Gesetz:
Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG)
Paragraph:
§ 6 [Erwerb durch Annahme als Kind]
Autor:
Dr. Dienelt
Stand:
Dienelt in: OK-MNet-StAG (09.02.2011)

Vorliegens eines Annahmeantrags

Zeitpunkt des Annahmeantrags i.S. von § 6 Satz 1 ist der Zeitpunkt, in dem der Annahmeantrag beim Vormundschaftsgericht eingereicht wird. Dies ergibt sich aus Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte der einschlägigen zivilrechtlichen Vorschriften.

BVerwG, U. v. 18.12.1998 – 1 C 2/98 –, BVerwGE 108, 216

Die Annahme als Kind wird bei Minderjährigen nach § 1752 Abs. 1 BGB auf Antrag des Annehmenden – bei Volljährigen zusätzlich des Anzunehmenden (vgl. § 1768 Abs. 1 BGB) – vom Vormundschaftsgericht ausgesprochen. Daraus ergibt sich, dass der Antrag beim Vormundschaftsgericht zu stellen ist.

BVerwG, U. v. 18.12.1998 – 1 C 2/98 –, BVerwGE 108, 216

Der Antrag hat der amtlichen Begründung zufolge u.a. verfahrensrechtliche Bedeutung; durch ihn wird das Annahmeverfahren eingeleitet. Er kann bis zum Ausspruch der Annahme zurückgenommen werden (vgl. BT-Drs. 7/3061, S. 41). Erst nach Einreichung des Antrags ist das Vormundschaftsgericht zur Entscheidung über die Annahme befugt. Der Antrag wird mithin erst nach seiner Einreichung beim Vormundschaftsgericht wirksam.

BVerwG, U. v. 18.12.1998 – 1 C 2/98 –, BVerwGE 108, 216

Ein wirksamer Antrag, der das Annahmeverfahren einleitet, liegt dagegen nicht schon dann vor, wenn er gemäß § 1752 Abs. 2 Satz 2 BGB notariell beurkundet worden ist. Der Antrag erhält durch die Beurkundung lediglich die gesetzlich notwendige Form; gestellt wird er bei dem Vormundschaftsgericht. Aus der Stellung des Notars als unabhängiger Träger eines öffentlichen Amtes (vgl. § 1 BNotO) folgt nichts Abweichendes.

BVerwG, U. v. 18.12.1998 – 1 C 2/98 –, BVerwGE 108, 216

Diesem Ergebnis steht auch nicht § 1753 Abs. 2 zweite und dritte Alternative BGB entgegen. Danach ist der Ausspruch der Annahme auch nach dem Tod des Annehmenden zulässig, wenn dieser bei oder nach der notariellen Beurkundung des Antrags den Notar damit beauftragt hat, den Antrag einzureichen. § 1753 Abs. 2 BGB regelt die materiellrechtliche Frage, unter welchen Voraussetzungen der Wille des Annehmenden als so ernstlich angesehen werden kann, dass es gerechtfertigt ist, die Adoption auch nach seinem Tod auszusprechen. Die Vorschrift betrifft dagegen nicht die verfahrensrechtliche Frage, wann ein Adoptionsantrag gestellt ist, und ändert demnach nichts daran, dass der Annahmeantrag erst durch die Einreichung bei Gericht wirksam wird.

BVerwG, U. v. 18.12.1998 – 1 C 2/98 –, BVerwGE 108, 216

Im Rahmen der Regelungen zum Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft durch Minderjährigenadoption nach § 6 Satz 1 StAG kommt es als maßgeblicher Zeitpunkt der Adoption auf den Zeitpunkt der Stellung des Annahmeantrages der zur Adoption berechtigten Person an. Die Annahme als Kind wird bei Minderjährigen nach § 1752 Abs. 1 BGB auf Antrag des Annehmenden – bei Volljährigen zusätzlich des Anzunehmenden (vgl. § 1768 Abs. 1 BGB) – vom Vormundschaftsgericht ausgesprochen.

Bei einer Adoption durch ein Ehepaar ist dies der Zeitpunkt, in dem der Annahmeantrag durch beide Ehegatten gestellt wurde. Der Antrag nur eines Ehegatten reicht dabei nicht, auch wenn zu einem späteren Zeitpunkt der Antrag durch beide Ehegatten nachgeholt wird.

OVG B-B, U. v. 18.09.2008 – OVG 5 B 7.07 –, Rn. 16, 18

Hierfür sprechen auch der Grundsatz der Rechtssicherheit und die Gefahr des Rechtsmissbrauchs. Wollte man davon ausgehen, dass ein Adoptionsantrag nicht vor Vollendung des achtzehnten Lebensjahres durch die im späteren Beschluss des Vormundschaftsgerichts genannten Adoptiveltern gestellt worden sein muss und zudem die Voraussetzungen des § 6 StAG selbst dann als erfüllt ansehen, wenn der vor dem achtzehnten Geburtstag des Kindes gestellte Antrag von vornherein nicht rechtliche Grundlage einer Adoption hätte werden können, ergäbe dies die Gefahr der Manipulation des Staatsangehörigkeitsrechts durch eine Antragstellung auf Vorrat

OVG B-B, U. v. 18.09.2008 – OVG 5 B 7.07 –, Rn. 22 unter Hinweis auf
BayVGH, U. v. 30.10.1997 – 5 B 97.560 –, FamRZ 1999, 91

Eine Entscheidung des Vormundschaftsgerichts, die auf § 1772 Abs. 1 Satz 1 Buchst. d BGB beruht, entfaltet hinsichtlich der Frage, ob der Ausländer im Zeitpunkt der Antragstellung minderjährig gewesen ist, keine Bindungswirkung.

vgl. OVG B-B, U. v. 18.09.2008 – OVG 5 B 7.07 –, Rn. 24
BVerwG, U. v. 18.12.1998 – 1 C 2.98 – juris, Rn. 19

Denn nach § 322 Abs. 1 ZPO erwächst in Rechtskraft grundsätzlich nur der von dem Gericht aus dem vorgetragenen Sachverhalt gezogene Schluss auf das Bestehen oder Nichtbestehen der beanspruchten Rechtsfolge, nicht aber die Feststellung der zugrunde liegenden präjudiziellen Rechtsverhältnisse oder sonstigen Vorfragen, aus denen der Richter seinen Schluss gezogen hat (BGH, U. v. 13.11.1998 – V ZR 29/98 – NJW-RR 1999, 376; U. v. 14.03.2008 – V ZR 13/07 – juris). Dies gilt selbst dann, wenn die Tatsachenfeststellungen für den Subsumtionsschluss, dass sich die Wirkungen der Annahme nach den Vorschriften über die Annahme eines Minderjährigen richten, tragend waren. Vielmehr ist die sachliche Reichweite der Rechtskraftwirkung „bewusst eng auf die Entscheidung über den Streitgegenstand begrenzt" (vgl. BVerwG, U. v. 18.09.2001 – 1 C 4/01 – BVerwGE 115, 111 [116] zu § 121 VwGO, siehe auch BGH, U. v. 13.11.1998 – V ZR 29/98 – NJW-RR 1999, 376; U. v. 14.03.2008 – V ZR 13/07 – juris zu § 322 ZPO). Soweit Anknüpfungspunkt das einer Entscheidung zugrunde liegende Tatsachengeschehen ist, findet eine Rechtskrafterstreckung daher nicht statt.