EU-Grünbuch: Greencard, EU-Arbeitsgenehmigung, Arbeitsimmigration

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Am 11. Januar 2005 hat die Europäische Kommission ein Grünbuch zur Arbeitsmigration veröffentlicht (KOM(2004) 811). Dieses Grünbuch soll eine gesamtgesellschaftliche und europaweite Diskussion zu Fragen weiterer Vereinheitlichungen des europäischen Zuwanderungsrechtes für Angehörige aus Drittstaaten auslösen. Auf der Grundlage der Diskussionsergebnisse wird die Kommission bis Ende 2005 einen Strategieentwurf erstellen, in dem Regelungen über eine EU-Greencard enthalten sein könnten und der den europäischen Rahmen für eine weitreichende Arbeitsimmigration vorbereiten soll.

Hintergrund und Ziel des Grünbuchs
Derzeit arbeiten etwa 5 Millionen Menschen aus Drittstaaten in der Europäischen Union. Die EU-Kommission geht dabei von einer Zuwanderung von bis zu 20 Millionen weiteren Arbeitseinwanderern bis 2030 aus.

Ein Kommissionsvorschlag für eine Richtlinie zur allgemeinen Arbeitsimmigration unter Romano Prodi war im Jahre 2001 daran gescheitert war, dass vor allem Frankreich und Deutschland derartige Vorstöße wegen der hohen Arbeitslosigkeit abgelehnt hatten. Der amtierende Kommissionspräsident José Manuel Barroso stellt deshalb schon zu Beginn der Diskussion klar, dass eine langfristig angelegte Politik zur Wirtschaftsmigration eine ?strategische Notwendigkeit? für Europa sei.

Dies sei zum Einen durch die fortschreitende Bevölkerungsalterung in Europa bedingt. Denn lege man die gegenwärtigen Einwandererzahlen zugrunde, werde aufgrund des Rückgangs der Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter in der EU-25 zwischen 2010 und 2030 die Beschäftigtenzahl um rund 20 Millionen abnehmen. Dies führe nach Einschätzung der Europäischen Kommission zu starken negativen Auswirkungen auf das allgemeine Wirtschaftswachstum, das Funktionieren des Binnenmarktes und die Wettbewerbsfähigkeit von EU-Unternehmen. Wenngleich eine kontinuierlichere Einwanderung nicht das Problem der Überalterung löse, so sei sie doch zur Sicherung des Wohlstands in Europa vonnöten. Darüber hinaus wird die Notwendigkeit einer europäischen strategischen Initiative durch die wachsenden Zahlen illegaler Einwanderer verstärkt. Das Problem der illegalen Einwanderung könne verringert werden, indem Umgehungsmöglichkeiten der nationalen Verfahren durch eine einheitliche EU-Regelung eingeschränkt werden und indem Arbeitskräfte für Sektoren zugelassen werden, in denen ansonsten illegale Arbeitnehmer Beschäftigung finden würden.

Wieviel Vereinheitlichung in der EU?

Nach Artikel III-267(5) des Entwurfs des Verfassungsvertrags entscheiden auch weiterhin die Mitgliedsstaaten über die Aufnahme von Wirtschaftsmigranten. In den verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten bestehen unterschiedliche Bedürfnisse. So besteht zum einen eine hohe Arbeitslosigkeit, zum anderen ein gewisser Bedarf an bestimmten Arbeitskräften. Angesichts dessen wirft das Grünbuch die Frage auf, ob sofort ein globaler Rahmen für die Zulassung von Arbeitnehmern aus Drittstaaten geschaffen werden soll oder ob es ratsamer ist, zunächst nur sektorbezogenen Regelungen anzustreben. Sektorbezogene Maßnahmen könnten etwa Saisonarbeitnehmer, innerbetrieblich versetzte Arbeitnehmer und Migranten mit besonderen Qualifikationen betreffen.

