Ausländische Familienangehörige eines Deutschen, die im Wege der Familienzusammenführung in das Bundesgebiet einreisen, sind gegenüber anderen Ausländern privilegiert. Sie haben grundsätzlich ein uneingeschränktes Recht auf Einreise und Aufenthalt. Der Zuzugsanspruch ist nur zum Zwecke der Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft mit dem deutschen Familienangehörigen gewährleistet (§ 27 Abs. 1 AufenthG.

Der Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt auch hier voraus, dass die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 AufenthG, insbesondere die Sicherung des Lebensunterhaltes nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vorliegt. Dies gilt sowohl bei der erstmaligen Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis, als auch bei Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 28 Abs. 2 S. 1 AufenthG.

Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist dem ausländischen Familienangehörigen eines Deutschen im Sinne von § 28 Abs. 1 AufenthG in der Regel eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn er drei Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, die familiäre Lebensgemeinschaft mit dem Deutschen im Bundesgebiet fortbesteht, kein Ausweisungsgrund vorliegt und er sich auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann.

Das BVerwG führt in seinem U. v. 16.08.2011 – 1 C 12/10 –,AuAS 2012, 14 = InfAuslR 2012, 53 = ZAR 2012, 71 = NVwZ–RR 2012, 330) aus, dass ein Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 28 Abs. 2 Satz 1 AufenthG neben den dort genannten Voraussetzungen auch das Vorliegen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 AufenthG, insbesondere die Sicherung des Lebensunterhalts gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG, erfordert.

Zwar ergibt sich dies nicht aus dem Wortlaut des § 28 Abs. 2 Satz 1 AufenthG. Dieser greift vielmehr mit dem Tatbestandsmerkmal des Nichtvorliegens eines Ausweisungsgrundes ausdrücklich nur eine der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) auf, lässt alle anderen hingegen unerwähnt. Gesetzessystematik sowie Sinn und Zweck der Norm sprechen jedoch dafür, dass für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 28 Abs. 2 Satz 1 AufenthG auch das in § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG geregelte Erfordernis der Sicherung des Lebensunterhalts erfüllt sein muss.

Der Gesetzgeber hat nach der Konzeption des Aufenthaltsgesetzes die Fälle, in denen er von der Erfüllung bestimmter allgemeiner Erteilungsvoraussetzungen abweichen wollte, ausdrücklich im Wortlaut der jeweiligen Vorschrift kenntlich gemacht (beispielsweise in § 29 Abs. 4, § 30 Abs. 3, § 34 Abs. 1 und § 36 Abs. 1 AufenthG). Eine entsprechende Regelung hat er auch in § 28 Abs. 1 AufenthG für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an den Ehegatten eines Deutschen, das minderjährige ledige Kind eines Deutschen bzw. den Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge getroffen. Im Gegensatz dazu fehlt in § 28 Abs. 2 AufenthG für den Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis eine entsprechende Formulierung. Daraus folgt, dass neben den in § 28 Abs. 2 Satz 1 AufenthG genannten Tatbestandsmerkmalen die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 AufenthG – insbesondere die Regelerteilungsvoraussetzung der Sicherung des Lebensunterhalts gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG – erfüllt sein müssen (so auch OVG NW, B. v. 06.07.2006 – 18 E 1500/05 –, InfAuslR 2006, 407; OVG Bremen, B. v. 13.08.2009 – 1 S 223.09 –, InfAuslR 2010, 25; SächsOVG, B. v.03.02.2010 – 3 D 70.09 –, juris; OVG Berlin/BB, U. v. 22.02.2011 – 12 B 20.08 –, juris; Hailbronner, Ausländerrecht Kommentar, Stand: Februar 2008, § 28 AufenthG Rn. 27; Marx, in: GK–AufenthG, Stand: Mai 2008, § 28 Rn. 245; Huber, Aufenthaltsgesetz, § 28 Rn. 10 f.; Dienelt, in: Renner, Ausländerrecht Kommentar, 9. Aufl. § 28 AufenthG Rn. 20). Dem steht nicht entgegen, dass § 28 Abs. 2 Satz 1 AufenthG ausdrücklich das Fehlen eines Ausweisungsgrundes als Erteilungsvoraussetzung erwähnt, die anderen Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG jedoch unerwähnt lässt. Vielmehr wird durch diese Formulierung die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG verschärft, weil von einem Ausweisungsgrund auch bei einer atypischen Fallgestaltung nicht mehr abgesehen werden kann. Daraus kann nicht auf eine Absicht des Gesetzgebers geschlossen werden, er habe durch die Verschärfung einer Regelerteilungsvoraussetzung auf die Erfüllung der übrigen Regelerteilungsvoraussetzungen verzichten wollen. Für das Erfordernis der Sicherung des Lebensunterhalts als Voraussetzung für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 28 Abs. 2 Satz 1 AufenthG spricht auch die Bedeutung, die der Gesetzgeber der Unterhaltssicherung generell beimisst. Er sieht hierin eine Erteilungsvoraussetzung von grundlegendem staatlichen Interesse und zugleich die wichtigste Voraussetzung, um die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel zu verhindern (vgl. BVerwG, U. v. 30.04.2009 –1 C 3.08 –, Buchholz 402.242 § 5 AufenthG Nr. 5 Rn. 11). Angesichts dieser gesetzgeberischen Wertung kann nicht angenommen werden, dass von der Unterhaltssicherung bei Erteilung einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt nach § 28 Abs. 2 AufenthG abgesehen werden sollte. Der Gesetzgeber hat allerdings die Niederlassungserlaubnis bei familiärer Lebensgemeinschaft mit Deutschen insofern gegenüber einer solchen mit Ausländern privilegiert, als für die Unterhaltssicherung § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG und nicht § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG maßgeblich ist. Das hat zur Folge, dass für die Familienangehörigen Deutscher die Sicherung des Lebensunterhalts nur eine Regelerteilungsvoraussetzung darstellt und nicht wie für die Familienangehörigen von Ausländern eine zwingende Voraussetzung.

