Gliederung

Verwaltungsvorschrift (Auszug)

Zu § 50 – Ausreisepflicht

50.1 Voraussetzungen der Ausreisepflicht

50.1.1
Die Ausreisepflicht setzt voraus, dass der Ausländer einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr besitzt oder ein Aufenthaltsrecht nach dem ARB 1/80 nicht oder nicht mehr besteht und sein Aufenthalt somit unrechtmäßig ist.

50.1.2
Die Ausreisepflicht besteht nicht im Fall eines Aufenthalts, der ohne Aufenthaltstitel rechtmäßig ist.

50.1.2.1
Ohne Aufenthaltstitel ist der Aufenthalt eines Ausländers rechtmäßig, wenn er sich auf Grund von Vorschriften, die dem Aufenthaltsgesetz vorgehen oder auf Grund von Spezialregelungen in Deutschland aufhält (vgl. Nummer 14.1.2.1). Es handelt sich z. B. um

  • aus dem Recht der Europäischen Union begünstigte Drittstaatsangehörige (vgl. Nummer 14.1.2.1.1.7),
  • bevorrechtigte Personen, soweit das Aufenthaltsgesetz auf sie nicht anzuwenden ist (§ 1 Absatz 2, z. B. in Deutschland akkreditierte Diplomaten, NATO-Truppen-angehörige im Rahmen des NATO-Truppenstatuts),
  • Ausländer, die dem HAuslG unterfallen (§ 12 HAuslG),
  • Ausländer, die nach den Regelungen des SDÜ bzw. Schengener Grenzkodex zum Kurzaufenthalt oder zur Durchreise berechtigt sind
    (z. B. Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe a) Schengener Grenzkodex, Artikel 18 bis 21 SDÜ),
  • Ausländer, deren Aufenthalt im Bundesgebiet zur Durchführung des Asylverfahrens gestattet ist (§ 55 Absatz 1 AsylVfG).

50.1.2.2
Ohne Aufenthaltstitel ist der Aufenthalt eines Ausländers auch dann rechtmäßig, wenn er vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit ist oder sein Aufenthalt nach dem Aufenthaltsgesetz kraft Gesetzes erlaubt ist. Das betrifft Ausländer,

50.1.2.2.1
– die vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit sind (§§ 15 ff. AufenthV) oder

50.1.2.2.2
– die der Fiktionswirkung des § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 unterfallen.

50.1.3.1
Die Ausreisepflicht entsteht kraft Gesetzes ohne vorherigen Verwaltungsakt

50.1.3.1.1
– durch unerlaubte Einreise ohne erforderlichen Aufenthaltstitel i. S. v. § 14 Absatz 1 (siehe aber Nummer 50.1.3.2),

50.1.3.1.2
– durch Erlöschen der Aufenthaltsgestattung (nach § 67 Absatz 1 Nummer 2 AsylVfG),

50.1.3.1.3
– durch Wegfall der Befreiung vom Erfordernis des Aufenthaltstitels nach erlaubter Einreise, z. B. in den Fällen des § 15 AufenthV nach Ablauf der Höchstdauer eines Kurzaufenthaltes oder bei Aufnahme einer Erwerbstätigkeit und dem daraus folgenden Wegfall der Befreiung bei Staatsangehörigen im Einzelnen aufgeführter Länder (§ 17 Absatz 1 AufenthV),

50.1.3.1.4
– durch Ablauf der Geltungsdauer des Aufenthaltstitels (§ 51 Absatz 1 Nummer 1), sofern nicht rechtzeitig eine Verlängerung beantragt wurde,

50.1.3.1.5
– durch Eintritt einer auflösenden Bedingung (§ 51 Absatz 1 Nummer 2),

50.1.3.1.6
– durch Erfüllung der Erlöschenstatbestände nach § 51 Absatz 1 Nummer 6 bis 8,

50.1.3.1.7
– durch Wegfall der Voraussetzungen für die Durchreise oder den Kurzaufenthalt nach den Regelungen des SDÜ bzw. des Schengener Grenzkodex (z. B. Artikel 18 bis 21 SDÜ, Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe a) Schengener Grenzkodex). Dies führt zur Ausreisepflicht unmittelbar auf Grund von Artikel 23 Absatz 1 SDÜ. Dies gilt nicht, wenn nach nationalem Recht, insbesondere nach der AufenthV, eine Befreiung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels eintritt.

50.1.3.2
Im Falle der nach § 14 Absatz 1 Nummer 2 oder 3 unerlaubten Einreise entsteht die Ausreisepflicht zu dem Zeitpunkt, in dem die Einreise beendet ist. Die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht tritt unmittelbar kraft Gesetzes ein und ist daher nicht selbständig anfechtbar.

50.1.3.3
Die Ausreisepflicht entsteht ebenfalls kraft Gesetzes, wenn ein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsrecht EWG/Türkei erlischt. Wurde einem assoziationsrechtlich berechtigten Türken jedoch aus einem anderen Rechtsgrund ein Aufenthaltstitel, insbesondere eine Niederlassungserlaubnis erteilt, berührt der Wegfall des Aufenthaltsrechts nach Assoziationsrecht diese auf deutschem Recht beruhende Rechtsstellung nicht.

