Flüchtlingsanerkennung wegen Ausbürgerung

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Die Ausbürgerung eines Ausländers durch den Heimatstaat kann seine Anerkennung als Flüchtling nur rechtfertigen, wenn sie aus asylerheblichen Gründen erfolgt. Eine Ausbürgerung aus rein ordnungsrechtlichen Gründen, etwa weil der Betreffende bestimmten Meldepflichten oder seiner Wehrpflicht nicht nachgekommen ist, genügt hierfür nicht. Das hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig mit Urteil vom 26. Februar 2009 (BVerwG 10 C 50.07) anknüpfend an seine bisherige Rechtsprechung entschieden.

Der Entscheidung lag der Asylantrag einer 38-jährigen aus Aserbaidschan stammenden Frau und ihres 14-jährigen Sohnes zugrunde. Beide sind dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Greifswald zufolge von Aserbaidschan mit Inkrafttreten des dortigen Staatsangehörigkeitsgesetzes von 1998 wegen ihrer armenischen Volkszugehörigkeit jedenfalls de facto ausgebürgert worden. Das begründe ihre Flüchtlingseigenschaft, auch wenn sie als Staatenlose anschließend zehn Jahre in Russland gelebt hätten. Ihr dortiger Aufenthalt sei nämlich illegal gewesen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Entscheidung aufgehoben und den Rechtsstreit an das OVG zurückverwiesen. Denn das OVG ist rechtsfehlerhaft zu der Auffassung gelangt, dass die Ausbürgerung der Kläger aus asylerheblichen Gründen - wegen ihrer armenischen Volkszugehörigkeit - erfolgt sein soll. In der aufgehobenen Entscheidung wird ausgeführt, dass der Klägerin der Verlust ihrer aserbaidschanischen Staatsangehörigkeit schon aufgrund ihrer Ausreise nach Russland im Jahr 1992 und der Unterlassung einer nach dem Staatsangehörigkeitsgesetz von 1991 vorgeschriebenen Meldung bei der Auslandsvertretung ihres Heimatlandes "vorgehalten werden kann". Sollte Aserbaidschan die Kläger aber allein wegen der Verletzung gesetzlich vorgeschriebener Meldepflichten ausgebürgert haben, hätten sie bereits hierdurch ihre Staatsangehörigkeit aus nicht asylerheblichen Gründen verloren. Dies wird das OVG noch zu klären haben. Gegebenenfalls käme es dann auf die Praxis bei der Anwendung des Staatsangehörigkeitsgesetzes von 1998 nicht mehr an.

Das Bundesverwaltungsgericht hat weiter beanstandet, dass das OVG Aserbaidschan und nicht Russland als Land des gewöhnlichen Aufenthalts der Kläger angesehen hat, auf das bei der Flüchtlingsanerkennung von Staatenlosen abzustellen wäre. Darauf käme es an, wenn die Kläger die Staatsangehörigkeit Aserbaidschans aus nicht asylerheblichen Gründen verloren hätten. Grundsätzlich ist der Staat maßgeblich, in dem der Staatenlose vor der Einreise nach Deutschland gelebt hat. Dies war hier Russland. Ein rechtmäßiger Aufenthalt ist entgegen der Ansicht des OVG nicht erforderlich. Vielmehr reicht es aus, dass die Kläger in Russland ihren neuen Lebensmittelpunkt gefunden haben, ohne dass die russischen Behörden aufenthaltsbeendende Maßnahmen eingeleitet haben.

BVerwG 10 C 50.07 - Urteil vom 26. Februar 2009