BVerwG, U. v. 16.08.2011 – 1 C 12/10 –,AuAS 2012, 14 = InfAuslR 2012, 53 = ZAR 2012, 71 = NVwZ–RR 2012, 330)

Nach der Rechtsprechung des BVerwG ist der Lebensunterhalt eines Ausländers im Sinne von § 2 Abs. 3 AufenthG nämlich nicht schon dann gesichert ist, wenn der Ausländer mit seinem Erwerbseinkommen seinen eigenen Bedarf decken könnte, er für seinen Ehepartner und seine Kinder aber auf Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II) angewiesen ist (vgl. BVerwG, U. v. 16.11. 2010 –1 C 21.09 –, BVerwGE 138, 148 = InfAuslR 2011, 182 = ZAR 2011, 233). Vielmehr sind für die Berechnung, ob ein Anspruch auf öffentliche Leistungen besteht, grundsätzlich die sozialrechtlichen Regelungen über die Bedarfsgemeinschaft nach § 9 Abs. 2 SGB II maßgeblich.

Aus der Verweisung des § 2 Abs. 3 Satz 1 AufenthG auf das Sozialrecht allgemein – und nicht nur für besondere Fallkonstellationen wie den Familiennachzug – ergibt sich, dass die Sicherung des Lebensunterhalts bei einem erwerbsfähigen Ausländer auch den Lebensunterhalt des mit ihm in familiärer Gemeinschaft lebenden Ehepartners und der unverheirateten Kinder bis zum 25. Lebensjahr umfasst (BVerwG, U. v. 16.11. 2010, a.a.O. Rn. 16). Zur Begründung hat das BVerwG maßgeblich auf Sinn und Zweck der Regelung abgestellt, die dazu dient, (neue) Belastungen für die öffentlichen Haushalte zu vermeiden.

BVerwG, U. v. 16.08.2011 – 1 C 12/10 –, AuAS 2012, 14 = InfAuslR 2012, 53 = ZAR 2012, 71 = NVwZ–RR 2012, 330)