50.1.3.4
Die Einreise ohne einen anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz begründet außerhalb des Anwendungsbereichs des SDÜ nur dann eine gesetzliche Ausreisepflicht, wenn der Ausländer keinen erforderlichen Aufenthaltstitel besitzt. Bei Passlosigkeit entfällt bei den schengenrechtlich geregelten Aufenthalten hingegen die Aufenthaltsvoraussetzung nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a) Schengener Grenzkodex oder den hierauf beruhenden Vorschriften mit der Folge, dass die auf Artikel 23 Absatz 1 SDÜ beruhende Ausreisepflicht unmittelbar nach der Einreise entsteht.

50.1.3.5
Bei der ausschließlich wegen Fehlens des erforderlichen Passes nach § 14 Absatz 1 Nummer 1 unerlaubten Einreise entsteht die Ausreisepflicht – außer bei den durch das SDÜ geregelten Aufenthalten – nicht schon im Zeitpunkt der Einreise. Ist dem Ausländer durch die deutsche Auslandsvertretung oder die Grenzbehörde ein Visum unter Vorlage eines nicht als Pass oder Passersatz anerkannten Reisedokuments entgegen § 5 Absatz 1 Nummer 4 i.V. m. § 3 Absatz 1 erteilt worden oder ist das anerkannte Reisedokument, in dem das Visum eingetragen ist, vor der Einreise nach dem Recht des Ausstellerstaates ungültig geworden, entsteht die Ausreisepflicht bei Aufenthalten, die durch das nationale Recht geregelt sind, erst nach dem Widerruf (§ 52 Absatz 1 Nummer 1) oder nach Ablauf der Geltungsdauer des Visums (§ 50 Absatz 1 und § 58 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2). Da ein entgegen § 5 Absatz 1 Nummer 4 i.V.m. § 3 Absatz 1 erteiltes Visum nicht von vornherein nichtig ist und ein Visum wegen Passablaufs oder Ungültigkeit des Passes nicht erlischt (§ 52 Absatz 1 Nummer 1), wird der Ausländer erst mit Ablauf der Geltungsdauer des Visums ausreisepflichtig, es sei denn, dieses Visum wird vorher widerrufen oder zurückgenommen. Solange das Visum gültig ist, ist Abschiebungshaft nicht zulässig.

50.1.3.6
Auf die besonderen Regelungen in Artikel 23 SDÜ wird hingewiesen (siehe unten Nummer 50.1.9).

50.1.3.7
Eine gesetzliche Ausreisepflicht schließt die Ausweisung nicht aus. Bereits wegen der Sperrwirkung (vgl. § 11) der Ausweisung ist die Behörde vielmehr verpflichtet, eine Ausweisung zu verfügen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen.

50.1.4
Die Ausreisepflicht entsteht auf Grund eines Verwaltungsaktes in Fällen

50.1.4.1
– der Versagung eines Aufenthaltstitels, wenn zu diesem Zeitpunkt der Aufenthalt noch rechtmäßig war,

50.1.4.2
– der nachträglichen zeitlichen Beschränkung des rechtmäßigen Aufenthalts oder des Aufenthaltstitels,

50.1.4.3
– des Widerrufs oder der Rücknahme,

50.1.4.4
– der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung (§ 58a) und

50.1.4.5
– des § 67 Absatz 1 Nummer 3 bis 6 AsylVfG, wenn es sich um einen Asylbewerber handelt. In diesen Fällen muss der Ausländer der Ausreisepflicht nachkommen, wenn der die Ausreisepflicht begründende Verwaltungsakt wirksam geworden ist. Die Anfechtung des Verwaltungsakts lässt seine Wirksamkeit und damit die Wirksamkeit der Ausreisepflicht unberührt (§ 84 Absatz 2 Satz 1).

50.1.5
Ein ausreisepflichtiger Ausländer ist verpflichtet, das Bundesgebiet zu verlassen. Diese Pflicht kann nur mittels Einreise in einen anderen Staat erfüllt werden (vgl. Nummer 50.4). Soweit der Ausländer in andere Staaten erlaubt einreisen darf, steht es ihm grundsätzlich frei, wohin er ausreisen will.

50.1.6
Die Ausreisepflicht endet durch

50.1.6.1
– Legalisierung des Aufenthalts im Wege der Erteilung eines Aufenthaltstitels,

50.1.6.2
– Erwerb einer Aufenthaltsgestattung nach dem AsylVfG (in den Fällen des § 14 Absatz 3 Satz 1 AsylVfG steht die Erteilung einer Aufenthaltsgestattung nicht der Aufrechterhaltung der Haft entgegen),

50.1.6.3
– Erfüllung im Wege der Ausreise (siehe Nummer 50.4) und

50.1.6.4
– Zurück- oder Abschiebung.

