in die Streitkräfte oder einen vergleichbaren bewaffneten Verband eines ausländischen Staates eingetreten sei (§ 28 StAG) und ob hierfür eine Genehmigung des Bundesministeriums der Verteidigung oder der von ihm bezeichneten Stelle vorlag,
38.5.7.3.6
– er eine Erklärung nach § 29 StAG abgegeben habe oder
38.5.7.3.7
– er als Vertriebener, Aussiedler oder Spätaussiedler oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling nach Aufnahme in Deutschland ohne vorherige Einbürgerung als Deutscher ohne deutsche Staatsangehörigkeit i. S. d. Artikels 116 Absatz 1 GG vor dem 1. August 1999 seinen dauernden Aufenthalt in einem Aussiedlungsgebiet (vgl. § 1 Absatz 2 Nummer 3 BVFG) genommen hat (§ 7 StAngRegG a. F.),
eine bewusst falsche oder unvollständige Angabe gemacht hat,
38.5.7.4
– er sonst an einem Verwaltungsverfahren, in dem geprüft werden sollte, ob er Deutscher ist, nicht ordnungsgemäß mitgewirkt hat und ihm dies vorzuwerfen ist.