§ 2 Abs. 3 Satz 2 AufenthG bestimmt zwar, dass bei der Prüfung der Fähigkeit zur eigenständigen Unterhaltssicherung (nur) das Kindergeld, der Kinderzuschlag und das Erziehungsgeld oder Elterngeld sowie Leistungen der Ausbildungsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch, dem Bundesausbildungsförderungsgesetz oder dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz und öffentliche Mittel außer Betracht bleiben, die auf Beitragsleistungen beruhen oder die gewährt werden, um den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen. Diese Bestimmung ist aber erkennbar nicht darauf gerichtet, eine Unterhaltssicherung bei Inanspruchnahme anderer als der genannten öffentlichen Leistungen von vorneherein, also ohne eine Prüfung am Maßstab der Bestimmungen des SGB II, zu verneinen. Vielmehr gestattet § 2 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nur, dass die dort genannten öffentlichen Leistungen bei der Einkommensermittlung nach § 11 Abs. 1 SGB II berücksichtigt werden dürfen, also der Annahme einer eigenständigen Unterhaltssicherung ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel ausnahmsweise nicht entgegen stehen. Die in § 2 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nicht genannten öffentlichen Mittel, wie hier das Wohngeld, sind bei der Einkommensermittlung hingegen nicht zu berücksichtigen, bleiben mithin auf das zur Unterhaltssicherung einzusetzende Einkommen des Ausländers ohne Einfluss.

NdsOVG U. v. 2003.2012– 8 L 277/10 –, juris

Für Aufenthaltstitel zum Zweck des Familiennachzugs hat das BVerwG in seinem Urteil vom gleichen Tag (U. v. 16.11.2010 –1 C 20.09 –, BVerwGE 138, 135 = AuAS 2011, 62 = InfAuslR 2011, 144–148) ausgeführt, dass sich auch aus der in § 2 Abs. 3 Satz 4 AufenthG getroffenen Regelung ergibt, dass bei der Sicherung des Lebensunterhalts auf den Gesamtbedarf der Kernfamilie des Ausländers abzustellen ist. Nach dieser Vorschrift werden bei der Erteilung und Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug "Beiträge der Familienangehörigen zum Haushaltseinkommen berücksichtigt". Die Verwendung des Begriffs "Haushaltseinkommen" macht deutlich, dass der Gesetzgeber insoweit von einer einheitlichen Betrachtung der häuslichen Familiengemeinschaft ausgeht. Ferner hat das BVerwG ausgeführt, dass nur das Abstellen auf die familiäre Bedarfsgemeinschaft der Lebenswirklichkeit gerecht wird. Es wäre lebensfremd, wenn man annähme, ein Ausländer, der Alleinverdiener ist, würde von seinem Einkommen zunächst seinen eigenen Bedarf decken und seiner Familie lediglich die verbleibenden Mittel zukommen lassen. Als wirklichkeitsfremd hat er daher die fiktive Berechnung angesehen, ob der einzelne Ausländer – für sich gesehen – seinen Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen bestreiten könnte (Urteil vom 16. November 2010 a.a.O. Rn. 19).

BVerwG, U. v. 16.08.2011 – 1 C 12/10 –,AuAS 2012, 14 = InfAuslR 2012, 53 = ZAR 2012, 71 = NVwZ–RR 2012, 330)

Mit der Frage, ob einem drittstaatsangehörigen Ehegatten eines Deutschen ein unionsbürgerliches Aufenthaltsrecht zusteht und ein Aufenthaltsanspruch aus §§ 27, 28 AufenthG nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG ausgeschlossen wird, hat sich das BVerwG in seinem Urteil vom 22.06.2011 (BVerwG, U. v. 22.06.2011 – 1 C 11/10, AuAS 2011, 206 = InfAuslR 2011, 369 = NVwZ 2012, 52) grundlegend auseinandergesetzt.

Die Anwendung des Aufenthaltsgesetzes ist danach nicht nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG ausgeschlossen, da die Rechtsstellung des Klägers in dem vom BVerwG entschiedenen Fall nicht von dem Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/EU – FreizügG/EU) erfasst wird. Nach § 1 FreizügG/EU regelt dieses Gesetz nur die Einreise und den Aufenthalt von Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union und ihren Familienangehörigen, nicht aber die Einreise und den Aufenthalt von Familienangehörigen deutscher Staatsangehöriger.

Auch die durch das Freizügigkeitsgesetz/EU umgesetzte Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 – sog. Unionsbürgerrichtlinie – gilt nach ihrem Art. 3 Abs. 1 ("Berechtigte") nur für Unionsbürger, die sich in einen anderen als den Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, begeben oder sich dort aufhalten, und deren Familienangehörige. Damit findet die Richtlinie keine Anwendung auf Unionsbürger, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit keinen Gebrauch gemacht haben und sich stets in dem Mitgliedstaat aufgehalten haben, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen. Folglich können deren Familienangehörige aus der Richtlinie kein abgeleitetes Aufenthaltsrecht herleiten (EuGH, U. v. 05.05 2011 – Rs. C–434/09, McCarthy – Rn. 31 ff.).

