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Sommer bringt steigende Zahl an Bootsflüchtlingen im Mittelmeerraum mit sich

LA VALLETTA - Auf der Mittelmeerinsel Malta sind am vergangenen Samstag 207 Einwanderer mit einem fünfzehn Meter langen Boot eingetroffen. Um die 180 Männer, sechzehn Frauen und elf Kinder unterbringen zu können, wurde auch ein Militärzelt notdürftig hergerichtet, teilten die Behörden mit. Die Menschen stammten vermutlich aus Äthiopien oder Eritrea.

Jedes Jahr ertrinken mehrere hundert Menschen bei dem Versuch, als illegale Einwanderer von Nordafrika oder dem Nahen Osten aus das Mittelmeer nach Italien oder Spanien zu überqueren. Oft kentern die Boote, weil sie überfüllt oder defekt sind. Auch sonst kommen viele der Flüchtlinge ums Leben, weil sie ins Wasser geworfen werden und nicht schwimmen können. 

Mit dem Einsetzen der warmen Jahreszeit und der ruhigeren Seeverhältnisse kommt es seit einigen Wochen wieder zu verstärkter illegaler Einwanderung mit Booten über das Mittelmeer nach Südeuropa. Dabei gibt es einen deutlichen Trend: Italien ist das häufigste Ziel der Bootsflüchtlinge, während in Spanien die strengen Grenzsicherungsmaßnahmen scheinbar Wirkung zeigen und den Zugang nach Europa erschweren. Ausgangspunkt der Mittelmeer-Überfahrt ist verstärkt das nordafrikanische Libyen.

Spanien ist immer seltener das Ziel der Migranten, die über Nordafrika nach Europa gelangen wollen. In den letzten Jahren ist die Grenze zwischen Spanien und Marokko aufgrund des Schengener Abkommens zu einer Hochsicherheitsgrenze geworden. Seit Sommer 2002 überwacht Spanien die Meerenge von Gibraltar intensiv, und auf dem Festland gibt es einen Schutzzaun um die spanischen Enklaven Ceuta und Melilla. Über die Kanarischen Inseln gelingt zahlreichen Flüchtlingen noch immer eine Einreise. Das Hauptzielland heute ist aber Italien.

Schon Ende Mai 2005 haben die Behörden vor der sizilianischen Küste mehrere Flüchtlingsboote mit insgesamt über 300 Menschen an Bord aufgebracht. Auf der Mittelmeerinsel Lampedusa vor Sizilien herrschten chaotische Zustände. Unter anderem stoppte die Küstenwache ein Boot mit 188 Personen, darunter einige Schwangere. Weitere 150 Flüchtlinge wurden unweit der Küste der sizilianischen Stadt Agrigent aufgegriffen, teilten die Behörden seinerzeit mit. In einem Flüchtlingslager auf Lampedusa wurden 300 Personen untergebracht. Dabei ist das Aufnahmezentrum in der Lage, maximal 190 Menschen zu beherbergen. Mehrere Immigranten mussten nach Sizilien geflogen werden.

In engem Zusammenhang mit den Bootsflüchtlingen, die in Erinnerung an die chinesischstämmigen Flüchtlinge aus Vietnam in den 1970er und 1980er Jahren auch boat people geannt werden, stehen Schleusertum und Menschenhandel. In den meisten Fällen werden die Flüchtlinge, die häufig für die Überfahrten mit ihrem letzten Hab und Gut bezahlt haben, wieder in ihre Herkunftsländer zurückgeschickt. Im letzten Sommer kam es im Kontext mit den Bootsflüchtlingen auf dem Mittelmeer zum Eklat um das Komitee Cap Anamur. Im darauffolgenden Herbst debattierte ein G5-Gipfel ergebnislos den Vorschlag unter anderem des deutschen Bundesinnenministers Otto Schily, Flüchtlingslager der Europäischen Union in Nordafrika zu errichten (Migrationsrecht.net berichtete: interner Link).