Papst Johannes Paul II., Tod, Verdienste, Migration, Integration

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Papst Johannes Paul II. ist tot. Er starb in der Nacht von Samstag auf Sonntag um 21:37 Uhr im Alter von vierundachtzig Jahren nach langer schwerer Krankheit in Rom. Auf dem Portal von Migrationsrecht.net soll zum Andenken an Johannes Paul II. ein Blick auf seine Haltung und Verdienste auf dem Gebiet von Migration und Integration geworfen werden.

Johannes Paul II. war ein sehr reisefreudiger Papst. Er absolvierte 104 Auslandsreisen in seinem 26-jährigen Pontifikat und legte dabei 1,2 Millionen Kilometer zurück. Dabei übte er maßgeblichen Einfluss auf die Überwindung des Ost-West-Konflikts aus.

In seinen Botschaften und Ansprachen zum jährlichen Welttag der Migranten und Flüchtlinge (zur Botschaft des Jahres 2004) wie auch in mehreren seiner Enzykliken wies Papst Johannes Paul II. immer wieder darauf hin, dass zuallererst die Ursachen der Massenmigration aufzudecken und zu bekämpfen seien. Als wesentliche Faktoren wurden vom Papst dabei Krieg, Terror, Hunger, Unterentwicklung, Arbeitslosigkeit und die Missachtung der Menschenrechte aufgeführt. Hinzu komme, dass die Globalisierung von Forschung, Technologie und Wirtschaft zu neuen Brüchen führe und den Unterschied zwischen aufsteigenden und zurückbleibenden Ländern weiter vertiefe. So sehr die Tendenz, die rechtliche und politische Einheit der Menschheit sowie die beachtliche Zunahme des kulturellen Austausches zu fördern, als positive Ergebnisse der Globalisierung zu begrüßen seien, so sehr müsse der ständig wachsenden Ungleichheit zwischen den reichen und armen Ländern begegnet werden. Es gehe darum, eine Globalisierung in Solidarität und ohne Ausgrenzung zu sichern und jede Diskriminierung, die sich gegen Rasse, Kultur oder Religion eines Menschen richte, als dem Plan Gottes entgegenstehend zurückzuweisen.

Das wirtschaftliche und soziale Ungleichgewicht zwischen den einzelnen Ländern, das in großem Maß zu den gewaltigen Migrationsströmen beitrage, sei ? so der Papst ? nicht als Fatalität anzusehen, sondern als eine Herausforderung für den Verantwortungssinn des Menschengeschlechtes. Selbstverständlich sei es dabei Aufgabe der jeweiligen Regierungen, den Migrationsstrom in vollem Respekt vor der Würde der Personen und der Bedürfnisse ihrer Familien zu regulieren und die Modalitäten und Kapazitäten der Zuwanderung festzulegen. Dennoch dürfe das Kriterium für den Schwellenwert der Tragfähigkeit nicht schlichtweg sein, das eigene Wohlergehen unangetastet zu lassen, ohne sich von der Not derer Rechenschaft zu geben, die auf tragische Weise gezwungen sind, um Gastfreundschaft zu bitten.

Damit wird eines der Grundanliegen von Papst Johannes Paul II. überhaupt berührt: die umfassende Achtung der Menschenwürde jedes einzelnen Menschen und die Anerkennung der daraus resultierenden Menschenrechte. Deshalb sah der Papst durch die Existenz von Flüchtlingslagern, durch fremdenfeindliche Zwischenfälle gegenüber Immigranten und den Mangel an Solidarität für die "Menschen unterwegs" die menschliche Würde zutiefst gedemütigt. Und im Blick auf die Menschen, die sich als Illegale ohne gültige Papiere in einem fremden Land aufhalten, formulierte er: Der Status der Ungesetzlichkeit rechtfertige keine Abstriche bei der Würde des Migranten, der mit unveräußerlichen Rechten versehen sei, die weder verletzt noch unbeachtet gelassen werden dürften. Falls diese Rechte im eigenen Land nicht gewährleistet seien, befürwortete der Papst ausdrücklich auch ein Recht auf Migration.

Die Haltung Johannes' Paul II. blieb in diesem Bereich ebensowenig wie in anderen frei von Kritik: Zum 25-jährigen Pontifikatsjubiläum wies der Tübinger Theologe Hans Küng in einem Beitrag unter dem Titel "Ein Pontifikat verhängnisvoller Widersprüche" darauf hin, dass das Eintreten des Papstes für Menschenrechte seine Grenzen zum Beispiel im Inneren der Kirche im Hinblick auf Frauenrechte, nach außen hin in dem Umstand gefunden habe, dass der Vatikan die Konvention zum Schutze der Menschenrechte des Europarates nicht unterzeichnet habe. Weiter warf Küng dem Papst vor, durch seine Familien- und Geburtenpolitik bzw. seiner Haltung zu Verhütungsmitteln die Bevölkerungsexplosion begünstigt zu haben, deren Folgen er beklage. Seine ökumenischen Bestrebungen und die Dialogaufnahme mit anderen Weltreligionen habe stets unter dem Vorzeichen gestanden, dass er andere Glaubensrichtungen als "defizitäre Formen von Glauben abqualifiziert" habe.

Man wird sehen müssen, ob sich Küngs Hoffnung, dass das kommende Pontifikat einen Kurswechsel und die innere Reform der Kirche im Geiste des Zweiten Vatikanischen Konzils - mitsamt möglichen Konsequenzen für die migrationsbezogene Haltung der Kirche, sei hinzugefügt - bringen möge, bestätigen wird. Erste Antworten sind im Zeitpunkt der Entscheidung über die Nachfolge, die nach dem entsprechenden Procedere zwischen dem fünfzehnten und zwanzigsten Tag nach dem Tod des alten Papstes fallen muss, zu erwarten.