Familienangehörige von Deutschen unterfallen nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union allerdings dann den aus dem Freizügigkeitsrecht abgeleiteten unionsrechtlichen Nachzugsregelungen, wenn es sich um sog. Rückkehrerfälle handelt (EuGH, U. v.07.07.1992 – Rs. C–370/90, Singh – InfAuslR 1992, 341 und v. 11.12.007 – Rs. C–291/05, Eind – InfAuslR 2008, 114). Dies setzt aber voraus, dass der deutsche Ehegatte in so nachhaltiger Weise von seiner Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat, dass die praktische Wirksamkeit seines Freizügigkeitsrechts als Unionsbürger es erfordert, seinem Ehepartner einen unionsrechtlichen Nachzugsanspruch zuzubilligen (vgl. U. v.16.11.2010 –1 C 17.09 – ,BVerwGE 138, 122 =NVwZ 2011, 495 = InfAuslR 2011, 186 = ZAR 2011, 195).

BVerwG, U. v. 22.06.2011 – 1 C 11/10, AuAS 2011, 206 = InfAuslR 2011, 369 = NVwZ 2012, 52.

Ob bei Bestehen eines solchen unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts des drittstaatsangehörigen Ehegatten eines Deutschen die Regelungen des Freizügigkeitsgesetzes/EU in unionsrechtskonformer Auslegung entsprechend anzuwenden sind oder ob eine unionsrechtskonforme Handhabung durch unmittelbaren Rückgriff auf das Unionsrecht sicherzustellen ist (zum Meinungsstand vgl. U. v. 16.11.2010 a.a.O. Rn. 10), bedurfte nach der Rspr. des BVerwG im vorliegenden Fall keiner abschließenden Klärung. Denn in diesem vom BVerwG entschiedenen Verfahren lagen die Voraussetzungen eines sog. Rückkehrerfalles im Sinne der Rechtsprechung des EuGH (vgl. EuGH, U. v.05.05.2011 – Rs. C–434/09, McCarthy – und v.0 8.03 2011 – Rs. C–34/09, Zambrano – EuGRZ 2011, 142). nicht vor. Denn nach der Rechtsprechung des EuGH setzt die Anwendung der in den sog. Rückkehrerfällen entwickelten Grundsätze nicht mehr notwendig ein Gebrauchmachen des Unionsbürgers von den wirtschaftlichen Grundfreiheiten voraus (zum wirtschaftlichen Freizügigkeitsrecht durch Erbringung von Dienstleistungen vgl. EuGH, U. v. 11.2002 – Rs. C–60/00, Carpenter – Slg. 2002, I–6279). Vielmehr kann auch ein Gebrauchmachen von dem allgemeinen mit der Unionsbürgerschaft verbundenen Freizügigkeitsrecht nach Art. 21 Abs. 1 AEUV geeignet sein, die Anwendbarkeit der unionsrechtlichen Familiennachzugsregeln zu begründen (vgl. EuGH, U. v. 19.10.2004 – Rs. C–200/02, Zhu und Chen – InfAuslR 2004, 413 Rn. 34 ff.). Dennoch genügt, wie die vom Gerichtshof entschiedenen Fälle zeigen, nicht jede auch noch so geringfügige Ausübung des Freizügigkeitsrechts durch den Unionsbürger. Vielmehr ist für eine "Mitnahme" des Freizügigkeitsstatus in den Heimatstaat und eine entsprechende Begünstigung des drittstaatsangehörigen Ehegatten erforderlich, dass der Unionsbürger mit einer gewissen Nachhaltigkeit von seiner Freizügigkeit Gebrauch macht (BVerwG, Urteil v.1611.2010 a.a.O. Rn. 12 m.w.N.).

BVerwG, U. v. 22.06.2011 – 1 C 11/10, AuAS 2011, 206 = InfAuslR 2011, 369 = NVwZ 2012, 52.

Für die Erteilung eines Aufenthaltstitels zum Ehegattennachzug kommt es entscheidend darauf an, dass eine eheliche Lebensgemeinschaft hergestellt werden soll, d.h. keine Scheinehe vorliegt.

