I. Entstehungsgeschichte

II. Allgemeines

III. Passpflicht

IV. Ausländische und deutsche Passersatzpapiere

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I. Entstehungsgeschichte

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Die Vorschrift entsprach in vollem Umfang dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 07.02.2003 (Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Zuwanderungsgesetz - BT-Drucks. 15/420 v. 07.02.2003).

iconGesetzentwurf der Bundesregierung zum Zuwanderungsgesetz - BT-Drucks. 15/420 v. 07.02.2003 (911.04 kB)

Abs. 1 wurde mit dem Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union (so genanntes Richtlinienumsetzungsgesetz) vom 19.08.2007 um den Satz 2 ergänzt, der lediglich klarstellenden Charakter hat.

iconGesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union (8.14 MB)

II. Allgemeines

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Die Passpflicht ist vor der Verpflichtung über einen Aufenthaltstitel, zu verfügen wohl die grundlegendste Pflicht im Ausländerrecht (s.a. Wenger in: Storr/Wenger/Eberle/Albrecht/Harms, Kommentar zum Zuwanderungsrecht, 2. Aufl. § 3 Rn 3), was auch an der Stellung im Normengefüge mit „§ 3“ deutlich wird. Die Bedeutung wird zudem durch Art. 5 Abs. 1 a SGK als erstrangige Einreisevoraussetzung unterstrichen. Die Passpflicht ist völkergewohnheitsrechtlich verankert und gibt dem ausstellenden Gebietsstaat die Möglichkeit für sein Staatsvolk die Personalhoheit auszuüben. Damit kann zugleich die Zuordnung der Passinhaber zum Staat erfolgen, so dass völkerrechtswidrige Beeinträchtigungen bei mangelnder Zurechenbarkeit abgewehrt werden können. Der Pass ist ein Identitäts- und Grenzübertrittsdokument, das durch den Staat in erster Linie eigenen Staatsangehörigen ausgestellt wird. Jedoch können auch fremden Staatsangehörigen oder Staatenlosen Pässe ausgestellt werden (Fremdenpässe). Falls der Pass keine dahingehenden Einschränkungen enthält, berechtigt er zur Ausreise und zur Rückkehr. Zugleich erklärt der ausstellende Staat nach allgemeiner Auffassung mit der Passausgabe seine Bereitschaft zur Gewährung diplomatischen und konsularischen Schutzes und zur Rückübernahme des Inhabers jedenfalls während der Gültigkeit des Passes. Pässe (lat. passus = Durchgang) waren ursprünglich Geleitbriefe im Mittelalter, die den Inhaber dem Schutz und der wohlwollenden Behandlung der Behörden empfahlen. Erst in der weiteren Entwicklung zur Zeiten des dreißigjährigen Krieges erlangte der Pass zunehmend die Bedeutung als Kontroll- und Steuerungselement im Bereich des Aufenthaltes sowie später als Reiseerlaubnisschein und qualifiziertes Identitätsdokument (ausführlich Jansen, ZAR 1998, 70). Im deutschen Raum wurde der Pass erst Anfang des 19. Jahrhunderts aus sicherheitspolitischen Erwägungen im Rahmen des Passzwangs eingeführt (z. B. Allgemeines Passreglement für gesamte Königlich-Preußische Staaten vom 20.03.1813).

Der Pass muss gültig und anerkannt (dazu Rn 5) sein.

Der notwendige Inhalt eines Passes ist nicht näher bestimmt, sondern ergibt sich aus dessen Zweck und der allgemeinen Staatenpraxis (Jansen, a.a.O.; Maor, ZAR 2005, 222.).

Daher muss der Pass zumindest die folgenden Angaben enthalten:

  • Namen und Vornamen;
  • Tag und Ort der Geburt;
  • Staatsangehörigkeit;
  • Lichtbild und
  • Unterschrift des Inhabers;
  • Geltungsbereich und -dauer;
  • ausstellende Behörde.

