Kampf der Positionen - Migrationspolitik im französischen Präsidentschaftswahlkampf

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Der Präsidentschaftswahlkampf in Frankreich nähert sich mit der Stichwahl am 6. Mai 2007 seinem Höhepunkt. Wer wird Frankreichs Geschicke für die nächsten Jahre lenken? Und welche Migrationspolitik haben wir im westlichen Nachbarland zu erwarten? Die beiden Favoriten Nicolas Sarkozy und Ségolène Royal haben Migration zu einem wichtigen Thema im Wahlkampf gemacht und beide verfolgen sehr unterschiedliche Pläne für die Steuerung and Gestaltung der Einwanderung nach Frankreich.

Migrationspolitik in Frankreich

Frankreich ist ein Land mit einer langen Einwanderungstradition. Derzeit sind rund 8 Prozent der in Frankreich lebenden Menschen außerhalb Frankreichs geboren, und zwischen 1999 und 2005 haben über eine Millionen Menschen die französische Staatsbürgerschaft erhalten. Dabei war in den vergangenen Jahren der Familiennachzug mit 70 Prozent der gesamten Einwandererzahl von besonderer Bedeutung. Was die Herkunft der französischen Einwanderung betrifft, so stammen über 70 Prozent vom afrikanischen Kontinent, wobei allein die Hälfte aller Einwanderer aus den Nordafrikanischen Maghrebstaaten stammt.

Sarkozy – Restriktionen, selektive Zuwanderung und französische Werte

Der ehemalige französische Innenminister und Kandidat der Mitte-rechts Partei UMP Sarkozy ist als „law-and-order“-Mann bekannt, der während seiner Zeit als Innenminister zwei sehr umstrittene Gesetze maßgeblich beeinflusst und umgesetzt hat. Das Erste war das so genannte MISEFEN Gesetz über Einwanderungskontrolle und den Aufenthalt von Ausländern in Frankreich. Mit dem im November 2003 verabschiedeten Gesetz wurde die irreguläre Einwanderung bekämpft und der Zugang für Drittstaatler, d.h. Menschen, die nicht EU Staaten stammen, erschwert. Besondere Bedeutung hatte auch das Gesetz über Einwanderung und Integration vom Juli vergangenen Jahres, das unter dem Namen Sarkozy I-Gesetz bekannt ist. Mit diesem Gesetz wandte sich Frankreich einer „selektiven Migration“ zu. Dies bedeutet, das wirtschaftlich benötigte Arbeiter und Hochqualifizierte einfacheren Zugang, andere Arten von Migranten erheblich erschwerte Einwanderungsbedingungen erhielten. Letztlich wurde es mit dem so genannten Sarkozy II-Gesetz ab Januar 2007 für alle Migranten, die eine Niederlassungserlaubnis erhalten wollten, obligatorisch, einen „Willkommens- und Integrationsvertrag“ zu unterschreiben, mit dem die Migranten/innen die Achtung und Beachtung der Gesetze und Werte in Frankreich anerkannten und sich verpflichten, Integrations-, sowie ggf. Sprachkurse zu besuchen. Ungeachtet dieser restriktiven Politiken hat Sarkozy sich in der Vergangenheit auch für den Dialog mit Muslimen in Frankreich stark gemacht.

Royal – temporäre Migration, Legalisierung von irregulären Einwanderern

Die Kandidatin der Mitte-links orientierten Sozialistischen Partei, Royal, hat deutlich andere Ideen für die Migrationspolitik Frankreichs. Sie ist nicht auf Hochqualifizierte fokussiert und plant, ‚zirkuläre Migration’ zu verstärken, was auch den Herkunftsländern zu gute kommen soll. Royal bezieht sich explitzit auf die Auswirkungen von Migration auf die Entwicklung der Herkunftsländer.  
Außerdem hat Royal angekündigt, die Legalisierung von irregulären Migranten auf der Grundlage einer Fall-zu-Fall Bearbeitung prüfen lassen zu wollen und den Zugang zu medizinischer Notfallversorgung für diese Menschen zu vereinfachen. Sie hofft überdies, die unter Sarkozy abgeschaffte gesetzliche Regelung wieder einzuführen, nach der irreguläre Migranten nach 10jährigem Aufenthalt in Frankreich ein Recht auf Legalisierung ihres Aufenthaltsstatus hätten.

Kommunales Ausländerwahlrecht nach 5, bzw. 10 Jahren

Beide Kandidaten sind für die Einführung eines kommunalen Ausländerwahlrechts, wobei Sarkozy hierfür einen 10jährigen, rechtmäßigen Aufenthalt verlangt, während Royal die Hälfte dieser Zeit genügen lassen möchte. In wenigen Tagen wissen wir, welcher politische Führer versuchen kann, seine migrationspolitischen Konzepte umzusetzen. Aber es wird etwas länger brauchen, um zu beurteilen, welche Ankündigungen allein im Wahlkampf gemacht wurden und welche Ideen, den Kandidaten wirklich am Herzen, und im politischen Bewusstsein liegen.

externer Link:

Das Migration Policy Institute, in Washington DC hat einen ausführlichen Hintergrundbericht zur Migrationspolitik in Frankreich verfasst (pdf in englischer Sprache, externer Inhalt, öffnet in neuem Fenster)

weitere Artikel in englischer Sprache zu diesem Thema auf M.Net:

France: Selective Immigration, Brain Drain, Immigration Law, Point system