EU Kommission verabschiedet Erweiterungspaket

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Die Europäische Kommission hat am 9. November 2010 das Erweiterungspaket verabschiedet. Es handelt sich dabei um die von der Kommission jährlich vorgenommene Bewertung der Erweiterungsagenda der Europäischen Union. Darin legt die Kommission den aktuellen Stand der Heranführung und die künftigen Herausforderungen dar und zeigt den Weg auf, den der Westbalkan, die Türkei und Island noch vor sich haben.

Die Kommission schlägt den Kandidatenstatus für Montenegro vor und empfiehlt, dass Beitrittsverhandlungen mit Montenegro und Albanien aufgenommen werden sollten, sobald beide Länder die in der jeweiligen Stellungnahme genannten Vorgaben erfüllt haben. Die Kommission bestätigt, dass Kroatien in die Endphase seiner Beitrittsvorbereitungen eintritt.

Bei der Vorstellung des jährlichen Erweiterungspakets sagte EU-Kommissar Füle: „Die Erweiterungspolitik versetzt die EU in die Lage, den Herausforderungen einer sich verändernden bipolaren Welt zu begegnen, in der wir auch über die eigenen Grenzen hinaus für unser wertebasiertes System werben müssen.  Eine Union, die die erneute Zusammenarbeit ehemaliger Rivalen fördert und den höchsten Menschenrechtsstandard wahrt, wird über die weiche Macht und die Anziehungskraft verfügen, die sie braucht, um die Welt um sich herum zu gestalten, statt von ihr bestimmt zu werden.“

Da der Lissabonner Vertrag eine Reihe institutioneller Hindernisse beseitigt und die kombinierte Verwendung sämtlicher außenpolitischer Instrumente (GASP und Gemeinschaftsinstrumente) ermöglicht, kann die Erweiterungsagenda voranschreiten. Die Verhandlungen mit Kroatien sind in die Endphase eingetreten, während die Verhandlungen mit der Türkei weiter vorankommen, wenn auch langsam.  Die Beitrittsverhandlungen mit Island haben begonnen und der Beitrittsantrag Serbiens wird bearbeitet. Die Kommission hat ihre Stellungnahmen zu den Beitrittsanträgen Albaniens und Montenegros vorgelegt. Die Kommission hat ihre Empfehlung von 2009 zugunsten der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien bekräftigt und die europäische Perspektive Bosnien und Herzegowinas und des Kosovo  bestätigt.
 
Die Reformbemühungen in den Erweiterungsländern tragen erste greifbare Früchte für ihre Bürger. So werden die Bürger Albaniens und Bosnien und Herzegowinas in Kürze visafrei in die EU einreisen können. Für die Bürger Serbiens, Montenegros und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien wurde die Visumspflicht bereits vor einem Jahr aufgehoben. Viele Volkswirtschaften in der Erweiterungsregion erstarken trotz der globalen Krisen, der Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten nähert sich dem in der EU üblichen Niveau  und die regionale Zusammenarbeit kommt wesentlich voran. Die Festigung von Frieden und Stabilität kommt nicht nur der Region, sondern ganz Europa zugute.

Für die Kandidaten und potenziellen Kandidaten sind die Vorbereitungen auf den Beitritt mit durchgreifenden Reformen verbunden. Es bleiben zahlreiche Herausforderungen. Zu den wichtigsten zählen gute Regierungsführung, Rechtsstaatlichkeit und Meinungsfreiheit. Bei mehreren Ländern stellt die uneingeschränkte Zusammenarbeit mit dem Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien nach wie vor eine Grundvoraussetzung für den Fortgang des gesamten Beitrittsprozesses dar. In einigen Fällen ist konstruktive Diplomatie gefragt, damit verhindert wird, dass bilaterale Frage den Beitrittsprozess behindern. 