Weitere Vorgaben erfolgen nach Maßgabe der VO (EG) Nr 444/2009 v 28.05.2009 zur Änderung der VO (EG) Nr 2252/2004 über Normen für Sicherheitsmerkmale und biometrische Daten in von den Mitgliedstaaten ausgestellten Pässen und Reisedokumenten (EG-Passverordnung).

icon VO (EG) Nr. 2252/2004 Sicherheitsmerkmale in Pässen - konsolidierte Fassung -

Diese Verordnung begründet die allgemeine Pflicht zur Abgabe von Fingerabdrücken, die auf einem kontaktlosen Chip im Pass oder Reisedokument gespeichert werden. Weiterhin sind als ergänzende Sicherheitsmaßnahme u zur Gewährleistung eines zusätzlichen Kinderschutzes wird außerdem der Grundsatz „eine Person — ein Pass“ eingeführt. Mit Hilfe dieses Grundsatzes, der auch von der Internationalen Luftfahrtorganisation (ICAO) empfohlen wird, kann die eindeutige Zuordnung zwischen Pass und biometrischen Daten und dem Passinhaber gewährleistet werden . Aufgrund dieser Vorgabe ergibt sich im deutschen Passrecht ab 26. Juni 2012 die Änderung, dass Kindereinträge im Reisepass der Eltern ungültig sind und dass das Kind nicht mehr zum Grenzübertritt berechtigt ist. Somit müssen ab diesem Tag alle Kinder (ab Geburt) bei Reisen ins Ausland über ein eigenes Reisedokument verfügen. Für die Eltern als Passinhaber bleibt das Dokument dagegen uneingeschränkt gültig.

Pässe werden als Nationalpässe:

  • Reisepässe (für Jedermann) oder als
  • Dienstliche Pässe (Diplomaten-, Ministerial- oder Dienstpass; Spezialpässe)

sowie als Fremdenpässe erteilt.

In der Bundesrepublik Deutschland werden seit 1990 keine Fremdenpässe mehr ausgestellt. Als Ersatz wird der Reiseausweis für Ausländer (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 1 bis § 11 AufenthV) – vormals Reisedokument – erteilt.

Schein- oder Pseudopässe sind als „Pass“ bezeichnete Papiere von privaten Organisationen oder Phantasiestaaten. Das Vorzeigen eines Schein- oder Pseudopasses erfüllt grds. nicht den Tatbestand der Urkundenfälschung.

In der Praxis beispielsweise bekannt gewordene Schein- oder Pseudopässe:

  • „World Service Authority“
  • „Ausweispapiere nordamerikanischer Indianer“
  • „Aztekisches Kaiserreich“
  • „Corolingian Berician States and Dynasty“
  • „Principality of Sealand“
  • „Republik Maluku Selata (Südmolukken)“
  • „Republik of Khalistan“
  • „Republic of Koneuwe“
  • „Romano Lill“
  • „Sovereign Order of the Hospitallers of Saint John of Jerusalem – Knights of Malta“
  • „Service d`Information Code Diplomatique & Consultaire“
  • „Principality of Sealand“

Statt eines Passes können Passersatzpapiere ausgestellt werden. Diese brauchen nicht alle genannten Angaben zu enthalten; sie müssen aber den Inhaber genau bezeichnen und zumindest zum Grenzübertritt berechtigen. Ein Passersatz kann seine Funktion nicht erfüllen, wenn der ausstellende Staat den Inhaber nicht als eigenen Staatsangehörigen anerkennt. Zur Anerkennung ausländischer Passersatzpapiere und zur Ausstellung deutscher Passersatzpapiere für Ausländer vgl. §§ 2 ff AufenthV.

Lediglich mit einem Ausweisersatz genügt der Ausländer gemäß § 48 Abs. 2 AufenthG – im Inland, aber nicht beim Grenzübertritt – seiner Passpflicht durch Besitz eines Ausweisersatzes (§ 3 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 2 AufenthG).

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Der Pass unterliegt nach geltendem und anerkanntem Völkergewohnheitsrecht der Passhoheit des ausstellenden Staats. Ein fremder Nationalpass darf daher grundsätzlich nicht eingezogen oder sonst auf Dauer einbehalten werden.

Unzulässig sind:

  • Einziehung gem. § 74 Abs. 2 Nr. 2 StGB bzw. 282 StGB
  • Vollstreckungssichernde Beschlagnahme gem. §§ 111 b ff StPO.

Eine vorübergehende Einbehaltung ist dagegen zulässig, wenn sie dem Zweck dient, die Ausreiseverpflichtung des Ausländers durchsetzen und überwachen zu können oder eine Haftverschonung abzusichern (vgl. § 48 Abs. 1, § 50 Abs. 6 AufenthG); OLG Saarbrücken, B. v. 12.9.1977 – Ws 345/77 – NJW 1978, 2460. Die Hinterlegung bei Asylbewerbern ist auch völkerrechtlich unbedenklich. Dasselbe gilt zugunsten von durch ausländische Staaten ausgestellten Passersatzpapieren.

