EU-Parlament: Dienstleistungsrichtlinie- Tätigkeit als Rechtsanwalt - Herkunftslandprinzip
Am 16. Februar 2006 hat das Plenum des Parlaments in erster Lesung über den Kommissionsvorschlag für eine Dienstleistungsrichtlinie mit zahlreichen Änderungen abgestimmt. Dieser Richtlinienvorschlag ist Teil des Wirtschaftsreformprozesses, den der Europäische Rat auf seiner Tagung in Lissabon mit dem Ziel eingeleitet hat, die EU bis zum Jahre 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen. Für die Verwirklichung dieses Zieles ist die Vollendung eines wirklichen Binnenmarktes für Dienstleistungen unerlässlich. Das beachtliche Potenzial des Dienstleistungssektors für Wachstum und Beschäftigung konnte bisher aufgrund zahlreicher Hindernisse1, die der Entwicklung von Dienstleistungen im Binnenmarkt entgegenstanden, nicht ausgeschöpft werden. Die Dienstleistungsrichtlinie ist Teil der von der Kommission verabschiedeten Strategie zur Beseitigung dieser Hemmnisse und stützt sich auf den Bericht über den Stand des Binnenmarktes für Dienstleistungen, der Umfang und die Gewichtigkeit dieser Probleme aufgezeigt hat.
Ziel der Dienstleistungsrichtlinie- Tätigkeit als Rechtsanwalt - Herkunftslandprinzip
Ziel dieses Richtlinienvorschlags ist es, einen Rechtsrahmen zu schaffen, durch den die Hindernisse für die Niederlassungsfreiheit von Dienstleistungserbringern und für den freien Dienstleistungsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten beseitigt werden und der den Dienstleistungserbringern ebenso wie den -empfängern die notwendige Rechtssicherheit bietet, die diese für die wirksame Wahrnehmung dieser beiden Grundfreiheiten des EG-Vertrags benötigen. Der Vorschlag erstreckt sich auf eine große Bandbreite von Dienstleistungstätigkeiten mit wenigen Ausnahmen, etwa den Finanzdienstleistungen, und er gilt nur für Dienstleistungserbringer, die in einem Mitgliedstaat niedergelassen sind.
Das von der Kommission angestrebte Herkunftslandprinzip, nach dem der Dienstleistungserbringer einzig den Rechtsvorschriften des Landes unterliegt, in dem er niedergelassen ist, und wonach die Mitgliedstaaten die Erbringung von Dienstleistungen durch in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassene Dienstleistungserbringer nicht beschränken dürfen, konnte sich nicht im Europaparlament durchsetzen. Nach dem Kompromiss zwischen den Parteien zum umstrittenen ?Herkunftslandprinzip? muss der Mitgliedstaat, in dem die Dienstleistung erbracht wird, für die freie Aufnahme und Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit innerhalb seines Hoheitsgebietes sorgen. Mitgliedstaaten haben aber das Recht, bestimmte Anforderungen aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, des Umweltschutzes sowie der öffentlichen Gesundheit an die Dienstleister zu stellen. Auch können sie ihre Arbeitsrechtsbestimmungen geltend machen. Jedoch müssen die Anforderungen erforderlich, verhältnismäßig und nichtdiskrimierend sein. Bestimmte Anforderungen, wie beispielsweise die Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer Standesorganisation, werden den Mitgliedstaaten jedoch untersagt. Notare sind vom Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie ausgeschlossen. Trotz einer im Wortlaut in einigen Amtssprachen gegenteiligen Formulierung geht das Europäische Parlament aufgrund der Stellung der Ausnahme in der Regelung des Anwendungsbereichs davon aus, dass Rechtsanwälte ebenfalls ganz aus der Dienstleistungsrichtlinie ausgenommen sind (und nicht nur im Hinblick auf ihre sektorspezifischen Richtlinien). Nichtanwaltliche Berater werden jedoch ausdrücklich von der Richtlinie erfasst. Es wird erwartet, dass die Kommission in wenigen Wochen einen geänderten Vorschlag vorlegen wird. Die politische Einigung im Rat wird noch unter österreichischer Ratspräsidentschaft angestrebt.