Kommission bewertet die Anwendung der Unionsbürgerrichtlinie durch die Mitgliedstaaten

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Die Kommission hat heute einen Bericht über die Anwendung der Richtlinie 2004/38/EG über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, angenommen.  Sie kommt darin zu dem Schluss, dass die Umsetzung der Unionsbürgerrichtlinie insgesamt eher enttäuschend verläuft. In dem Bericht wird auf die Schritte eingegangen, mit denen die Kommission sicherstellen will, dass die Mitgliedstaaten ihre Rechtsvorschriften und ihre Verwaltungspraxis verbessern, damit die Rechte der EU-Bürger nicht beeinträchtigt werden.

Der für Justiz, Freiheit und Sicherheit zuständige Vizepräsident der Kommission Jacques Barrot erklärte dazu: „Der freie Personenverkehr ist eine der Grundfreiheiten des Binnenmarktes, zum Nutzen der EU-Bürger, der Mitgliedstaaten und der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft. Mängel bei der Durchführung des Gemeinschaftsrechts in diesem Bereich können auf einen Verstoß gegen die Grundsätze hinauslaufen, die das Fundament Europas bilden. Deshalb will sich die Kommission verstärkt darum bemühen, sicherzustellen, dass EU-Bürger und ihre Familien ihre Rechte aufgrund der Richtlinie tatsächlich uneingeschränkt wahrnehmen können. Um dieses Ergebnis zu erreichen, wird die Kommission die ihr durch den Vertrag übertragenen Befugnisse voll ausschöpfen, d.h. gegebenenfalls Vertragsverletzungsverfahren einleiten, Leitlinien für die Mitgliedstaaten bereitstellen und gewährleisten, dass die Unionsbürger über ihre Rechte informiert werden.

Mit der Richtlinie 2004/38/EG steht ein einziges Rechtsinstrument für die Freizügigkeit der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen zur Verfügung. Sie legt einfache Verwaltungsformalitäten fest und räumt Unionsbürgern und ihren Familien nach fünfjährigem Aufenthalt im Aufnahmemitgliedstaat das Recht auf Daueraufenthalt ein. Unter bestimmten Voraussetzungen erweitert die Richtlinie  das Recht auf Familienzusammenführung auf eingetragene Lebenspartner.

Die Mitgliedstaaten hatten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen, um diese Richtlinie bis zum 30. April 2006 umzusetzen. Eine der Aufgaben der Kommission besteht darin, dafür zu sorgen, dass die Rechtsvorschriften der EU auf nationaler und lokaler Ebene im Interesse der Unionsbürger tatsächlich umgesetzt werden. Nach zweieinhalb Jahren ist es jetzt an der Zeit, Bilanz zu ziehen und zu prüfen, wie die Mitgliedstaaten ihrer Verpflichtung nachgekommen sind.

Zum Schutz des Rechts der Unionsbürger und ihrer Familien, sich in der EU frei zu bewegen und aufzuhalten, haben alle Mitgliedstaaten einzelstaatliche Rechtsvorschriften erlassen.
 
EU-Bürger und ihre Familien werden zwar in nationalen Rechtsvorschriften auf manchen Gebieten besser behandelt als vom Gemeinschaftsrecht gefordert, aber kein einziger Mitgliedstaat hat die gesamte Richtlinie tatsächlich korrekt umgesetzt. Kein einziger Artikel der Richtlinie wurde von allen Mitgliedstaaten korrekt umgesetzt.

Die Umsetzung der Richtlinie ist somit insgesamt eher enttäuschend.  Nur Zypern, Griechenland, Finnland, Portugal, Malta, Luxemburg und Spanien haben mehr als 85% der Bestimmungen der Richtlinie korrekt übernommen. Österreich, Dänemark, Estland, Slowenien und die Slowakei haben weniger als 60% der Bestimmungen der Richtlinie übernommen.

Diese Situation wird dadurch relativiert, dass unsachgemäß umgesetzte Bestimmungen der Richtlinie, zumindest in einigen Fällen, anscheinend von den nationalen Gerichten und Behörden korrekt angewandt werden, auch wenn keine eindeutigen schriftlichen Leitlinien für den gerichtlichen und administrativen Ermessensspielraum auf diesem Gebiet vorhanden sind.

Die Probleme, die eine anhaltende Verletzung der wichtigsten Rechte von Unionsbürgern bei der Ausübung ihres Freizügigkeitsrechts offenbaren, betreffen hauptsächlich:
- dem Recht auf Einreise und Aufenthalt von Familienangehörigen aus Drittstaaten (Probleme mit Einreisevisa oder beim Grenzübertritt, nicht in der Richtlinie vorgesehene Bedingungen für das Aufenthaltsrecht und verspätete Ausstellung von Aufenthaltskarten) und
- die Anforderung an Unionsbürger, mit dem Antrag auf Aufenthaltsgenehmigung zusätzliche Dokumente einzureichen, die in der Richtlinie nicht verlangt werden.
Die Mitgliedstaaten sind dafür verantwortlich, dass die Rechte der Unionsbürger garantiert und die Unionsbürger korrekt über ihre Rechte informiert werden.

Die Kommission wird auf fachlicher Ebene weiter mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeiten. Im Rahmen dieser Arbeit wurden bereits einige Aspekte, insbesondere im Hinblick auf Kriminalität und Missbrauch, herauskristallisiert, die weiterer Diskussion und Klärung bedürfen.

Die Kommission beabsichtigt, im ersten Halbjahr 2009 mit der Herausgabe von Leitlinien zu mehreren Punkten, deren Umsetzung oder Anwendung sich als problematisch herausgestellt hat, Informationen und Unterstützung bereitzustellen.
Die Kommission wird ferner die Mitgliedstaaten dazu anhalten, die Bürger mittels Sensibilisierungskampagnen über ihre Rechte aus dieser Richtlinie zu informieren, und sie dabei unterstützen.

Weitere Informationen zu den Tätigkeiten von Vizepräsident Barrot finden Sie im Internet unter:

http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=MEMO/09/311&format=HTML&aged=0&language=EN&guiLanguage=en

http://ec.europa.eu/commission_barroso/barrot/welcome/default_de.htm