In diesem Zusammenhang sind die Behörden und Gerichte bei berechtigtem Anlass zur Prüfung befugt, ob der Wille der Ehepartner, die Ehe im Bundesgebiet zu führen, nur vorgeschützt ist. Diese Nachprüfung darf freilich nur unter Wahrung der Verfassungsgebote geschehen, die Menschenwürde und die Intimsphäre der Betroffenen zu achten und zu schützen (vgl.BVerwG, U. v. 30.03 2010 – 1 C7.09 –, BVerwGE 136, 222,. Rn. 16 m.w.N.). In diesem Rahmen ist sie auch mit Art. 12 EMRK – dem Recht auf Eheschließung – zu vereinbaren (vgl. EGMR, Urteil vom 14. Dezember 2010 – Nr. 34.848/07, O'Donoghue u.a. – NLMR 2010, 363).

Für die innere Tatsache, eine eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet führen zu wollen, trägt der Ausländer die materielle Beweislast, denn der Herstellungswille gehört beim Familiennachzug zu den für den Ausländer günstigen Tatsachen. Verbleiben hier nach Ausschöpfung der zugänglichen Beweisquellen auch bei nur einem Ehepartner Zweifel, trägt der Ausländer die Last des non liquet (vgl. BVerwG, U. v. 30.03.2010, a.a.O. Rn. 17 f. m.w.N.).

An dieser Beweislastverteilung hat sich durch die Einfügung des § 27 Abs. 1a Nr. 1 AufenthG nichts geändert. Danach wird ein Familiennachzug nicht zugelassen, wenn feststeht, dass die Ehe ausschließlich zu dem Zweck geschlossen wurde, dem Nachziehenden die Einreise in das und den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen. Mit diesem durch das Richtlinienumsetzungsgesetz in das Aufenthaltsgesetz neu eingefügten Ausschlusstatbestand hat der Gesetzgeber Art. 16 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 – sog. Familienzusammenführungsrichtlinie – nahezu wortgleich umgesetzt. Daneben können die Mitgliedstaaten gemäß Art. 16 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie den Antrag auf Einreise zum Zweck der Familienzusammenführung u.a. dann ablehnen, wenn zwischen dem Zusammenführenden und dem Familienangehörigen keine tatsächlichen ehelichen oder familiären Bindungen (mehr) bestehen. Von dieser Ermächtigung hat der nationale Gesetzgeber durch den – nicht nur in den von der Familienzusammenführungsrichtlinie erfassten Fällen des Nachzugs zu einem Drittstaatsangehörigen (vgl. Art. 1 der Richtlinie) zu beachtenden – Grundtatbestand des Familiennachzugs in § 27 Abs. 1 AufenthG Gebrauch gemacht. Aus der Entstehungsgeschichte der Familienzusammenführungsrichtlinie ergibt sich, dass der Versagungstatbestand in Art. 16 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie die Regelung in Art. 16 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie nicht verdrängen, sondern lediglich ergänzen soll. Unionsrechtlich ist es daher nicht ausgeschlossen, auch bei mangelnder Erweislichkeit einer Schein– oder Zweckehe eine Familienzusammenführung abzulehnen, wenn keine tatsächlichen ehelichen Bindungen bestehen oder ein entsprechender Wille nicht bei beiden Eheleuten feststellbar ist (vgl.BVerwG, U. v. 30.2010 a.a.O. Rn. 14 m.w.N.). Auch der deutsche Gesetzgeber hat anlässlich der Umsetzung der Familienzusammenführungsrichtlinie den Versagungsgrund des § 27 Abs. 1a Nr. 1 AufenthG in das Aufenthaltsgesetz nur aufgenommen, um durch die ausdrückliche Normierung dem Missbrauch eines Aufenthaltsrechts entgegenzuwirken und den Anreiz zur Schließung von Scheinehen zu nehmen (BTDrucks 16/5065 S. 3 und 152). Die Vorschrift sollte mit ihrer Signalwirkung hingegen keinesfalls die bisher bestehende Beweislastverteilung verändern, um nicht das gesetzgeberische Anliegen ins Gegenteil zu verkehren (BTDrucks 16/5498 S. 4 f.). Folglich ist § 27 Abs. 1a Nr. 1 AufenthG nicht als abschließende Regelung zu verstehen. Bei Nichterweislichkeit einer Schein– oder Zweckehe verdrängt die Vorschrift daher nicht den Grundtatbestand des § 27 Abs. 1 AufenthG. Auch ändert sie nichts an der materiellen Beweislast des Ausländers für die Absicht der Eheleute, im Bundesgebiet eine eheliche Lebensgemeinschaft herzustellen (vgl.BVerwG, U. v. 30.03.2010 a.a.O. Rn. 18 f.).