50.1.7
Da bei bestehender Ausreisepflicht der Aufenthalt unrechtmäßig ist, muss die Ausländerbehörde tätig werden, um diesen Zustand zu beenden. Im Falle einer zwangsweisen Durchsetzung sind Abschiebungsverbote zu berücksichtigen. Als Maßnahmen kommen in Betracht

50.1.7.1
– die Legalisierung des Aufenthalts, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels vorliegen,

50.1.7.2
– die Überwachung der freiwilligen Ausreise nach Ablauf der Ausreisefrist (Rücklauf der Grenzübertrittsbescheinigung, vgl. Nummer 50.4) oder

50.1.7.3
– die zwangsweise Durchsetzung der Ausreisepflicht im Wege der Zurückschiebung oder Abschiebung. Soweit die Ausreisepflicht nicht auf einem Verwaltungsakt beruht, ist der Ausländer gesondert auf diese hinzuweisen. Dieser Hinweis ist im Allgemeinen mit einer Abschiebungsandrohung unter Festsetzung einer Ausreisefrist nach § 59 Absatz 1 zu verbinden.

50.1.8
Die Zurückschiebung oder Abschiebung gehen der freiwilligen Erfüllung der Ausreisepflicht regelmäßig vor, sofern die Voraussetzungen nach § 57 Absatz 1 bzw. § 58 Absatz 3 vorliegen.

50.1.9 Besondere Regelung der Ausreisepflicht in Artikel 23 SDÜ

50.1.9.1
Bei den durch das SDÜ geregelten kurzen Aufenthalten müssen (außer in den Fällen des Artikels 5 Absatz 4 Buchstabe c) Schengener Grenzkodex) die in Artikel 5 Absatz 1 Schengener Grenzkodex bzw. den jeweils hierauf verweisenden anderen Vorschriften des SDÜ geregelten Voraussetzungen jeweils einzeln und voneinander getrennt betrachtet erfüllt sein. Entfällt nur eine dieser Voraussetzungen, entsteht die Ausreisepflicht nach Artikel 23 Absatz 1 SDÜ.

50.1.9.2
Verliert der Pass oder Passersatz eines Drittausländers während eines durch das SDÜ geregelten Aufenthaltes seine Gültigkeit (Wegfall der Bedingung nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a) Schengener Grenzkodex) oder wird er zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben (Wegfall der Bedingung nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe d) Schengener Grenzkodex), wird er selbst dann nach Artikel 23 Absatz 1 SDÜ ausreisepflichtig, wenn z. B. sein Visum noch gültig ist, weil die Erfüllung der in Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b) Schengener Grenzkodex genannten Voraussetzungen nicht die Erfüllung der übrigen Voraussetzungen ersetzen kann.

50.1.9.3
Dennoch sollten vorhandene Visa zur Schaffung von Rechtsklarheit in Fällen des Artikels 23 Absatz 1 SDÜ widerrufen werden. Deutsche Ausländerbehörden sind in diesen Fällen berechtigt, Schengen-Visa anderer Schengen-Staaten zu widerrufen. Artikel 23 Absatz 3 und 4 SDÜ sehen auch die grundsätzliche Verpflichtung des Aufenthaltsstaates vor, den betreffenden Ausländer in einen Drittstaat abzuschieben. Damit ist der Aufenthaltsstaat berechtigt, über die endgültige Beendigung eines durch einen anderen Schengen-Staat erlaubten Aufenthaltes zu entscheiden. In der Folge ist auch der Widerruf des durch diesen anderen Staat erteilten Visums möglich.

50.1.9.4
Bei Inhabern von Aufenthaltstiteln (nicht von Visa) anderer Schengen-Staaten ist zwingend das Konsultationsverfahren nach Artikel 25 SDÜ zu beachten. Unter „Aufenthaltserlaubnis" und „Aufenthaltstitel" i. S. d. Bestimmungen sind entsprechend dem europarechtlichen Sprachgebrauch keine Visa zu verstehen.

50.1.9.5
Artikel 23 Absatz 2 SDÜ regelt, wohin der Drittausländer sich nach Entstehung der Ausreisepflicht zu begeben hat.

50.1.9.6
Artikel 23 Absatz 3 SDÜ begründet die allgemeine Pflicht der Schengen-Staaten, die nach Artikel 23 Absatz 1 SDÜ ausreisepflichtigen Drittausländer abzuschieben, wenn eine freiwillige Ausreise nicht stattfindet oder nicht zu erwarten ist, oder wenn aus Gründen der nationalen Sicherheit Gefahr im Verzug besteht. In Artikel 23 Absatz 3 Satz 2 SDÜ sowie in Artikel 23 Absatz 5 SDÜ ist klargestellt, dass die nationalen asylrechtlichen Bestimmungen sowie die Schutzbestimmungen der genannten internationalen Abkommen sowie die nationalen Regelungen zu Abschiebungsverboten unberührt bleiben.

50.1.9.7
Artikel 23 Absatz 4 SDÜ legt die möglichen Zielstaaten der Abschiebung fest. Die Abschiebung in einen anderen Schengen-Staat kommt danach nur dann in Betracht, wenn dies durch bilaterale Vereinbarungen vorgesehen ist (siehe Nummer 57.3.1 und 59.2.1).

