Am 31.12.2004 hat die spanische Regierung unter Präsident José Luis Rodríguez Zapatero eine neue Regelung über die Legalisierung der illegalen Einwanderer in Spanien beschlossen. Danach erhalten Migranten, die bisher ohne Papiere illegal in Spanien leben, eine Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung, wenn sie bereits ein Jahr in Spanien leben und wenn sie einen Arbeitsvertrag über mindestens ein halbes Jahr nachweisen können. Nach dem spanischen Arbeits- und Sozialminister Jesús Caldera schafft diese Regelung eine Verbindung von Einwanderung und dem Arbeitsmarkt: "Wer arbeitet, hat das Recht, eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten".
Für die Legalisierung ist jedoch nur ein außerordentliches Verfahren vorgesehen, das ab dem 7. Februar 2005 auf drei Monate beschränkt ist. Nach dem 7. Mai 2005 können illegale Migranten nur aus humanitären Gründen oder auf dem gesetzlich vorgeschriebenen Weg "legale Papiere" bekommen. Damit sind die Legalisierungsmöglichkeiten nach diesen drei Monaten wieder so gut wie ausgeschlossen.
Den letzten Angaben des spanischen Statistik-Instituts INE zufolge beläuft sich die Zahl der ausländischen Bevölkerung in Spanien auf etwa 3 Millionen, während nach Schätzungen der spanischen Regierung etwa 800.000 Menschen illegal im Land leben. Die Mehrheit der illegalen Einwanderer stammt aus Südamerika und Nordafrika.
Der spanische Arbeitsminister Caldera ist überzeugt, dass diese Regelung positive Auswirkungen auf die angeschlagene spanische Wirtschaft haben wird. Damit bekämpfe man die illegale Beschäftigung und trage damit zum wirtschaftlichen Aufschwung des Landes bei. Außerdem helfe die neue Regelung auch der sozialen Integration der Einwanderer.
Illegale Einwanderung ist ein Thema, das in Europa wie auch in anderen Einwanderungsregionen der Welt seit einigen Jahren im Fokus migrationspolitischer Debatten steht. Im Vordergrund steht dabei die Prävention und Bekämpfung von illegaler Einwanderung, die oft in engem Verhältnis zu Menschenhandel und Schleuserkriminalität steht. Nach Schätzungen der EU-Kommission strömen jährlich 500.000 illegale Einwanderer in die EU. Dabei ist es beinahe unmöglich, verlässliches Datenmaterial über Umfang und Ausmaß der Zahl illegalen Einwanderer zu erstellen, weshalb die vorhandenen Zahlen oftmals "politische Zahlen" darstellen oder allenfalls grobe und unsichere Schätzungen.
Die öffentliche Meinung ist dabei durch Bilder von Nordafrikanern, die in waghalsigen Aktionen auf Rettungsinseln über die "blaue Grenze" einreisen oder von Osteuropäern, die sich durch Grenzwälder in die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union einschleichen, bestimmt. In Wirklichkeit besteht der Großteil der illegalen Migranten aus Menschen, die zunächst legal oder unter dem Deckmantel der Legalität in das Land eingereist sind. Viele sind mit echten oder gefälschten Dokumenten etwa als Touristen oder Besucher über die Grenze gekommen und sind dann nach Ablauf ihres Visums oder trotz einer Ausreiseverfügung im Land geblieben und untergetaucht.
In Spanien wird die Legalisierung von illegalen Einwanderern mit der Ausübung einer Erwerbstätigkeit verknüpft. Dies ist nicht verwunderlich, denn trotz der hohen Arbeitslosigkeit gibt es Spanien wie auch in Deutschland einen beachtlichen Markt für illegale Arbeitskräfte. Arbeitgebern bietet die illegale Ausländerbeschäftigung trotz rechtlicher Sanktionen Anreize, Migranten zu niedrigeren Löhnen als einheimische Arbeitnehmer zu beschäftigen; ferner fallen keine Sozialabgaben an. Wegen des Lohngefälles und der erheblichen Kaufkraftunterschiede zwischen den Staaten stellen auch niedrigste Löhne in Europa oftmals einen Anreiz dar, die Migrationsbarrieren - zunehmend mittels Schleppern - zu überwinden.
Zum gesellschaftlichen Problem wird die illegale Ausländerbeschäftigung vor allem durch den Einnahmeverlust im System der sozialen Sicherung. Außerdem besteht die Gefahr, dass reguläre Arbeitsplätze durch illegal Beschäftigte ersetzt werden. Wegen ihrer Stellung als illegale Migranten sind diese weitgehend schutzlos - insbesondere gegenüber Arbeitgebern. Sie haben keinerlei soziale Absicherung. Auch ist das Abrutschen in die Kriminalität oft lediglich Folge der unsicheren Situation und des Mangels an legalen Alternativen.
"Amnestien" wie die derzeit in Spanien vorgenommene Regelung sind vor diesem Hintergrund als positiv zu beurteilen. Sie erleichtern die Lebensbedingungen für die Migranten und verschaffen ihnen eine stärkere Stellung gegenüber ihren Arbeitgebern, wodurch dem Lohn-Dumping und der Substitution regulärer Arbeitsplätze entgegen gewirkt wird. Außerdem zahlen sie als legale Einwanderer in die Systeme sozialer Sicherung ein. Letztlich sind ihre Integrationsmöglichkeiten um ein Vielfaches erhöht, denn sie können sich nun frei in der Gesellschaft bewegen und sich mit ihr identifizieren.
Trotz seiner Chancen ist ein solches Amnestie-Angebot in Deutschland nicht zu erwarten. Zu groß sind die Ängste, man könnte die ohnehin als hoch eingeschätzte Attraktivität von Deutschland als Ziel wirtschaftlich orientierter Zuwanderung steigern und womöglich weitere Anreize für eine illegale Einwanderung schaffen. Während das Thema der Bekämpfung illegaler Einwanderung weiterhin Hochkonjunktur hat, ignoriert die politische und gesellschaftliche Debatte, dass die Existenz von illegalen Einwanderern in Deutschland Tatsache ist und dass diese Menschen oftmals in einer sehr desolaten Situation leben. Vielleicht brauchen wir ja eine europäische Richtlinie, um uns über die bestehenden Ängste hinwegzusetzen und damit auch bei uns nicht nur die Grenzen, sondern auch die tatsächlich hier lebenden Menschen gesichert sind.