Genehmigungsverfahren

Hinsichtlich eines europäischen Arbeitsgenehmigungsverfahrens stellt das Grünbuch einige Fragen. Soll es einen Grundsatz der "Gemeinschaftspräferenz" für eine EU-Arbeitserlaubnis geben, nach dem die Zulassung eines Arbeitnehmers aus einem Drittstaat erforderlich ist, dass die betreffende Stelle nicht mit einer einheimischen oder europäischen Arbeitskraft besetzt werden kann? Sollte ein flexibleres Vorgehen mithilfe von ?Green Cards? nach US-amerikanischem Vorbild angestrebt werden, nach dem Personen das Recht haben, überall in der EU eine Beschäftigung aufzunehmen? Und in welcher Beziehung würde diese EU-Genehmigung mit von den Mitgliedstaaten ausgestellten Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen stehen? Oder sollte es den Mitgliedstaaten auch weiter überlassen bleiben, Aufenthaltstitel auszustellen?

Auch wird angeregt, über die Einführung eines gemeinsamen Eilverfahrens zu diskutieren, das die Zulassung von Migranten im Falle eines Mangels an Arbeitskräften oder an Arbeitskräften mit besonderen Fertigkeiten erlaubt.

Rechte sichern, Integration fortführen
Die Kommission weist im Grünbuch darauf hin, dass die Rechtsstellung der Arbeitsmigranten gesichert sein muss, unabhängig davon, ob sie in ihr Herkunftsland zurückkehren wollen oder einen dauerhafteren Status anstreben. Über die bereits bestehenden Gemeinschaftsregelungen hinaus - wie etwa zu Drittstaatlern mit langzeitigem Aufenthalt (RL 2003/109/EG) oder zur sozialen Sicherheit (VO 1408/71) - regt die Kommission in diesem Zusammenhang Diskussion zu den Fragen an, welche besonderen Rechte bei vorübergehenden Aufenthalten gewährt werden sollten und ob bestimmte Rechte an eine Mindestaufenthaltsdauer geknüpft werden. Schließlich stellt die Kommission fest, dass die EU ihre Anstrengungen zur Förderung der Integration der heutigen und der künftigen Migranten in den Arbeitsmarkt und in die Gesellschaft des Gastlandes allgemein fortsetzen muss, wobei insbesondere Einführungsprogrammen für neue Einwanderer eine Rolle spielten.

Rückkehr von Migranten und Brain Drain
Zwei weitere Themen, zu denen eine Diskussion angestoßen werden soll, sind einerseits die Frage wie die Rückkehr von Personen mit befristetem Arbeitsvertrag bei Vertragsende erleichtert werden kann. Andererseits gelte es, der Problematik des ?Brain Drain? gerecht zu werden, also der Folgen der Abwanderung hochqualifizierter Arbeitskräfte aus Entwicklungsländern. Diesbezüglich rät die Kommission Überlegungen darüber anzustellen, wie die Rücküberweisung von Einkünften erleichtert werden können und ob eventuell eine Erstattung der Ausbildungskosten an die Drittländer angebracht ist.

Die Kommission sieht für Juli 2005 eine öffentliche Anhörung über Wirtschaftsmigration vor. Nach Abschluss dieses umfassenden Konsultationsprozesses wird die Kommission bis Ende 2005 einen politischen Plan zur legalen Einwanderung, einschließlich Zulassungsverfahren, vorlegen, der wahrscheinlich den Vorschlag für eine Richtlinie umfassen wird.

Das angestrebte System soll dabei dem hären Anspruch genügen, ?transparent, unbürokratisch und gänzlich praktikabel? zu sein und ?den Interessen aller Beteiligten ? Migranten, Herkunftsländer und Aufnahmeländer? zu dienen.

Im Rahmen der gesamtgesellschaftlichen Diskussion fordert die EU-Kommission alle Verbände, Behörden, Organisationen und Einzelpersonen auf, schriftliche Beiträge bis spätestens 15. April 2005 an folgende Stelle zu senden:

Der Generaldirektor
Generaldirektion Justiz, Freiheit und Sicherheit
Europäische Kommission
B-1049 Brüssel
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