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50.2 Ausreisefrist

50.2.1
Der Ausländer muss der Ausreisepflicht unverzüglich nachkommen. Ist eine Ausreisefrist gesetzt, muss er die Ausreisepflicht innerhalb der Frist erfüllen. Ausreisefrist i. S. v. Satz 2 ist insbesondere die im Rahmen der Abschiebungsandrohung nach § 59 Absatz 1 bestimmte Ausreisefrist.

50.2.2
I. d. R. wird die Ausreisefrist im Rahmen der Abschiebungsandrohung festgelegt. Wird ausnahmsweise keine Abschiebungsandrohung erlassen, kann die Ausländerbehörde nach § 50 Absatz 2 eine Ausreisefrist bestimmen. In Fällen einer Zurückschiebung nach § 57 wird eine Frist zur Ausreise nur in Ausnahmefällen gewährt. Ein solcher Ausnahmefall kann beispielsweise dann vorliegen, wenn Haft bis zum Vollzug der Zurückschiebung nicht beantragt oder angeordnet wird. Bei der Bemessung der Länge der Ausreisefrist steht der Ausländerbehörde grundsätzlich ein weiter Ermessensspielraum zu, der nach oben nur durch die Sechs-Monats-Grenze nach Absatz 2 Satz 2 zwingend begrenzt wird. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist bei der Festlegung der Frist vornehmlich die Dauer des bisherigen Aufenthalts zu berücksichtigen. Bei der Einräumung und Bemessung einer Ausreisefrist sind aber auch öffentliche Interessen zu berücksichtigen (z. B. Beweiserhebung in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren). Sprechen konkrete Tatsachen oder andere Anhaltspunkte dafür, dass eine ausreisepflichtige Person von Menschenhandel betroffen ist, so ist grundsätzlich eine Frist zur freiwilligen Ausreise von mindestens einem Monat vorzusehen (siehe näher Nummer 50.2a). Die Betroffenen sollen über die Möglichkeit informiert werden, sich durch spezielle Beratungsstellen betreuen und helfen zu lassen. Die Ausreisefrist ist so zu bemessen, dass der Ausländer die Möglichkeit hat, seine persönlichen Angelegenheiten zu regeln.

50.2.3
Eine Ausreisefrist von einem Monat nach Beendigung des rechtmäßigen Aufenthalts ist im Regelfall ausreichend. Eine Ausreisefrist darf verlängert werden, auch soweit sie nach § 59 Absatz 1 bestimmt ist. Voraussetzung für eine Verlängerung ist, dass die freiwillige Ausreise des Ausländers gesichert ist. Eine Verlängerung der Ausreisefrist ist ausgeschlossen, wenn die Abschiebungsvoraussetzungen nach § 58 eingetreten sind. Nach Satz 3 darf die Ausreisefrist in besonderen Härtefällen auch über die Dauer von sechs Monaten nach Eintritt der Unanfechtbarkeit hinaus verlängert werden. Die Härte bezieht sich ausschließlich auf den Zeitpunkt, zu dem der Ausländer das Bundesgebiet verlassen muss, und nicht auf die Ausreisepflicht selbst.

50.2.4
Wird ein Ausländer aufgefordert, das Bundesgebiet innerhalb einer bestimmten Frist zu verlassen und wird sein Pass oder Passersatz nicht nach § 50 Absatz 6 in Verwahrung genommen (siehe Nummer 50.6.2), ist in seinem Pass zu vermerken:

„Ausreisepflicht nach § 50 Absatz 1 AufenthG. Ausreisefrist bis zum ..."

Dieser Vermerk ist auch in den Passersatz, den Ausweisersatz oder die Aufenthaltstitel auf einem besonderen Blatt einzutragen. Zugleich soll dem Ausländer eine Bescheinigung über die Ausreisepflicht unter Angabe der Ausreisefrist mit der Aufforderung ausgehändigt werden, diese Bescheinigung der mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörde bzw. der deutschen Auslandsvertretung außerhalb der Schengen-Staaten zu übergeben (Grenzübertrittsbescheinigung; siehe näher Nummer 50.4). Diese leitet die Bescheinigung der zuständigen Ausländerbehörde zu. Der Ausländer soll darauf hingewiesen werden, dass die Grenzübertrittsbescheinigung nicht zur visumfreien Einreise in andere Schengen-Staaten berechtigt. Im Rahmen der Überprüfung, inwieweit der Ausländer seiner Ausreisepflicht freiwillig nachkommen kann, ist insbesondere zu klären, ob ein notwendiger Aufenthaltstitel für die Durchreise durch andere Schengenstaaten vorhanden ist; Nummer 46.2.3.2 und 46.2.4 sind zu beachten. Zu den Besonderheiten bei Ausreisen über andere Schengen-Staaten vgl. Nummer 50.4.1.2.

