Am 2. September hat die Kommission die Einrichtung eines "Gemeinsamen Neuansiedlungsprogramms der EU" vorgeschlagen. Mit diesem Programm soll die Neuansiedlung innerhalb der EU zu einem effizienten Instrument des Flüchtlingsschutzes ausgestaltet und eine engere politische und praktische Zusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedsstaaten hergestellt werden.
Bei dieser Initiative geht es um die Neuansiedlung von Flüchtlingen aus Drittstaaten in einem EU-Mitgliedstaat, d.h. den Transfer aus dem Erstasylland in ein anderes, aufnahmebereites Land, wo sie einen Neuanfang wagen können und dauerhaften Schutz finden. Weltweit lebt die überwiegende Mehrheit der Flüchtlinge außerhalb der EU in Entwicklungsländern in Asien und Afrika. Die meisten würden am liebsten in ihr Herkunftsland zurückkehren. Aber für einige dieser Flüchtlinge, vor allem die besonders schutzbedürftigen, stellt dies keine Option dar. Für sie ist eine Neuansiedlung die einzige Lösung.
Vizepräsident Jacques Barrot, der innerhalb der Kommission für Freiheit, Sicherheit und Justiz zuständig ist, sagte dazu: "Heute hat die Kommission einen wichtigen Schritt vollzogen, um unsere Solidarität mit Drittländern, die eine große Zahl von Flüchtlingen aufnehmen, konkret unter Beweis zu stellen".
Die meisten Flüchtlinge befinden sich weit weg von der EU in Afrika, Asien und dem Nahen Osten, d.h. in Nachbarländern oder derselben Region wie ihr Herkunftsland. Häufig handelt es sich dabei um Entwicklungsländer mit begrenzten Ressourcen, die nicht in der Lage sind, eine große Zahl von Flüchtlingen zu integrieren. Generell würde die große Mehrheit der Flüchtlinge eindeutig der Rückkehr ins Herkunftsland den Vorzug geben. Die Neuansiedlung wird als letzte Möglichkeit gesehen, wenn der Flüchtling weder in sein Heimatland zurückkehren kann noch seine Sicherheit im Drittland gewährleistet ist. Viele dieser Flüchtlinge gehören zu den besonders schutzbedürftigen Gruppen wie Kinder, allein stehende Frauen mit Kindern, traumatisierte oder schwer kranke Personen.
Nach Schätzungen des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) müssen allein 2010 von weltweit ca. 10 Millionen Flüchtlingen 203 000 neu angesiedelt werden. Im Jahr 2008 haben Länder auf der ganzen Welt die Neuansiedlung von 65 000 Flüchtlingen angeboten. Davon wurden 4 378 Flüchtlinge bzw. 6,7 % in einem EU-Land neu angesiedelt. Der Neuansiedlungsbedarf steigt ständig, doch die Zahl der von den Staaten zur Verfügung gestellten Plätze hält damit nicht Schritt. Diese Lücke dürfte sich noch weiter vergrößern, wenn die internationale Gemeinschaft keine konzertierten Anstrengungen unternimmt.
Die Neusiedlung von Flüchtlingen aus Drittländern in der EU ist also von der Umsiedlung von Flüchtlingen aus einem EU-Mitgliedstaat in einen anderen aus Gründen der innergemeinschaftlichen Solidarität zu unterscheiden. Hier verfolgt die Kommission gesonderte Initiativen, u.a. ein spezielles Pilotprojekt für Personen, die internationalen Schutz genießen und aus Malta in andere Mitgliedstaaten umgesiedelt werden.
Inhalt des Gemeinsamen Neuansiedlungsprogramms der EU
Vor diesem Hintergrund soll das "Gemeinsame Neuansiedlungsprogramm der EU" zu einem wirksamen Instrument des Flüchtlingsschutzes ausgestaltet werden. Zurzeit beteiligen sich 10 Mitgliedstaaten auf Jahresbasis an Neuansiedlungsprogrammen; einige andere nehmen die Neuansiedlung von Flüchtlingen ad hoc vor. Alle diese Neuansiedlungsaktivitäten finden ohne große Konsultation oder Koordinierung zwischen den EU-Mitgliedstaaten statt.
Das von der Kommission vorgeschlagene Programm sieht eine engere politische und praktische Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten vor, um nicht nur die Effizienz und Kostenwirksamkeit der Neuansiedlungsaktivitäten, sondern auch den humanitären und strategischen Effekt zu erhöhen. Geschaffen werden soll ein Mechanismus, damit alljährlich gemeinsame Prioritäten festgelegt werden können und die finanzielle Unterstützung, die den Mitgliedstaaten über den Europäischen Flüchtlingsfonds zur Verfügung steht, effizienter genutzt wird.
Verschiedene Maßnahmen zur Auswahl von Personen, die für eine Neuansiedlung in Betracht kommen, und deren Aufnahme sollen von den Mitgliedstaaten mit Hilfe des künftigen Unterstützungsbüros für Asylfragen gemeinsam durchgeführt werden. Den Mitgliedstaaten steht es frei, ob sie sich an der Neuansiedlung beteiligen und wie viele Flüchtlinge sie gegebenenfalls neu ansiedeln wollen.
Weitere Informationen zur Tätigkeit von Vizepräsident Barrot finden Sie auf seiner Website