Sudan: Umfassendes Friedensabkommen für den Süden unterzeichnet

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Nairobi/Washington - Am Sonntag haben der Vizepräsident des Sudan, Ali Osman Taha, und Rebellenführer John Garang von der SPLA (Sudanesische Volksbefreiungsarmee) in der kenianischen Hauptstadt Nairobi einen Vertrag unterzeichnet, der dem Südsudan nach einem zwei Dekaden währenden Bürgerkrieg Frieden bringen soll. Eine der wichtigsten Fragen wurde dabei aber aufgeschoben, und auch auf die Krise in Darfur hat das Abkommen allenfalls mittelbare Wirkung.

Der Bürgerkrieg zwischen Nord- und Südsudan war unter anderem Ausdruck des Gegensatzes zwischen dem mehrheitlich christlich geprägten Süden und dem muslimischen Norden des Landes. Auch bei der Unterzeichnung des Friedensvertrages wurden die kulturellen Unterschiede sichtbar: die Veranstaltung wurde von Tanzgruppen umrahmt, wobei die Darbietung der Schwarzen aus dem Süden sehr freizügig gestaltet war, die muslimische Regierung hingegen eine Männertanzgruppe mit einem Hintergrundchor verschleierter Frauen entsandt hatte. Bei der Zeremonie war auch der scheidende US-Außenminister Colin Powell anwesend, der den Vertrag mitunterzeichnete.

Internationale Beobachter sehen die Achillesverse der Vereinbarung darin, dass die Frage der möglichen Unabhängigkeit des Südsudan nicht eindeutig beantwortet werde. John Mangok, ein Mitglied der SPLA, sagte: «Ich bin sehr froh, dass wir das Abkommen haben, aber ich glaube nicht, dass sie akzeptieren, wenn wir dann doch die Unabhängigkeit wollen.» In sechs Jahren soll die Bevölkerung in einem Referendum darüber abstimmen. Nach Mangoks Ansicht wird es nun auf Vertrauensbildung ankommen. Institutionell soll dies durch die vertraglich vereinbarte Machtteilhabe für die Rebellen aus dem Süden erreicht werden. SPLA-Führer John Garang wird nun vom Guerillaführer zum neuen sudanesischen Vizepräsidenten und löst damit Taha in diesem Amt ab. Garang startete bereits vor mehr als 40 Jahren erstmals den Versuch, für den mehrheitlich christlich-animistischen Süden des Sudans die Unabhängigkeit von der Regierung in Khartum zu erkämpfen.

UN-Generalsekretär Kofi Annan begrüßte das Abkommen und bezeichnete es als den "Beginn einer neuen Ära", in der alle Teile der sudanesischen Bevölkerung in der Staatsführung repräsentiert seien. Gleichzeitig warnte Annan aber auch vor der Gefahr einer neuen Welle der Gewalt in Darfur. Zwar wird in Diplomatenkreisen von manchen erwartet, dass sich der Friedensschluss indirekt auch positiv auf den Darfurkonflikt auswirken werde, vor allem, wenn es gelingt, durch das Abkommen zu einem wirtschaftlichen Aufschwung im Sudan zu gelangen; aber auch US-Außenminister Powell mahnte bei den vertragsschließenden Parteien an, sich nunmehr gemeinsam und unverzüglich auf die Fortsetzung der Verhandlungen über eine Lösung für die gewalttätigen Auseinandersetzungen in der nordwestlichen Region Darfur zu verwenden.

Den USA wird indes vorgeworfen, die Probleme im Sudan herunterspielen zu wollen, um ihre Interessen am sudanesischen Ölreichtum besser verfolgen zu können. Hingegen dürfte zumindest für Powell gelten, dass er in Anbetracht seiner bevorstehenden Ablösung am 20. Januar 2005 und seiner Bekundung, in der Zukunft keine politischen Ämter mehr anzustreben, über die politische Autonomie verfügt, sich tatsächlich vorrangig für die Sache einzusetzen.

Nachfolgerin Powells soll Condoleeza Rice werden, die als ihren Stellvertreter Robert Zoellick vorgeschlagen haben soll. Zoellick zählt zu jenen in der republikanischen Partei, die weltpolitisch eine weniger unilaterale und kriegerische Politik anstreben. Ob damit auch weltpolitische Hoffnung für den Sudan verbunden ist, wird abzuwarten bleiben.