50.2.5
Die Festlegung einer Ausreisefrist stellt keinen Ersatz für die Ausstellung eines Aufenthaltstitels dar. Soll einem Ausländer, wenn auch nur für einen kurzen Zeitraum, der Aufenthalt zu anderen Zwecken als lediglich der Vorbereitung der Ausreise erlaubt werden, sind die Voraussetzungen zur Erteilung eines entsprechenden Aufenthaltstitels zu prüfen, und dieser ist, ggf. nach einem Hinweis an den Ausländer, auf seinen Antrag zu erteilen oder aber zu versagen. Ein Aufenthalt, dessen Erlaubnis nach den besonderen Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes nicht (mehr) möglich ist, darf also nicht durch eine großzügige Bemessung der Ausreisefrist unter Umgehung der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen doch ermöglicht werden. Zugleich ist bei Begehren für Aufenthaltsverlängerungen, bei denen gegen die weitere Erlaubnis des Aufenthaltes keine behördlichen Bedenken bestehen, vorzugsweise eine Aufenthaltserlaubnis (ggf. auch nach § 7 Absatz 1) zu erteilen, um bei späteren Anträgen desselben Ausländers und gegenüber auswärtigen Staaten, die den Pass einsehen, den Eindruck zu verhindern, ihm sei wegen Unzuverlässigkeit eine Ausreisefrist zu setzen gewesen.

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50.2a Ausreisepflicht für Opfer von Menschenhandel

50.2a.0
§ 50 Absatz 2a regelt – in Umsetzung von Artikel 6 Absatz 1, 3 und 4 der Richtlinie 2004/81/ EG vom 29. April 2004 über die Erteilung von Aufenthaltstiteln für Drittstaatsangehörige, die Opfer des Menschenhandels sind oder denen Beihilfe zur illegalen Einwanderung geleistet wurde und die mit den zuständigen Behörden kooperieren (ABl. EU Nummer L 261 S. 19, so genannte Opferschutzrichtlinie) – die einem Ausländer, der Opfer einer in § 25 Absatz 4a genannten Straftat zu sein scheint, einzuräumende Bedenkzeit, ob er bereit ist, in einem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen. Anhand der systematischen Stellung der Regelung wird deutlich, dass sie sich im Wesentlichen an vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer richtet.

50.2a.1
Liegen konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen einer in § 25 Absatz 4a genannten Straftat vor, so ist die Ausländerbehörde grundsätzlich verpflichtet, dem Ausländer, der Opfer einer dieser Straftaten ist, eine Frist zur Ausreise zu setzen (vgl. zu Ausnahmen § 50 Absatz 2a Satz 3).

50.2a.1.1
Vor der Festlegung der Ausreisefrist ist (ebenso wie bei ihrer Aufhebung oder Verkürzung) gemäß § 72 Absatz 6 Satz 1 die zuständige Staatsanwaltschaft oder das befasste Strafgericht zu beteiligen.

50.2a.1.2
Für konkrete Anhaltspunkte der Ausländerbehörde nach § 50 Absatz 2a Satz 1 ist die plausible Aussage des Ausländers, er sei Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftat, grundsätzlich ausreichend. Bei der Entscheidung ist insbesondere zu berücksichtigen, dass Ausländer, bei denen aus polizeilicher Sicht Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie Opfer von Menschenhandel sind, anfangs häufig (noch) nicht in der Lage sind, ihre Situation als Menschenhandelsopfer darzulegen. In jedem Fall ist es daher ausreichend, wenn Polizei oder Staatsanwaltschaft sich dahingehend äußern, dass ihnen entsprechende konkrete Anhaltspunkte bekannt sind. Neben einer Benennung der Anhaltspunkte durch den Ausländer oder durch eine Strafverfolgungsbehörde können auch Anhaltspunkte berücksichtigt werden, die durch eine Fachberatungsstelle für Opfer von Menschenhandel benannt werden.

50.2a.1.3
Die durch die Frist zur Ausreise begründete Bedenkzeit hat zum Ziel, dem Opfer von Menschenhandel eine Bedenkzeit einzuräumen, in der es sich dem Einfluss der Täter entziehen, von den Folgen der Straftat erholen und ggf. Kontakt zu Fachberatungsstellen aufnehmen kann, so dass es in der Lage ist, eine fundierte Entscheidung darüber zu treffen, ob es bereit ist, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

50.2a.1.4
Verfahrensrechtlich hat die Ausländerbehörde vor der Entscheidung über die Festlegung einer Ausreisefrist die Staatsanwaltschaft, das Strafgericht oder bei unbekannter Zuständigkeit die für den Aufenthaltsort des Ausländers zuständige Polizeibehörde nach § 72 Absatz 6 zu beteiligen.

50.2a.2
Die Ausreisefrist beträgt mindestens einen Monat. Sie kann durch die Ausländerbehörde länger bemessen werden, sofern dies für die Entscheidungsfindung des Opfers notwendig ist. Nach § 50 Absatz 2 Satz 2 kann die Frist maximal sechs Monate betragen. Nur in besonderen Härtefällen nach § 50 Absatz 2 Satz 3 ist eine längere Frist zulässig. Die Ausländerbehörden haben dabei darauf zu achten, dass die Dauer der Ausreisefrist in einem angemessenen Verhältnis zu den noch ausstehenden Entscheidungen der Strafverfolgungsbehörden und des Opfers steht. Kann im Anschluss an die Bedenkzeit nach § 50 Absatz 2a keine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a erteilt werden, so ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel nach § 25 Absatz 3 i.V.m. § 60 Absatz 2 oder Absatz 7 oder § 25 Absatz 5 oder für eine Duldung nach § 60a vorliegen.

