EuGH verhandelt zu den Anforderungen des besonderen Ausweisungsschutz für Unionsbürger

Anzeige Werbung Kanzleien Anzeige

Der Europäische Gerichtshof hat am Dienstag, den 20. April 2010 in der Rechtssache C-145/09 (Tsakouridis) die Frage des Ausweisungsschutzes von Unionsbürgern nach Art. 28 Abs. 3 der Unionsbürgerrichtlinie (Richtlinie 2004/38/EG) verhandelt. Das Verfahren betrifft ein Vorabentscheidungsersuchen des VGH Mannheim vom 9. April 2009.

Die älteren Vorabentscheidungsersuchen zu der Anwendbarkeit der Ausweisungsschutzbestimmungen von Unionsbürgern auf türkische Staatsangehörige wurden offensichtlich zurückgestellt, um zunächst die Frage zu klären, ob gegen Unionsbürger, die ihren Aufenthalt in den letzten zehn Jahren im Aufnahmemitgliedstaat gehabt haben oder minderjährig sind, eine Ausweisung unzulässig ist, sofern diese nicht auf zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit, die von den Mitgliedstaaten festgelegt wurden, beruht.

In dem Verfahren haben neben den Beteiligten, die Bundesrepublik Deutschland, Österreich, Belgien, Dänemark, Ungarn, Polen, das Vereinigte Königreich und die Europäische Kommission schriftliche Erklärungen abgegeben. Überwiegend äußerten die Mitgliedstaaten – mit Ausnahme von Polen – die Ansicht, dass auch schwere Kriminalität, die eine organisierte Form angenommen hat und/oder gravierende und schwere Verstöße gegen die Strafrechtsordnung, unter die öffentliche Sicherheit zu fassen sein.

Die Kommission geht hingegen davon aus, dass Art. 28 Abs. 3 Buchstabe a der Richtlinie 2004/38/EG dahingehend auszulegen sei, dass gegen Unionsbürger, die ihren Aufenthalt in den letzten zehn Jahren vor der Entscheidung über die Ausweisung im Aufnahmemitgliedstaat gehabt haben eine Ausweisung nur unter außergewöhnlichen Umständen verfügt werden darf, wenn die Entscheidung dergestalt auf zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit beruht, dass die Ausweisung zum Schutz der inneren und/oder äußeren Sicherheit des Aufnahmemitgliedstaats unabweisbar erforderlich ist. Eine rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren könne daher auch dann keinen zwingenden Grund der öffentlichen Sicherheit darstellen, wenn das persönliche Verhalten des betroffenen Unionsbürgers lediglich eine schwerwiegende Gefährdung der – von der öffentlichen Sicherheit zu unterscheidenden – öffentlichen Ordnung erkennen lasse."

Weiterhin äußerten sich die Mitgliedstaaten und die Kommission zu den Voraussetzungen eines Wegfalls des besonderen Ausweisungsschutzes durch Abwesenheit im Bundesgebiet.

Mit den Schlussanträgen des Generalanwalts ist am 8. Juni 2010 zu rechnen.

Die Einzelheiten können Mitglieder dem Sitzungsbericht entnehmen, der unter Materialien zur Unionsbürgerrichtlinie abgelegt ist.