1.4 Studienaufenthalt – europäisches Mobilitätsrecht

Auf der Grundlage der sog. Studentenrichtlinie (RL 2004/114/EG) vom 13.12.2004 gewährt § 16 Abs. 6 AufenthG Drittstaatsangehörigen, welche bereits in einem anderen EU-Mitgliedstaat zum Studium zugelassen worden sind, einen Anspruch auf Einreise und Aufenthalt in Deutschland von mehr als drei Monaten zur Fortführung bereits begonnener Studien und zur Ergänzung durch verwandte Studien.

Bei den Antragstellern muss es sich um Studenten i. S. d. Art. 2 lit. b Studentenrichtlinie handeln, d.h. Drittstaatsange­hörige, die von einer höheren Bildungseinrichtung angenommen und im Hoheitsgebiet eines EU-Mitgliedstaates (mit Ausnahme Großbritanniens, Irlands und Dänemarks, die die Studentenrichtlinie nicht umgesetzt haben) zugelassen worden sind, um als Haupttätigkeit ein Vollzeitstudienprogramm zu absolvieren, das zu einem von dem Mitgliedstaat anerkannten höheren Abschluss wie ein Diplom, Zertifikat (Bachelor, Master, Staatsexamen) oder Doktorgrad von höheren Bildungseinrichtungen führt, einschließlich Vorbereitungskursen für diese Studien gemäß nationalem Recht.

§ 16 Abs. 6 AufenthG unterscheidet zwei Gruppen von Aufenthaltsberechtigten im Rahmen der Mobilitätsregelungen:

Antragsteller, die einen Teil ihres Studiums an einer Ausbildungseinrichtung in Deutschland durchführen möchten, weil sie im Rahmen ihres Studienprogramms im ersten EU-Mitgliedstaat verpflichtet sind, einen Teil ihres Studiums an einer Bildungseinrichtung eines anderen EU-Mitgliedstaats durchzuführen (Art. 8 Abs. 2 Studentenrichtlinie), integrierte internationale Studiengänge).In diesem Fall sind weder die allgemeinen Regelerteilungsvoraussetzungen nach § 5 AufenthG noch die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 AufenthG zu erfüllen, da nach der Studentenrichtlinie die in Art. 8 Abs. 1 genannten Voraussetzungen nicht gelten. Mit der neuen Studentenrichtlinie vom 11.05.2016 (RL 2016/801/EU) entfällt diese Privilegierung. Der Art. 7 Abs. 1 lit. e RL 2016/801/EU sieht zwingende Lebensunterhaltssicherung vor.

Antragsteller, die einen Teil eines von ihnen in dem ersten EU-Mitgliedstaat bereits begonnenen Studiums im Bundesgebiet fortführen oder durch ein Studium in Deutschland ergänzen möchten und a) an einem Austauschprogramm zwischen den EU-Mitgliedstaaten oder an einem Austauschprogramm der Europäischen Union teilnehmen (Art. 8 Abs. 1 lit. c, 1. Alt. Studentenrichtlinie), oder b) in dem ersten EU-Mitgliedstaat für die Dauer von mindestens zwei Jahren zum Studium zugelassen worden sind, d.h. im Besitz eines dortigen Aufenthaltstitels zu Studienzwecken mit mindestens zweijähriger Gültigkeitsdauer sind (Art. 8 Abs. 1 lit. c, 2. Alt. Studentenrichtlinie). In diesem Fall sind sowohl die allgemeinen Regelerteilungsvoraussetzungen nach § 5 AufenthG als auch die Voraussetzungen für einen Studienaufenthalt nach § 16 Abs. 1 AufenthG zu erfüllen. Für die Lebensunterhaltssicherung gilt § 2 Abs. 3 Satz 5 AufenthG.

Der Anspruch besteht unter den vorgenannten Voraussetzungen auch dann, wenn noch keine konkrete Zulassung zu einem Studienplatz in Deutschland erfolgt ist, der Antragsteller somit zunächst zur Studienbewerbung einreisen möchte.

Die Durchführung eines Visumverfahrens gegenüber (visumpflichtigen) Drittstaatsangehörigen ist auch bei der Mobilitätsausübung im Sinne der Studentenrichtlinie zulässig (vgl. Erwägungsgrund 17 und Art. 19 Studentenrichtlinie). Antragsteller, die aufgrund ihres studienbezogenen längeren Voraufenthaltes im ersten EU-Mitgliedstaat über einen dort ausgestellten Aufenthaltstitel verfügen, welcher zur visumfreien Einreise innerhalb des Schengen-Gebiets nach Art. 21 SDÜ berechtigt, können grundsätzlich gemäß § 39 Abs. 6 AufenthV den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16 Abs. 6 AufenthG im Inland stellen. Voraussetzung für eine unmittelbare Antragstellung bei der Ausländerbehörde nach § 39 Abs. 6 AufenthV ist die Erfüllung aller Voraussetzungen des Mobilitätsanspruchs nach § 16 Abs. 6 AufenthG, da nur dann ein Rechtsanspruch „wird“ vorliegt.

In den Fällen des § 34 Satz 1 Nr. 3 AufenthV ist die Zustimmung der Ausländerbehörde nicht erforderlich. Dies gilt auch für den mit-oder nacheinreisenden Ehegatten oder Lebenspartner, wenn die Ehe oder Lebenspartnerschaft bereits bei der Einreise in das Bundesgebiet bestand, sowie für die minderjährigen ledigen Kinder, § 34 Satz 3 AufenthV.

Das Studium muss von einer deutschen Wissenschafts-oder Mittlerorganisation (z.B. DAAD, AvH) oder einer deutschen öffentlichen Stelle vermittelt worden sein, die Stipendien auch aus öffentlichen Mitteln vergeben. Der Antragsteller muss ein Stipendium aus öffentlichen Mitteln oder aufgrund eines auch für öffentliche Mittel verwendeten Vergabeverfahrens erhalten. Zum von § 34 Nr. 3 AufenthV umfassten Personenkreis zählen auch ERASMUS-Stipendiaten (da die Stipendien in Deutschland vom DAAD vergeben werden), sowie Studenten, die zwar kein Stipendium aus deutschen öffentlichen Mitteln, aber ein Stipendium während ihres Aufenthalts in Deutschland, erhalten, sofern sie das Stipendium auf Grund eines auch für öffentliche Mittel verwendeten Vergabeverfahrens erhalten.