Gesetz:
Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG)
Paragraph:
§ 4 [Erwerb durch Geburt]
Autor:
Dr. Dienelt
Stand:
Dienelt in: OK-MNet-StAG (22.07.2016)

Gewöhnlicher Aufenthalt

Das Erfordernis eines seit acht Jahren rechtmäßigen gewöhnlichen Inlandsaufenthalts entspricht inhaltlich der wortgleichen Formulierung in § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG

 

BVerwG, U. v. 26.04.2016 – 1 C 9/15 – juris, Rn. 11
BVerwG, U. v. 29.03.2007 – 5 C 8.06 – BVerwGE 128, 254, Rn. 9

 

bzw. dessen Vorgängerregelung in § 85 Abs. 1 Satz 1 AuslG.

 

BVerwG, U. v. 18.11.2004 – 1 C 31.03 – BVerwGE 122, 199 <202>

 

Es enthält mit der Gewöhnlichkeit des Inlandsaufenthalts einerseits und der Rechtmäßigkeit dieses gewöhnlichen Aufenthalts andererseits zwei selbständige Tatbestandsvoraussetzungen.

 

Der im Staatsangehörigkeitsgesetz verwendete Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts hat nach der Rechtsprechung des Senats im Wesentlichen die gleiche Bedeutung wie der Begriff "dauernder Aufenthalt" in Art. 2 Satz 1 des Ausführungsgesetzes zu dem Übereinkommen vom 30. August 1961 zur Verminderung der Staatenlosigkeit und zu dem Übereinkommen vom 13. September 1973 zur Verringerung der Fälle von Staatenlosigkeit - Gesetz zur Verminderung der Staatenlosigkeit (AG-StlMindÜbK) - vom 29. Juni 1977 (BGBl. I S. 1101). Bezüglich beider Begriffe kann an die Legaldefinition des gewöhnlichen Aufenthalts in § 30 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (SGB I) und die dazu ergangene Rechtsprechung angeknüpft werden.

 

BVerwG, U. v. 26.04.2016 – 1 C 9/15 – juris, Rn. 12
BVerwG, U. v. 18.11.2004 – 1 C 31.03 – BVerwGE 122, 199 <202 f.> m.w.N.

 

Danach hat ein Ausländer seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, wenn er nicht nur vorübergehend, sondern auf unabsehbare Zeit hier lebt, so dass eine Beendigung des Aufenthalts ungewiss ist. Dies ist der Fall, wenn er hier nach den tatsächlichen Verhältnissen seinen Lebensmittelpunkt hat. Hierfür bedarf es mehr als der bloßen Anwesenheit des Betroffenen während einer bestimmten Zeit. Nicht erforderlich ist indes, dass der Aufenthalt mit Willen der Ausländerbehörde auf grundsätzlich unbeschränkte Zeit angelegt ist und sich zu einer voraussichtlich dauernden Niederlassung verfestigt hat; auch ein zeitlich befristeter Aufenthaltstitel und ein bloßer Verzicht auf aufenthaltsbeendende Maßnahmen schließen einen gewöhnlichen Aufenthalt nicht aus. Da die Rechtmäßigkeit von der Dauerhaftigkeit des Aufenthalts zu unterscheiden ist, bedarf es für Letztere auch keiner förmlichen Zustimmung der Ausländerbehörde, sondern es genügt, dass diese unbeschadet ihrer rechtlichen Möglichkeiten davon Abstand nimmt, den Aufenthalt zu beenden, etwa weil sie eine Aufenthaltsbeendigung für unzumutbar oder undurchführbar hält.

 

BVerwG, U. v. 26.04.2016 – 1 C 9/15 – juris, Rn. 13

 

Für diese Feststellung bedarf es einer in die Zukunft gerichteten Prognose, bei der nicht nur die Vorstellungen, sondern auch die Möglichkeiten des Ausländers zu berücksichtigen sind. Denn es genügt nicht, dass er sich auf unabsehbare Zeit in Deutschland aufhalten will, er muss dazu auch die Möglichkeit haben. Daran fehlt es, wenn er nach den gegebenen Umständen nicht im Bundesgebiet bleiben kann, weil sein Aufenthalt in absehbarer Zeit beendet werden wird. Dies zu entscheiden und durchzusetzen ist Sache der Ausländerbehörde. Wenn nach den ausländerrechtlichen Vorschriften und den auf ihrer Grundlage getroffenen Anordnungen der Ausländerbehörde ein Ende des Aufenthalts abzusehen ist, ist auch im Staatsangehörigkeitsrecht die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthalts ausgeschlossen. Nimmt die Ausländerbehörde dagegen den Aufenthalt auf nicht absehbare Zeit hin, kommt ein dauernder Aufenthalt in Betracht.

 

BVerwG, U. v. 26.04.2016 – 1 C 9/15 – juris, Rn. 14
BVerwG, U. v. 23.02.1993 – 1 C 45.90 – BVerwGE 92, 116 <124 f.>