EuGH wird über Visafreiheit türkischer Touristen entscheiden

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Das OVG Berlin-Brandenburg hat mit Beschluss vom 13. April 2011 - OVG 12 B 46.09 - entschieden, dem EuGH die Frage vorzulegen, ob im Hinblick auf das EuGH Soysal-Urteil auch türkische Touristen sich als Dienstleistungsempfänger auf die Stand-Stil-Klausel des Art. 41 Abs. 1 Zusatzprotokoll (ZP) zum Assoziierungsabkommen EWG-Türkei berufen können.

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat am 13. April 2011 über die Berufung einer türkischen Staatsangehörigen verhandelt, die ohne Visum in das Bundesgebiet einreisen möchte, um Familienangehörige zu besuchen. Sie ist der Ansicht, dass die derzeit geltende Visumspflicht gegen die so genannte Stillhalteklausel im Zusatzprotokoll zum Abkommen vom 12. September 1963 verstößt, das die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und die Türkei zur Gründung einer Assoziation geschlossen haben. Diese Klausel verbietet der Bundesrepublik Deutschland seit dem 1. Januar 1973, für türkische Staatsangehörige neue – d.h. bis zu diesem Zeitpunkt nicht bestehende - Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs einzuführen.

Der 12. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat das Verfahren ausgesetzt und eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in Luxemburg eingeholt. Der Europäische Gerichtshof soll zum einen die Frage beantworten, ob die passive Dienstleistungsfreiheit - wie z.B. der Besuch eines Arztes oder die Übernachtung in einem Hotel - unter den Begriff des freien Dienstleistungsverkehrs im Sinne des Zusatzprotokolls fällt. Ist dies zu bejahen, so soll der Europäische Gerichtshof außerdem klären, ob sich auch türkische Staatsangehörige auf die passive Dienstleistungsfreiheit im Sinne des Zusatzprotokolls berufen können, die nicht zur Inanspruchnahme einer konkreten Dienstleistung, sondern zum Besuch von Verwandten in das Bundesgebiet einreisen möchten und während dieses Aufenthaltes möglicherweise Dienstleistungen in Empfang nehmen (z.B. Besuch eines Restaurants).

Damit dürfte in absehbarer Zeit der Streit entschieden werden, ob auch die passive Dienstleistungsfreiheit unter den Dienstleistungsfreiheitsbegriff gem. Art. 41 Abs. 1 ZP fällt und Türken für Kurzaufenthalte visumfrei nach Deutschland reisen können. In dem Verfahren soll gleichzeitig geklärt werden, ob auch Türken, die zum Besuch von Familienangehörigen nach Deutschland kommen wollen, von der Visumfreiheit erfasst sind.

Quelle: Presseerklärung des OVG Berlin-Brandenburg