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Mit der Angabe der Staatsangehörigkeit erklärt der ausstellende Staat völkerrechtlich verbindlich, dass der Inhaber sein Staatsagehöriger ist. Damit steht der Pass zwar hinsichtlich des tatsächlichen Bestehens der Staatsangehörigkeit nicht dem Staatsangehörigen-Ausweis (vgl. Nr. 9 StAR-VwV i.V.m. StUrkV; Hailbronner/Renner, § 39 StAG Rn 7) gleich. Deutsche Behörden haben die Eintragungen in dem Pass aber zunächst als verbindlich und damit als zutreffend hinzunehmen und eigene Identitätsüberprüfungen zu unterlassen. Unberührt bleibt ihre Befugnis zur Prüfung der Echtheit des Passes und bei triftigem Anlass auch der Richtigkeit der Eintragungen selbst. Eintragungen in den Pass sind grds. Rechtseingriffe in das autonome Recht des Ausstellers. Diese sind aber nach den Gepflogenheiten im Rechtsverkehr völkerrechtlich zu dulden, soweit diese erforderlich und üblich sind. Insbesondere soweit sie zur Dokumentation des Aufenthaltsrechts notwendig sind und den Inhaber bei einer Rückkehr in den Heimatstaat oder sonst nicht gefährden. Unbedenklich sind daher Einreisestempel, Zurückweisungsstempel, das Einkleben von Visumetiketten sowie das Anbringen von Vermerken über Auflagen und Bedingungen. Weitergehende Eintragungen sind über eine gesetzliche Ermächtigung (vgl. § 99 Abs. 1 Nr. 10 AufenthG, § 56 Abs. 1 Nr. 7, 8 AufenthV; § 71 Abs. 3 Nr. 8 AufenthG, Art. 10, 11 SGK) möglich. Deutsche Behörden dürfen Eintragungen in ausländischen Pässen und Passersatzpapieren nur nach Maßgabe einer Ermächtigung durch die ausstellende Behörde ändern oder löschen. Im Pass oder Passersatz eines Ausländers dürfen keine Eintragungen vorgenommen werden, die erkennen lassen, dass er seine Anerkennung als Asylberechtigter oder die Feststellung nach § 60 Absatz 1 begehrt. Des Weiteren darf die Beantragung eines Aufenthaltstitels nicht im Pass oder Passersatz vermerkt werden, da damit nicht eine behördliche Maßnahme oder Entscheidung dokumentiert wird. Daher wird dem Asylbewerber eine Aufenthaltsgestattung ausgestellt und werden Fiktionsbescheinigungen (§ 81 Abs. 5 AufenthG) auf einem eigenen Vordruck angebracht. Nach Maßgabe des § 4 Abs. 6 AufenthV ist zulässig, in deutschen Passersatzpapieren einen Hinweis anzubringen, dass die Personalangaben auf den eigenen Angaben des Ausländers beruhen (Nr. 3.1.10 AVwV-AufenthG). Die Vermerke müssen den Aussteller erkennen lassen (§ 44 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG; VGH BW, B. v. 27.01.1992 – 1 S 2993/91 = NVwZ-RR 1992, 438 L).

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Der souveränen Entscheidung eines jedes Staates obliegt es grundsätzlich, ob er die von einem anderen Staat ausgestellten Pässe oder Passersatzpapiere anerkennt oder nicht. Besondere völkervertragliche Bindungen, z.B. die nach der GFK sind zu beachten. Üblicherweise müssen Fremdenpässe, um anerkannt zu werden, eine gesonderte Rückkehrberechtigung enthalten (Nrn. 3.3.4.3, 3.3.9.2 AVwV-AufenthG).
Die Zuständigkeit für die Anerkennung eines Passes (§ 3 Abs. 1 AufenthG) in der Bundesrepublik Deutschland liegt beim BMI im Benehmen mit dem Auswärtigen Amt und erfolgt durch Bekanntgabe im Bundesanzeiger (vgl. § 71 Abs. 6 AufenthG). Rechtlich maßgebend ist allein die im Bundesanzeiger veröffentlichte Entscheidung (§ 43 Abs. 1 Satz 2 VwVfG).

