Auf dem Weg zu einem EU-weitem Asylsystem

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Kommission plant Vereinfachungen:
Seit Jahren ringt die EU um ein gemeinsames Asylsystem. Die Kommission nimmt nun einen neuen Anlauf, Vereinfachungen und Mindeststandards in allen Ländern durchzusetzen.

Die Bewegungsfreiheit von Asylbewerbern wird gestärkt. "Den Vorschlägen mangelt es an Ausgewogenheit und Fachkenntnis", heißt es bei der CSU.

Asylbewerber sollen EU-weit vereinfachte und zügigere Verfahren sowie  vergleichbare Leistungen bei ihrer Aufnahme erhalten. Entsprechende Neufassungen der Asylverfahrensrichtlinie und der Aufnahmerichtlinie hat die EU-Kommission am 01.06.2011 vorgestellt.

Zugleich sind Schritte gegen den Asyl-Missbrauch vorgesehen.

Langfristiges Ziel bleibt ein gemeinsames Europäisches Asylsystem (GEAS).
EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström erklärte:
"Die Aussichten, Schutz zu erhalten, hängen stark davon ab, welcher Mitgliedsstaat den Asylantrag prüft". Man brauche ein EU-weit effizientes, gerechtes Asylverfahren und angemessene, vergleichbare Leistungen bei der Aufnahme von Asylbewerbern. "Die EU muss für ihre Werte eintreten und denen Schutz gewähren, die sich zu uns flüchten, um Verfolgung und Krieg zu entgehen."
Frühere Kommissions-Vorschläge zu Mindeststandards bei Asylverfahren (2008 und 2009) scheiterten am Widerstand im Rat und im EU-Parlament. Asylbewerber sollen sich frei bewegen dürfen

Ein zentrales Ziel des Vorschlags ist, dass Asylverfahren in der ersten Instanz innerhalb von sechs Monaten abgeschlossen werden. Die Möglichkeit, Asylbewerber in Gewahrsam zu nehmen, soll streng begrenzt werden. "Eine Beschränkung der Bewegungsfreiheit sollte nur aus klar formulierten Gründen angeordnet werden können, die in einer gemeinsamen Liste erschöpfend aufgeführt sind, und nur, soweit dies notwendig und verhältnismäßig ist", heißt es hierzu im Kommissionsvorschlag.
Außerdem will die Kommission die Autonomie von Asylbewerbern fördern, indem diese leichter arbeiten dürfen. Den Mitgliedsstaaten wird allerdings während der Antragsprüfung in der ersten Instanz oder bei einem massiven Zustrom von Asylbewerbern eine "gewisse Flexibilität" in der Beschäftigungsfrage zugestanden. Die Vorschläge sind das Ergebnis mehrjähriger Verhandlungen im Ministerrat, im Europäischen Parlament und der Konsultationen mit Interessenträgern, heißt es von Seiten der Kommission. Eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten und das EU-Parlament müssen den neuen Vorschlägen zustimmen.
Beide Vorschläge werden dem Rat "Justiz und Inneres" am 9. Juni vorgelegt und unter der polnischen Ratspräsidentschaft weiter erörtert. Bislang hatten EU-Länder wie Deutschland, Frankreich, Italien, Schweden und Österreich das geplante EUAsylpaket mit der Begründung es sei "zu asyl-freundlich" abgelehnt. Reaktionen CSU:
Asylbewerbern nicht gestatten, unterzutauchen Monika Hohlmeier (CSU), Berichterstatterin der EVP-Fraktion für Asyl: "Unser Ziel ist es, bis 2012 ein funktionstüchtiges Gemeinsames Europäisches Asylsystem zu haben. Ich hätte daher erwartet, dass die zuständige Kommissarin Cecilia Malmström pragmatische Lösungen, wie bereits in Parlament und Rat diskutiert, vorsieht. Den Vorschlägen mangelt es aber an Ausgewogenheit und Fachkenntnis." Die CSU-Europaabgeordnete kritisiert, dass die Vorschläge viele Garantien für Asylbewerber beinhalteten, es aber kaum ermöglichten, Asylmissbrauch zu verhindern. "Wenn wir Asylbewerbern gestatten, vorsätzlich unterzutauchen, und dieses Verhalten nicht sanktioniert werden darf, dann setzen wir falsche Anreize. Auf diese Weise werden wir die Verfahren zum Wohl der tatsächlich Schutzbedürftigen nicht verbessern. Es fehlen außerdem Mechanismen, um Asylverfahren bei mangelnder Kooperation von Asylbewerbern rechtzeitig zu beschleunigen und das Bleiberecht einschränken zu können, wenn Asylbewerber völlig unbegründete Anträge stellten und ihre Abschiebung hinauszögern.
Zudem schlägt die Kommission erneut vor, jedem Asylbewerber Sozialhilfe zukommen zu lassen. Sowohl Parlament als auch Rat hatten diese kostenträchtige Gleichstellung aber bereits klar abgelehnt." Die CSU-Europaabgeordnete lobt, dass die Kommission zwei Forderungen des Parlaments in die Richtlinie aufgenommen hat: Die realitätsnahe Ausgestaltung des Rechtsbeistands für Asylbewerber und die Wiedereinführung der schnellen Abweisung von Terroristen und Schwerverbrechern. "Bis zu einer Einigung stehen Parlament und Rat dennoch äußerst schwierige Verhandlungen in den kommenden Monaten bevor", so die Prognose der EVP-Expertin für Asylpolitik. Grüne:
Rat muss sich zu Gemeinsamen Asylsystem bekennen Die Grüne Europaabgordnete Ska Keller, Mitglied des Innenausschuss, erklärt: "Ich begrüße sehr, dass Kommissarin Malmström sich trotz des Widerstands aus vielen Mitgliedsstaaten für die Einführung des Gemeinsamen Asylsystems bis 2012 einsetzt und versucht einen Kompromiss bei der Aufnahme- und der Verfahrensrichtlinie zu finden. Ich freue mich darüber, dass die Kommission die Stellung von unbegleitenden Kindern und Minderjährigen stärkt, die Möglichkeit von Haft von Asylbewerbern und Asylbewerberinnen stark einschränkt und gleichzeitig den Zugang zum Arbeitsmarkt von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern erleichtert. Besonders begrüße ich, dass die Richtlinie explizit für Anträge für internationalen Schutz im Hoheitsgewässer und in Transitzonen gelten soll. Bedenklich finde ich, dass die beiden neuen Vorschläge auf eine Flexibilisierung bei der Umsetzung in nationales Recht für die Mitgliedsstaaten setzen – schuld daran ist natürlich die starre Haltung vom Rat in den bisherigen Verhandlungen. Dies öffnet aber die Tür für Ungleichheiten im System. Ich werde mich dafür einsetzen, dass das das Europäische Parlament einen genauen Blick darauf hat, dass gemeinsame Standards in allen 27 Mitgliedsstaaten sowohl bei der Aufnahme als auch bei den Antragsverfahren garantiert werden. Ein solidarisches europäisches Asylsystem kann nur mit einheitlichen Regelungen funktionieren."

Quelle: EurActiv.de vom 01.06.2011