50.2a.3
§ 50 Absatz 2a Satz 3 regelt die in das Ermessen der Ausländerbehörde gestellte Möglichkeit, die Fristsetzung abzulehnen, aufzuheben oder zu verkürzen. Grundsätzlich steht die Festsetzung einer mindestens einmonatigen Ausreisefrist allerdings nicht im Ermessen der Ausländerbehörde (vgl. Nummer 50.2a.1). Für eine Ermessensentscheidung über das Absehen von der Ausreisefrist, über deren Verkürzung oder Aufhebung ist nur dann Raum, wenn die Voraussetzungen des § 50 Absatz 2a Satz 3 Nummer 1 oder Nummer 2 erfüllt sind. Tatbestandlich setzt dies voraus, dass der Ausländer

50.2a.3.1
– die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder

50.2a.3.2
– freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Kontakt zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat (zur Frage der Freiwilligkeit siehe auch Nummer 25.4a.2.2).

50.2a.3.3
Vor der Ablehnung, Verkürzung oder Aufhebung der Ausreisefrist sind die in § 72 Absatz 6 benannten Strafverfolgungsbehörden zu beteiligen.

50.2a.4
§ 50 Absatz 2a Satz 4, der Artikel 5 der Opferschutzrichtlinie umsetzt, verpflichtet die Ausländerbehörden im Rahmen der Festsetzung der Ausreisefrist, die betreffenden Personen über die für Opfer von Menschenhandel bestehenden gesetzlichen Regelungen, Programme und Maßnahmen zu unterrichten. Hierzu zählen u. a. Informationen über die Betreuung durch Fachberatungsstellen, die mögliche Aufnahme in ein polizeiliches Zeugenschutzprogramm, die Möglichkeit der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a, die Möglichkeit des Arbeitsmarktzugangs sowie des Zugangs zu Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und zu Leistungen zur medizinischen Betreuung. Die Ausländerbehörden können Nichtregierungsorganisationen oder andere geeignete Vereinigungen mit dieser Aufgabe beauftragen. Die Verantwortung verbleibt jedoch bei der Ausländerbehörde. Der Ausländer ist auch über die Voraussetzungen zu unterrichten, die einen Widerruf der Aufenthaltserlaubnis nach § 52 Absatz 5 oder eine Ablehnung, Verkürzung oder Aufhebung der Ausreisefrist nach § 50 Absatz 2a auslösen können, insbesondere über die möglichen Konsequenzen einer freiwilligen Kontaktaufnahme mit den Tätern. Die Unterrichtung dient dazu, den Ausländer im Hinblick auf eine fundierte Entscheidung über eine Kooperation mit den Strafverfolgungsbehörden mit den notwendigen Informationen zu versorgen und ihn bei der Abwägung der Konsequenzen einer Entscheidung für oder gegen eine Mitwirkung als Zeuge im Strafverfahren zu unterstützen.

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50.3 Unterbrechung der Ausreisefrist

Eine nach § 50 Absatz 3 unterbrochene Ausreisefrist beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Dies gilt auch in den Fällen des § 80b Absatz 1 VwGO (Ende der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs und der Anfechtungsklage mit Unanfechtbarkeit oder – bei erstinstanzlicher Klageabweisung – drei Monate nach Ablauf der gesetzlichen Begründungsfrist des gegen die abweisende Entscheidung gegebenen Rechtsmittels). Sinn der Regelung ist, dass dem Ausländer beim Wiedereintritt der Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht die volle Frist zur freiwilligen Ausreise wieder zur Verfügung steht. Die Vollziehbarkeit i. S. d. § 50 Absatz 3 hängt daher nicht vom erfolglosen Ablauf der Ausreisefrist ab. Daher ist – anders als in § 58 Absatz 2 – der allgemeine vollstreckungsrechtliche Begriff gemeint. War die Frist nicht durch einen Zeitraum, sondern durch ein Datum, bis zu welchem die Ausreise zu erfolgen hat, bestimmt worden, so muss anhand des Zeitraums zwischen Wirksamwerden der Abschiebungsandrohung und dem ursprünglich festgesetzten Datum das neue Datum der spätesten Ausreise errechnet und der Ausländer darauf hingewiesen werden.

