Die Verordnung (EU) 2017/2226 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2017 über ein Einreise-/Ausreisesystem (EES) zur Erfassung der Ein- und Ausreisedaten sowie der Einreiseverweigerungsdaten von Drittstaatsangehörigen an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten und zur Festlegung der Bedingungen für den Zugang zum EES zu Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungszwecken und zur Änderung des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen sowie der Verordnungen (EG) Nr. 767/2008 und (EU) Nr. 1077/2011 (im Folgenden: „EES-Verordnung“) regelt die Einrichtung eines europäischen Ein- und Ausreisesystems („Entry/Exit System“). Die EES-Verordnung sieht die Erfassung und Speicherung des Zeitpunkts und des Orts der Ein- und Ausreise und etwaiger Einreiseverweigerungen von Drittstaatsangehörigen, die für einen Kurzaufenthalt in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einreisen, im EES vor. Für Island, Norwegen, Schweiz und Liechtenstein stellt die Verordnung eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstandes im Rahmen der jeweiligen Assoziierungsabkommen dar.

Die Verordnung (EU) 2018/1240 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. September 2018 über die Einrichtung eines Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems (ETIAS) und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1077/2011, (EU) Nr. 515/2014, (EU) 2016/399, (EU) 2016/1624 und (EU) 2017/2226 (im
Folgenden: „ETIAS-Verordnung“) regelt die Einrichtung eines europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems („European Travel Information and Authorization System“). Ziel des Systems ist, festzustellen, ob ein von der Visumpflicht befreiter Drittstaatsangehöriger zur Einreise in den Schengenraum berechtigt ist und ob mit seiner Einreise ein Risiko für die Sicherheit, ein Risiko der illegalen Einwanderung oder ein hohes Epidemierisiko verbunden ist.

Die Regelung sieht die infolge der Einführung der europäischen Mechanismen EES und ETIAS notwendigen Anpassungen des Freizügigkeitsgesetzes/EU vor. Hierbei wird sichergestellt, dass eine erforderliche europäische Reisegenehmigung Voraussetzung für einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet wird und hieran anknüpfende Normen unionsrechtskonform angepasst werden.

Die Umsetzung wird erforderlich, da die ETIAS-Verordnung in Art. 2 Abs. 1 lit. c bestimmt, dass

  1. drittstaatsangehörige Familienangehörige eines Unionsbürgers oder
  2. Familienangehörige eines Drittstaatsangehörigen, der auf der Grundlage eines Abkommens zwischen der Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und einem Drittstaat andererseits ein dem Recht von Unionsbürgern gleichwertiges Recht auf Freizügigkeit genießt,

unter den Anwendungsbereich der VO fallen, sofern sie keine Aufenthaltskarte oder einen Aufenthaltstitel besitzen. Erfasst werden aber ausschließlich Personen, "die von der Visumpflicht befreit sind". Dabei werden auch Drittstaatsangehörige erfasst, die nur für einen Kurzaufenthalt von der Visumpflicht befreit sind. Dies gilt besonders für Drittstaatsangehörige, die als Positivstaater unter den Anhang II der EU-VisumVO fallen.

Die Einbeziehung dieser Personen hat zur Folge, dass vor der Einreise eine Reisegenehmigung i.S.d. Art. 3 Abs. 1 Nr. 5 ETIAS-VO einzuholen ist, um die Einreisevoraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 lit. b SGK zu erfüllen.

Für Drittstaatsangehörige i.S.d. Artikels 2 Abs. 1 lit. c ETIAS-VO gilt nach Art. 24 Abs. 1 ETIAS-VO die Reisegenehmigung als eine gemäß dieser Verordnung erlassene Entscheidung, der zufolge keine faktischen Anhaltspunkte oder auf faktische Anhaltspunkte gestützten hinreichenden Gründe für die Annahme vorliegen, dass mit der Anwesenheit der betreffenden Person im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ein Risiko für die Sicherheit oder ein hohes Epidemierisiko gemäß der Richtlinie 2004/38/EG verbunden ist.

Die Notwendigkeit der Erteilung einer Reisegenehmigung, die nach Maßgabe der Art. 36 ff. ETIAS-VO erteilt wird, macht die Datenübermittlung erforderlich.

Der Gesetzgeber hat es versäumt, die Regelung des § 2a FreizügG/EU anzupassen. Er hat in § 2a Abs. 2 Satz 2  FreizügG/EU die Befreiung drittstaatsangehöriger Familienangehöriger von der Visumpflicht geregelt, sofern diese sich wegen ihrer Staatsangehörigkeit auch für einen Aufenthalt, der kein Kurzaufenthalt ist, visumfrei in das Bundesgebiet einreisen und sich darin aufhalten dürfen. Für die Personengruppe der Drittstaatsangehörigen, die nur für einen Kurzaufenthalt von der Visumpflicht befreit sind, fehlt die Regelung der notwendigen Reisegenehmigung nach der ETIAS-VO.