iconAllgemeinverfügung für die Anerkennung ausländischer Pässe vom 18.02.2005 (1.3 MB)

Bei den so genannten Proxy-Pässen (by proxy = in Abwesenheit) handelt es sich um Pässe mit maschinenlesbarer Personalseite, die in Abwesenheit des späteren Passinhabers von offiziellen Behörden des Ausstellerstaates ausgestellt werden. Einige Ausstellerstaaten, so auch die Bundesrepublik Deutschland erklären Proxy-Pässe für ungültig, weil das persönliche Erscheinen des Antragstellers und die eigenhändige Unterschrift vor dem Passbeamten erforderlich sind. Somit sind diese Pässe für den Grenzübertritt und Aufenthalt in Deutschland nicht als ausreichend anerkannt. Proxy-Pässe folgender Staaten werden derzeit nicht anerkannt (s. Allgemeinverfügung):

  • Angola
  • Ghana
  • Republik Nigeria
  • Jemen

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Der Passbesitz als objektive Voraussetzung einer legalen Einreise und eines legalen Aufenthalts ist von der Ausweispflicht als einem Mittel des Identitätsnachweises und der Passmitführungspflicht sowie der Passvorlagepflicht zu unterscheiden (Näher Jansen, a.a.O.; Maor, a.a.O.). Der Besitz eines gültigen Passes ist sowohl für die Einreise (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 und §§ 15, 57 AufenthG) als auch für die Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels (§§ 5 Abs. 1 Nr. 4, 8 Abs. 1 AufenthG) zwingend vorausgesetzt (Ausnahmen nach § 5 Abs. 3: §§ 24 Abs. 1, 25 Abs. 1 - 3, 26 Abs. 3). Kein Besitz liegt vor, wenn der Passinhaber die tatsächliche Gewalt über den Pass aufgibt (z.B. durch Vernichtung), in anderer Weise verliert (z.B. durch Diebstahl, Verlust), der Pass ist ungültig (z.B. durch Entfernen von Seiten) oder von der Bundesrepublik Deutschland nicht anerkannt ist. Im Schengen-Raum ist die Passmitführungspflicht nicht ausdrücklich aufgehoben, sondern aufrecht erhalten (Art. 21 Satz 1a SGK; Nr. 5.3.2 AAH-SDÜ); infolge Wegfalls der Binnengrenzkontrollen läuft sie zwar für die Grenzkontrolle ins Leere (Nanz, ZAR 1994, 99); gleichwohl ist sie nicht aufgehoben worden (VG Frankfurt, B. v. 9.4.2002 – 1 G 790/02(V), und v. 21.7.2004 – 1 E 2479/04 –; Winkelmann ZAR 8/2010, 274; Westphal/Stoppa, Ausländerrecht für die Polizei, 3. Aufl., S. 122, 125; a.A. HessVGH, B. v. 19.11.2003 – 12 TG 2668/03 – InfAuslR 2004, 141). Gem. Art. 21 Abs. 1 lit. c SGK bleiben die nationalen Pflichten zum Besitz oder Mitführen von Urkunden und Bescheinigungen unberührt. Im deutschen Recht sind die betreffenden Obliegenheiten in § 13 Abs. 1 Satz 2 AufenthG und § 8 Abs. 1 Nr. 1 und 2 FreizügG/EU geregelt. Die Europäische Kommission ist jedoch der Auffassung, dass die Abschaffung der Binnengrenzkontrollen der Möglichkeit der Mitgliedstaaten, in ihren Rechtsvorschriften die Verpflichtung zum Besitz oder Mitführen von Urkunden und Bescheinigungen vorzusehen, zwar nicht entgegensteht, aber eine solche Pflicht dann für das gesamte Hoheitsgebiet "oder auch" die Gebiete entlang der Außengrenzen gelten muss. Besteht für Aufenthalte im Hoheitsgebiet - wie in Deutschland - keine Mitführungspflicht, dann darf sie auch nicht ausschließlich für den Binnengrenzraum gelten. Danach wären entsprechende Mitführungspflichten und Sanktionsvorschriften unzulässig (Bericht der Kommission v. 13.10.2010 KOM(2010)554, Nr. 3.3).