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50.4 Erfüllung der Ausreisepflicht

50.4.1.1
Der Ausländer erhält mit der Abschiebungsandrohung oder im Rahmen der Festsetzung einer Ausreisefrist nach § 50 Absatz 2 Satz 1 eine Grenzübertrittsbescheinigung, die er aufgrund eines entsprechenden Hinweises zum Zwecke der Ausreise beim Grenzübertritt (§ 13) der mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörde oder der deutschen Auslandsvertretung im Heimatstaat vorlegt. Hierbei sind zwei Fallkonstellationen zu unterscheiden:

50.4.1.1.1
– Ein ausländischer Staatsangehöriger ist im Besitz einer Grenzübertrittsbescheinigung sowie seiner Grenzübertrittsdokumente und reist (z. B. mit einem Intra-Schengen-Flug) über einen anderen Schengen-Staat aus. In diesem Fall wird die mitgeführte Grenzübertrittsbescheinigung nicht durch die deutschen Grenzbehörden einbehalten. Ein Grenzübertritt kann nicht bestätigt werden, da faktisch eine jederzeitige Rückkehr nach Deutschland ohne Grenzkontrolle möglich ist. Es kann allenfalls – ohne weitere Rechtsfolgen – ein Eintrag erfolgen, dass der Ausländer zum vorgesehenen Flug vorstellig war. Eine Überprüfung des Abflugs ist nicht möglich.

50.4.1.1.2
– Es erfolgt eine direkte Ausreise aus Deutschland und zugleich aus dem Schengen- Gebiet auf dem Luftweg. Hier hat die zuständige Grenzbehörde die Grenzübertrittsbescheinigung zu erfassen und nach erfolgter Ausreise den Grenzübertritt zu bestätigen. Zugleich ist der von der Ausländerbehörde in Verwahrung genommene (§ 50 Absatz 6) und bei der Grenzbehörde hinterlegte Pass oder Passersatz dem Ausländer zum Zwecke der Ausreise auszuhändigen.

50.4.1.2
In der Grenzübertrittsbescheinigung ist wie folgt darauf hinzuweisen, dass die Erfüllung der Ausreisepflicht erst bei Verlassen des Schengen- Raums bescheinigt wird:

„Sofern die Ausreise aus Deutschland direkt in einen nicht zu den Schengen-Staaten (Geltungsbereich des Schengener Grenzkodex – Bezeichnung im Einzelnen) gehörenden Drittstaat erfolgt, d. h. ohne Durchreise/Zwischenhalt in einem anderen Schengenstaat, ist die Grenzübergangsbescheinigung an einer deutschen Grenzübertrittsstelle abzugeben. Bei Ausreise über einen anderen Schengen-Staat ist die Ausreise hingegen durch persönliche Abgabe der Bescheinigung bei einer deutschen Auslandsvertretung (Botschaft oder Generalkonsulat) außerhalb der Schengen-Staaten nachzuweisen; eine Übersendung durch Post, Kurier oder Boten genügt nicht. Dies ist insofern erforderlich, als zwischen den Schengen- Staaten grundsätzlich keine Grenzkontrollen mehr bestehen und faktisch eine Wiedereinreise nach Deutschland möglich ist. Durch die Abgabe der Bescheinigung bei den Grenzbehörden eines anderen Schengen-Staates kann die Ausreise aus Deutschland nicht nachgewiesen werden."

50.4.1.3
Die in Nummer 50.4.1.1 genannten Behörden haben die ausgefüllte Grenzübertrittsbescheinigung nach Erhalt unmittelbar der zuständigen Ausländerbehörde zuzuleiten. Um dies zu ermöglichen, ist in der Grenzübertrittsbescheinigung Folgendes auszuführen:

„Die in Empfang nehmende Behörde wird ersucht, die Bescheinigung an {Bezeichnung der ausstellenden Behörde unter Angabe der Postanschrift} zu übersenden."

50.4.1.4
Bei der Grenzübertrittsbescheinigung handelt es sich um einen Nachweis in der Form eines amtlichen Vordrucks über die freiwillige Ausreise des Ausländers innerhalb der Ausreisefrist i. S. v. § 50 Absatz 2. Erbringt der Ausländer diesen Nachweis, bedarf es keiner Ausschreibung nach § 50 Absatz 7 Satz 1. § 50 Absatz 7 Satz 2 bleibt unberührt. Hierauf ist in der Grenzübertrittsbescheinigung hinzuweisen.

50.4.2.1
Durch die nicht erlaubte Einreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ist der Ausländer zwar tatsächlich ausgereist, die Ausreisepflicht wird dadurch jedoch rechtlich wirksam nicht erfüllt. Im Falle der Rücküberstellung oder der sofortigen Wiedereinreise ohne Visum, auch aus Drittstaaten, besteht die Ausreisepflicht fort, ebenso sonstige Beschränkungen nach § 51 Absatz 6. Bei den vom Erfordernis des Aufenthaltstitels befreiten Ausländern ist § 51 Absatz 5 zu beachten.

50.4.2.2
Die freiwillige Ausreise oder Abschiebung in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union kommt nur dann in Betracht, wenn der Ausländer dort einreisen und sich dort aufhalten darf. Die Ausländerbehörde muss von dem Ausländer einen entsprechenden Nachweis verlangen, den er nach § 82 Absatz 1 Satz 1 zu erbringen hat.

