Das Bundesministerium des Innern regelt angesichts der derzeitigen desolaten Sicherheitslage im Irak den Widerruf von Flüchtlingsanerkennungen mit Erlass vom 15. Juni 2007.
"Angesichts der derzeitigen desolaten Sicherheitslage im Irak bitte ich, beim Widerruf der Flüchtlingsanerkennung bei irakischen Staatsangehörigen sowie bei Erstentscheidungen folgende Hinweise zu beachten:
Wie von Ihnen bereits angeregt, sollte bei folgenden Personengruppen aus dem Irak von der Einleitung von Widerrufsverfahren zunächst Abstand genommen werden, laufende Widerrufsverfahren sollten zunächst ruhen:
- Personen aus dem Großraum Bagdad ohne inländische Fluchtalternative,
- alleinstehende Frauen ohne Familienbindungen,
- Familien mit minderjährigen Kindern,
- kranke Personen und Personen ab einem Alter von ca. 65 Jahren,
- Personen, die sich bereits lange in Deutschland aufhalten, gut integriert sind und keine eigenen Bindungen zu ihrem Herkunftsland haben.
Spätestens zum 14. September 2007 sollte geprüft werden, ob der faktische Stopp von Widerrufsverfahren bei diesen Personengruppen – auch angesichts der gesetzlichen Verpflichtung aus § 73 Abs. 2a AsylVfG und der möglichen Folgewirkung des § 26 Abs. 3 AufenthG – noch gerechtfertigt ist. Widerrufsverfahren sollten weiter eingeleitet und durchgeführt werden bei:
- Straftätern,
- Gefährdern der inneren Sicherheit,
- Personen, die zwischenzeitlich in den Nordirak gereist sind und zurückgekehrt sind, sowie
- alleinstehenden, grundsätzlich erwerbsfähigen kurdischen Männern aus dem Nordirak.
Bei der Gruppe der religiösen Minderheiten wie Christen, Mandäern und Yeziden halte ich es, auch angesichts der aktuellen Entwicklungen in der Rechtsprechung, für gerechtfertigt, jedenfalls bei Herkunft aus dem Zentralirak oder dem Süden des Landes, grundsätzlich von einer Gruppenverfolgung durch nichtstaatliche Akteure im Irak auszugehen, sofern im Einzelfall keine innerstaatliche Fluchtalternative, etwa im Nordirak, besteht. Dies dürfte bei Asylanträgen dieser Personen im Regelfall die Flüchtlingsanerkennung zur Folge haben. Zudem kommt ein Widerruf der Flüchtlingseigenschaft regelmäßig nicht mehr in Betracht. Auch diese Maßnahmen sollten spätestens zum 14. September 2007 überprüft werden. Ferner bitte ich um Berichterstattung über jeweilige aktuelle Entwicklungen in der Entscheidungspraxis des Bundesamts bzw. der Verwaltungsgerichte, erstmalig spätestens bis zum 15. Juni 2007."