icon Kommissionsbericht über die Anwendung des SGK (Binnengrenzen) v. 13.10.2010

Zu beachten ist aber, dass die Wendung "und auch" sowie der Begriff "Grenzraum" (vgl. in der englischen Textversion: "...it must be applied throughout their territory or in the external border zones".) nicht mit den Voraussetzungen für einen Grenzübertritt gleichzusetzen sind. Unterstellt, die Kommission hat die Worte bewusst gewählt, sind die Vorschriften nach §§ 13 AufenthG sowie die Sanktionsvorschriften nach dem AufenthG, PassG und FreizügG/EU auch weiterhin auf den Grenzübertritt anwendbar. Jedoch muss bei einer Kontrolle im Binnengrenzraum festgestellt werden, dass sich die Grenzübertrittspapiere im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland befinden, damit der Nachweis für die Mitführung der Papiere beim Binnengrenzübertritt geführt werden kann und z.B. die Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 1 SDÜ geprüft werden können (s.o.; § 13 Rn. 6).

Die Durchführung so genannter verdachtsunabhängiger Kontrollen ist auch nicht etwa unvereinbar mit dem Unionsrecht. Zu den Anforderungen gehört allerdings, dass die Kontrollen nicht an den Grenzen, sondern im Hoheitsgebiet stattfinden und die Kontrolle unabhängig vom Überschreiten der Grenze durch die kontrollierte Person stattfindet. Dazu muss die Befugnis selbst den erforderlichen Rahmen vorgeben, um insbesondere das Ermessen zu lenken, über das die Behörden bei der tatsächlichen Handhabung der Befugnis verfügen. Über diese ermessenslenkende Klarstellung verfügen die Befugnisnormen der Länder und des Bundes in Deutschland derzeit nicht. Daher sind diese Normen nicht europarechtskonform ausgestaltet. Erforderlich ist somit eine Ergänzung durch Gesetz (EuGH, U. v. 22.06.2010 – C-188/10 und C-189/10 –, Melki und Abdeli).

iconEuGH, U. v. 22.06.2010 – Rs. C-188/10 und C-189/10 – Melki & Abdeli

Sie gewährleistet, dass der Ausländer nach seiner Einreise den Pass auf Verlangen auch tatsächlich zeitnah vorlegen kann. Von einem Nichtbesitz kann seitens der Behörden auch ausgegangen werden, wenn der Ausländer bei der Einreisekontrolle an der Außengrenze nicht willens oder in der Lage ist, den Pass in angemessener Zeit vorweisen oder die Verwahrung bei einer Behörde oder Auslandsvertretung belegen zu können. Dies bedeutet, dass der Betroffene das Dokument im Bedarfsfall im Inland oder an der Grenze so kurzfristig vorlegen kann, wie es für den behördlichen Kontrollzweck erforderlich ist. Führt der Ausländer keinen Pass bei der Einreise mit, so stellt dies zumindest eine Ordnungswidrigkeit dar (§ 98 Abs. 3 Nr. 3 AufenthG). Regelmäßig ist Nichtbesitz eines Passes bei Einreise oder Aufenthalt strafbewehrt (§ 95 Abs. 1 Nr. 3). Zu den besonderen Voraussetzungen bei Art. 21 SDÜ, s. Rn. 14.

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Die Passpflicht gilt ungeachtet des Alters, also auch für Ausländer unter 16 Jahren (zur Vertretung § 80 Abs. 4 AufenthG). Ausnahmen und Befreiungen von der Passpflicht (Abs. 2; § 14 AufenthV) sind ebenso zugelassen wie Ausnahmen bei Erteilung eines Aufenthaltstitels (§ 5 Abs. 3 AufenthG). An die Passpflicht sind Verpflichtungen des Ausländers geknüpft, geeignete Vorkehrungen zu treffen, um jederzeit im Besitz eines ordnungsgemäßen gültigen Passes oder Passersatzes zu sein (§ 48 Abs. 2, 3 AufenthG). Zweifel an Identität oder Staatsangehörigkeit berechtigen zu Maßnahmen zur Identitätsfeststellung (§ 49 Abs. 3 AufenthG). Beim Ablauf der Gültigkeit des Passes oder dessen Verlust oder Vernichtung kann der Aufenthaltstitel aufgehoben werden (Art. 34 Abs. 2 VK; der Widerruf gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG ist nicht mehr anwendbar); er erlischt aber schon gar nicht mehr automatisch wie früher nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 AuslG-1965. Mithin war auch der Zwang, in jedem Fall deutsche Ersatzpapiere auszustellen, entfallen (vgl. BT-Drucks. 11/6321 S. 44).

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