BVerwG, U. v. 22.06.2011 – 1 C 11/10, AuAS 2011, 206 = InfAuslR 2011, 369 = NVwZ 2012, 52.

Auf die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft finden die Grundsätze des Familiennachzugs nach §§ 27, 28 AufentgG gleichermaßen Anwendung.

Die Einreise zur förmlichen Begründung einer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft mit anschließender Herstellung der lebenspartnerschaftlichen Gemeinschaft im Bundesgebiet kommt grundsätzlich als „begründeter Fall" im Sinne § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG in Betracht, weil für diesen „kombinierten" Aufenthaltszweck nach den oben stehenden Ausführungen keine andere Rechtsgrundlage im Aufenthaltsgesetz zur Verfügung steht, müssen im Rahmen dieses Tatbestandsmerkmals, bei dem es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, der gerichtlich voll überprüfbar ist (vgl. BVerwG, U. v. 26.10.2010 – 1 C 16.09 –, BVerwGE 138, 77, 80, Rn. 11), die Voraussetzungen des Nachzugsanspruchs erfüllt sein. Denn dem ausländischen Lebenspartner eines Deutschen wird gemäß § 27 Abs. 2 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG die Aufenthaltserlaubnis für die „Herstellung und Wahrung einer lebenspartnerschaftlichen Gemeinschaft im Bundesgebiet" erteilt. Sowohl aus der Entstehungsgeschichte als auch dem Wortlaut – die Formulierung geht auf einen Änderungsvorschlag des Bundesrats zurück und ersetzt die ursprünglich vorgesehene Formulierung „Lebenspartnerschaft" – ergibt sich, dass nicht die formal bestehende eingetragene Lebenspartnerschaft sondern die tatsächlich bestehende und gelebte lebenspartnerschaftliche Gemeinschaft geschützt wird. Insofern gelten dieselben Grundsätze und Ausnahmen wie bei der ehelichen Lebensgemeinschaft (vgl. Hailbronner, AuslR, Stand: September 2011, § 27 AufenthG Rn. 67; Marx, in: GK–AufenthG, Stand Oktober 2011, § 27 Rn. 246; Zeitler, HTK–AuslR / § 27 AufenthG / zu Abs. 2 11/2004 Nr. 2).

Für die eheliche Lebensgemeinschaft ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass allein das formale Band der Ehe nicht ausreicht, um aufenthaltsrechtliche Wirkungen zugunsten des ausländischen Ehegatten abzuleiten. Erst der Wille zur Herstellung bzw. Fortführung der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet löst den Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG aus. Dieser Wille muss bei beiden Eheleuten bestehen (vgl. BVerwG, U. v. 30.03.2010 – 1 C 7.09 –, BVerwGE 136, 222, 228 ff., und v. 22.06.2011 – 1 C 11.10 –, juris Rn. 14 ff.). Diese Grundsätze finden für die lebenspartnerschaftliche Gemeinschaft im Sinne der Vorschrift des § 27 Abs. 2 AufenthG, die zwar nicht in den Schutzbereich von Art. 6 Abs. 1 GG fällt, aber ím Rahmen von Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG und durch Art. 8 Abs. 1 EMRK, hinsichtlich des Anspruchs auf Achtung des Privatlebens geschützt ist (vgl. Hailbronner, AuslR, Stand: September 2011, § 7 AufenthG Rn. 20), entsprechende Anwendung (vgl. Hailbronner, a.a.O., § 27 AufenthG Rn. 67; Marx, in: GK–AufenthG, Stand Oktober 2011, § 27 Rn. 247).

OVG Berlin/BB, U. 10.11.2011 – OVG 2 B 11.10 –, juris

Für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 28 Abs. 2 i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 und § 2 Abs. 3 Satz 1 AufenthG reicht es aus, wenn der die Niederlassungserlaubnis begehrende Ausländer seinen eigenen Lebensunterhalt sichern kann.