„Die Erweiterungspolitik der EU ist ein Paradebeispiel dafür, wie wir große Herausforderungen in unserer unmittelbaren Nachbarschaft in Chancen für ein sichereres und florierendes Europa verwandeln können“, fügte EU-Kommissar Füle hinzu. „Um erfolgreich zu sein, müssen wir die Glaubwürdigkeit dieses Prozesses gewährleisten.  Auf Seiten der EU setzt diese Glaubwürdigkeit voraus, dass ein Beitritt nur auf der Grundlage einer strengen Konditionalität in Aussicht gestellt wird.  Für die Kandidaten und potenziellen Kandidaten bedeutet sie die Verpflichtung zu Reformen, die sie an die EU-Normen und Gesetze heranführen sollen.“

LÄNDERÜBERSICHT

- KROATIEN: Kandidat – Beitrittsantrag 2003. Von den 35 Kapiteln wurden inzwischen 25 vorläufig abgeschlossen.  Die Beitrittsverhandlungen befinden sich in der Endphase und sollten abgeschlossen werden können, sobald Kroatien die letzten Vorgaben, vor allem im Bereich Justiz und Grundrechte, erfüllt

- TÜRKEI: Kandidat – Beitrittsantrag 1987. 13 Kapitel wurde eröffnet und 1 Kapitel vorläufig abgeschlossen. Voraussetzung für raschere Forschritte in den Beitrittsverhandlungen sind neben der uneingeschränkten Erfüllung der aus der Zollunion erwachsenden Verpflichtungen Fortschritte zur Normalisierung der Beziehungen zu Zypern.

- ISLAND: Kandidat – Beitrittsantrag 2009, Aufnahme von Beitrittsverhandlungen im Juli 2010. Die analytische Durchsicht des Besitzstands (Screening) wird in Kürze beginnen. Da Island bereits Mitglied des EWR und des Schengen-Raums ist, wurden seine Rechtsvorschriften bereits größtenteils dem EU-Recht angeglichen.

- EHEMALIGE JUGOSLAWISCHE REPUBLIK MAZEDONIEN: Kandidat – Beitrittsantrag 2004. Das Land erfüllt die politischen Kriterien nach wie vor in ausreichendem Maße und die Kommission bekräftige ihre bereits 2009 ausgesprochene Empfehlung zugunsten der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen. Da zur Aufnahme der Verhandlungen ein einstimmiger Beschluss der Mitgliedstaaten erforderlich ist, muss unbedingt eine einvernehmliche Lösung der Namensfrage gefunden werden.

- MONTENEGRO: Kandidat – Beitrittsantrag 2008. In ihrer Stellungnahme empfiehlt die Kommission, dem Land den Kandidatenstatus zu gewähren und - bei ausreichenden Fortschritten in den in der Stellungnahme genannten Schlüsselbereichen - Beitrittsverhandlungen aufzunehmen.

- ALBANIEN: potenzieller Kandidat – Beitrittsantrag 2009. In ihrer Stellungnahme empfiehlt die Kommission, bei ausreichenden Fortschritten in den in der Stellungnahme genannten Schlüsselbereichen Beitrittsverhandlungen aufzunehmen.

- SERBIEN: potenzieller Kandidat – Beitrittsantrag 2009. Am 25. Oktober 2010 leitete der Rat Allgemeine Angelegenheiten den Beitrittsantrag Serbiens an die Kommission weiter, die mit der Ausarbeitung ihrer Stellungnahme beginnen wird.

- BOSNIEN UND HERZEGOWINA: potenzieller Kandidat – bisher kein Beitrittsantrag. Das Fehlen einer gemeinsamen Vision der politischen Führung im Hinblick auf die künftige Ausrichtung des Landes blockierte nach wie vor wichtige Reformen und eine weitere Annäherung an die EU.

- KOSOVO : potenzieller Kandidat – bisher kein Beitrittsantrag. Die EU unterstützt die Bemühungen des Kosovo um Verwirklichung seiner europäischen Perspektive und leitete im Januar den Dialog über den Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess ein. Die Kommission wird die Teilnahme des Kosovo an einschlägigen EU-Programmen vorantreiben.
Weitere Informationen:
http://ec.europa.eu/enlargement/press_corner/key-documents/reports_nov_2010_en.htm