I. Entstehungsgeschichte

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Die Vorschrift entsprach dem Gesetzentwurf (BT-Drucks. 15/420 S. 33). Mit dem AuslRÄndG 2007 (Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der EU v. 19. 8. 2007 (BGBl. I 1970) wurden in Abs. 1 S. 1 nach dem Wort „Ausweisung“ ein Komma und das Wort „Zurückschiebung“ eingefügt.

II. Löschung

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Die Bestimmung weicht hinsichtlich der Vernichtung von § 20 Abs. 5 BDSG und entsprechender Gesetz der Länder ab und bildet eine bereichsspezifische Ergänzung zur allgemeinen Regelung von Berichtigung, Speicherung und Löschung (vgl. Weichert, a.a.O., § 91 Rn. 1). Löschen ist das Unkenntlichmachen gespeicherter personenbezogener Daten (§ 3 Abs. 4 S. 2 Nr. 5 BDSG). Hilbrans bezeichnet die Regelung zutreffend als Minimalvoraussetzung rechtmäßiger Datenverarbeitung (HK-AuslR/Hilbrans, a.a.O., § 91 Rn. 1). Unterlagen über Ausweisung, Abschiebung und Zurückschiebung sind zehn Jahre nach Ablauf der Sperrfrist des § 11 Abs. 1 S. 3 zu vernichten. Ist die Sperrwirkung nicht befristet, soll die Löschung fünf Jahre nach dem Tod des Betroffenen oder spätestens mit Ablauf seines 90. Lebensjahres erfolgen (Nr. 91.1.1 S. 3 AVwV). Ein Verwertungsverbot ergibt sich insbesondere aus § 51 BZRG. Außer der Vernichtung der Unterlagen ist auch die Löschung der dazugehörigen gespeicherten Daten erforderlich (§ 68 Abs. 2 AufenthV). Mitteilungen öffentlichen Stellen nach § 87 Abs. 1 sind unverzüglich zu löschen. Löschungen haben von Amts wegen zu erfolgen. Der Betroffene hat einen subjektiven Löschungsanspruch schon bei Antragstellung und Feststellung der Nichterforderlichkeit der Daten (vgl. zu § 86; §§ 6 Abs. 1, 20 Abs. 2 BDSG).

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Für Freizügigkeitsberechtigte hat die Sperrwirkung des § 11 keine Bedeutung; auch nicht für Neu-EU-Bürger nach Statuswechsel (vgl. § 11 Abs. 1 S. 1 FreizügG/EU und OVG Berlin-Brandenburg, InfAuslR 2006, 259). Ebenso wenig die Ausschreibung im AZR und im SIS (vgl. Weichert, a.a.O., § 91 Rn. 2). Nachdem mit Inkrafttreten des AufenthG neben der Ausweisung und der Abschiebung nunmehr auch die Zurückschiebung nach § 11 Abs. 1 S. 1 und 2 eine Einreisesperre und ein Aufenthaltsverbot nach sich zieht sowie eine Sperrwirkung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels entfaltet und die vorgenannten Wirkungen nach § 11 Abs. 1 S. 3 von Amts wegen und nicht erst auf Antrag befristet werden müssten (s. Beitrag zur nationalen Umsetzung der Rückführungsrichtlinie, Winkelmann, a.a.O.), müssen die Löschungsfristen nach Abs. 1 S. 1, die bislang nur für Daten über die Ausweisung und die Abschiebung gelten, auch auf Daten über Zurückschiebungen erstreckt werden (BT-Drucks. 16/5065 S. 197).

icon Zur nationalen Umsetzung der Rückführungsrichtlinie

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Im Rahmen des Abs. 2 dürfen Aktenbestandteile belassen werden, wenn zwar eine konkrete ausländerrechtliche Maßnahme nicht geboten ist, sie bei einer späteren ausländerrechtlichen Maßnahme, z.B. einer Ausweisungsverfügung, aber erheblich werden können. Bei dieser Prüfung ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Es wird dabei einerseits die Schwere des strafrechtlichen Vorwurfs und die Möglichkeit - auch künftiger - ausländerrechtlicher Maßnahmen gegen das Interesse des Betroffenen zum Schutze seiner persönlichen Daten abzuwägen sein. Eine Mitteilung darf nicht in die Akte genommen werden und ist daher zu vernichten, wenn eine ausländerrechtliche Maßnahme überhaupt nicht in Frage kommt bzw. nach Sachlage Anhaltspunkte dafür fehlen, dass die Mitteilung zukünftig ausländerrechtlich relevant werden könnte. Eine ausländerrechtliche Relevanz i.S.v. § 91 Abs. 2 liegt nicht nur dann vor, wenn aufenthaltsbeendenden Maßnahmen möglich sind, sondern auch dann, wenn Daten für sonstige Zwecke wie z.B. für die Erteilung eines bestimmten Aufenthaltstitels in Zukunft benötigt werden können (VGH Bad.-Württ., U. v. 19.5.2009 - 13 S 116/09 -, juris).

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§ 20 Abs. 5 BDSG

(personenbezogene Daten dürfen nicht für eine automatisierte Verarbeitung oder Verarbeitung in nicht automatisierten Dateien erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, soweit der Betroffene dieser bei der verantwortlichen Stelle widerspricht und eine Prüfung ergibt, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen wegen seiner besonderen persönlichen Situation das Interesse der verantwortlichen Stelle an dieser Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung überwiegt. § 20 Abs. 5 S. 1 BDSG gilt nicht, wenn eine Rechtsvorschrift zur Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung verpflichtet)

wird durch § 91 Abs. 5 nicht angewendet. Damit wird der Widerspruch aus Gründen der Gefahr der erheblichen Verfahrenverzögerung gegen die Datennutzung ausgeschlossen. Diese Nutzung der Ausschlussmöglichkeit entspricht zwar Art 14 a EU-DSRL (RL 95/46/EG v. 24.10.1995, a.a.O.), ist aber im Rahmen des Vergleichs im Verwaltungsverfahren nicht gerechtfertigt und daher europarechtswidrig (Weichert, a.a.O., § 91 Rn. 11, HK-AuslR/Hilbrans, a.a.O., § 91 Rn. 8; a.A. Hailbronner, a.a.O., § 91 Rn. 5, der darauf hinweist, dass Art 14a EU-DSRL keine besondere Begründung fordert). Die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen sich gleichwohl im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu berücksichtigen.

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