Der Gesetzgeber hat überall dort, wo von den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen eines Aufenthaltstitels abgewichen wird, dies ausdrücklich im Wortlaut der jeweiligen Vorschrift kenntlich gemacht (beispielsweise in § 29 Abs. 4, § 30 Abs. 3 und § 34 Abs. 1 AufenthG). Dementsprechend ist auch die dem ausländischen Angehörigen eines Deutschen i. S. des § 28 Abs. 1 AufenthG zustehende Aufenthaltserlaubnis grundsätzlich unabhängig von den Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG zu erteilen (vgl. dazu: § 28 Abs. 1 Satz 2 bis 4 AufenthG). Im Gegensatz dazu enthält § 28 Abs. 2 AufenthG für den Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis eine entsprechende Formulierung nicht. Daraus folgt, dass neben den in § 28 Abs. 2 Satz 1 AufenthG genannten Tatbestandsmerkmalen die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 AufenthG – insbesondere die Sicherung des Lebensunterhalts gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG – erfüllt sein müssen

HessVGH, B. v. 23.06.2010 – 6 A 140/10 ESVGH 61, 31=ZAR 2010, 327 = DVBl 2010, 1181 = InfAuslR 2010, 426

Der HessVGH vertritt die Auffassung, dass es für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 28 Abs. 2 i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 und § 2 Abs. 3 Satz 1 AufenthG ausreicht, wenn der die Niederlassungserlaubnis begehrende Ausländer seinen eigenen Lebensunterhalt sichern kann.

Die Frage, ob sich die Sicherung des Lebensunterhalts auf die familiäre Bedarfsgemeinschaft erstreckt oder allein auf den einen Aufenthaltstitel begehrenden Ausländer bezieht, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten (vgl. dazu: BVerfG, . v.11.05.2007 – 2 BvR 2483/06 –, InfAuslR 2007, 336 mit weiteren Nachweisen zum Streitstand). Die zwischenzeitlich in Kraft gesetzten Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Aufenthaltsgesetz (BR–Drs. 669/09) deuten darauf hin, dass die Sicherung des Lebensunterhalts der unterhaltsberechtigten Familienangehörigen grundsätzlich Bestandteil der eigenen Lebensunterhaltssicherung sein soll (vgl. Nr. 2.3., insbesondere 2.3.2). Dagegen ist der 9. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs im Urteil vom 14. Dezember 2009 (9 A 1733/09) von diesem Grundsatz abgerückt und zu der Einschätzung gelangt, dass für die Frage der Sicherung des Lebensunterhalts als Voraussetzung für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 i. V. m. § 9 Abs. 2 AufenthG keine Gesamtbetrachtung der Familiengemeinschaft zu erfolgen hat, sondern der jeweilige Antragsteller isoliert zu betrachten ist (im Ergebnis ebenso: OVG Saarland, U. v. 24.09.2009 – 2 A 287/08 –,juris). Die Vorschrift des § 9 Abs. 2 AufenthG findet zwar mit Blick auf die Spezialregelung in § 28 Abs. 2 Satz 1 AufenthG keine Anwendung (OVG NW, B. v. 06.07.2006 –18 E 1500/05 –, InfAuslR 2006, 407, m.w.N.). Der Wortlaut des § 2 Abs. 3 Satz 1 AufenthG deutet allerdings ebenso wie derjenige des § 9 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG zunächst darauf hin, dass es nur der Sicherung des eigenen Lebensunterhalts des nachziehenden Ausländers bedarf (so ausdrücklich: OVG Berlin/BB, Urteil vom 27.08.2009 – OVG 11 B 1.09 –, InfAuslR 2009, 448).

HessVGH, B. v. 23.06.2010 – 6 A 140/10 ESVGH 61, 31=ZAR 2010, 327 = DVBl 2010, 1181 = InfAuslR 2010, 426

Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug nach §§ 27, 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG setzt des Weiteren voraus, dass der Ausländer die nach § 28 Abs. 1 Satz 5, § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG erforderlichen deutschen Sprachkenntnisse nachgewiesen hat. Insoweit wird auf die Kommentierung zu § 30 AufenthG verwiesen.