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50.5 Anzeigepflicht

Sobald der Ausländer ausreisepflichtig geworden ist, unterliegt er gegenüber der Ausländerbehörde einer Anzeigepflicht, wenn er seine Wohnung wechseln oder den Bezirk der Ausländerbehörde für mehr als drei Tage verlassen will (§ 50 Absatz 5). Die Anzeigepflicht setzt lediglich die Wirksamkeit und nicht die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht voraus. Die Ausländerbehörde muss den Ausländer auf die Anzeigepflicht hinweisen.

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50.6 Passverwahrung

50.6.1
§ 50 Absatz 6 enthält das Gebot, den Pass oder Passersatz eines ausreisepflichtigen Ausländers erforderlichenfalls auch zwangsweise in Verwahrung zu nehmen. § 50 Absatz 6 setzt nur die Wirksamkeit und nicht die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht voraus. Der Pass oder Passersatz ist unabhängig davon zu verwahren, ob Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Ausländer den Pass oder Passersatz vor der Ausreise vernichten, unbrauchbar machen oder in sonstiger Weise der Behörde vorenthalten will. Die Polizeien der Länder und die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden können den Pass oder Passersatz sicherstellen.

50.6.2
Ausnahmsweise muss der Pass nicht vorgelegt werden, wenn ein überwiegendes Interesse des Betroffenen daran besteht, über den Pass verfügen zu können, die Ausstellung einer beglaubigten Kopie des Passes zur Interessenwahrnehmung nicht ausreicht und dadurch die Ausreise und Abschiebung nicht gefährdet wird. Bei Angehörigen der im Anhang 2 zur Verordnung (EG) Nummer 539/2001 des Rates vom 15. März 2001 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. EU 2001 Nummer L 81 S. 1) genannten Positivstaaten kann von der Passverwahrung abgesehen werden, wenn sie nach den Erfahrungen in der Praxis nicht erforderlich ist. In allen anderen Fällen kann von der Passverwahrung nur abgesehen werden, wenn sich in der Ausländerakte eine Ablichtung des Passes befindet und wenn nach den Erfahrungen der Ausländerbehörde der Herkunftsstaat problemlos einen Passersatz ausstellt.

50.6.3
Über die Passverwahrung erhält der Ausländer eine formlose Bescheinigung, die gebührenfrei erteilt wird. Bereits in diesem Zeitpunkt sollte die Grenzübertrittsbescheinigung mit dem Hinweis ausgehändigt werden, dass diese bei der Entgegennahme des Passes oder Passersatzes bei der Grenzübergangsstelle abzugeben ist. Ein Ausweisersatz wird nicht ausgestellt.

50.6.4
Soweit möglich, sollte der Pass dem Ausländer nicht vor der Ausreise, sondern erst bei der Ausreise an der Grenzübergangsstelle unter Entgegennahme der Grenzübertrittsbescheinigung ausgehändigt werden.

50.6.5
Der Pass kann dem Ausländer zwischenzeitlich überlassen werden, soweit es aus zwingenden Gründen erforderlich ist.

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50.7 Ausschreibung in den Fahndungshilfsmitteln der Polizei

50.7.1
Die Ausschreibung zur Festnahme nach § 50 Absatz 7 Satz 1 kommt in Betracht, wenn ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer untergetaucht ist, so dass Aufgriffsort und Aufgriffszeitpunkt nicht abgeschätzt werden können. Zur Ausschreibung von Ausländern zur Aufenthaltsermittlung bei unbekanntem Aufenthalt nach § 50 Absatz 7 Satz 1 siehe auch Nummer Vor 53.9. Die Ausschreibung nach § 50 Absatz 7 Satz 2 betrifft Fälle der Durchsetzung der gesetzlichen Sperrwirkung nach § 11 Absatz 1 Satz 1 und 2 auf Grund einer Ausweisung, Zurückschiebung oder einer vollzogenen Abschiebung (siehe Nummer Vor 53.10.1.1 und 58. 0. 13.1.1). Die Voraussetzungen für eine Festnahme im Fall des Antreffens im Bundesgebiet liegen nicht vor, wenn der Ausländer im Besitz einer Betretenserlaubnis ist (vgl. Nummer 11.2.1 letzter Satz).

50.7.2
Nach § 15a verteilte Ausländer dürfen zur Aufenthaltsermittlung gemäß § 66 AsylVfG in den Fahndungshilfsmitteln der Polizei unter den dort genannten Voraussetzungen ausgeschrieben werden.

50.7.3
Eine Ausschreibung zur Festnahme nach § 50 Absatz 7 darf nur erfolgen, wenn die Haftgründe nach § 62 vorliegen. Ausländer, die von der Abschiebungshaft ausgenommen werden sollen (siehe Nummer 62.0.5), sind lediglich zur Aufenthaltsermittlung auszuschreiben.

50.7.4
Die Ausschreibung ist unverzüglich aufzuheben, wenn die Gründe für die Ausschreibung entfallen sind (z. B. weil der Aufenthaltsort des Ausländers bekannt wird oder weil ihm ein Aufenthaltstitel erteilt worden ist, sein Aufenthalt gestattet oder die Abschiebung ausgesetzt worden ist).

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