Grünbuch über das künftige gemeinsame Europäische Asylsystem

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Das im Tampere-Programm und im Haager Programm beschriebene Gemeinsame Europäische Asylsystem soll in zwei Phasen geschaffen werden. Die erste Phase, in der vier wichtige Rechtsinstrumente ausgestaltet werden mussten, ist nun abgeschlossen. Gemäß dem Haager Programm sind die Rechtsinstrumente der zweiten Phase des Asylsystems Ende 2010 zu verabschieden. Vor der Unterbreitung der neuen Vorschläge möchte die Kommission auf der Grundlage dieses Grünbuchs eine umfassende Debatte über die künftige Architektur des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems führen. Sie fordert alle Interessenvertreter auf, sich zu den vorgeschlagenen Konzepten zu äußern und konstruktive Vorschläge zur Ausgestaltung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems einzureichen.

Die vier Rechtsinstrumente der ersten Phase des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems sind mittlerweile in Kraft getreten: Die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 ("Dublin-Verordnung"), die Richtlinie 2003/9/EG des Rates (“Aufnahmebedingungen-Richtlinie“), die Richtlinie 2004/83/EG ("Anerkennungsrichtlinie") und die Richtlinie 2005/85/EG ("Asylverfahren-Richtlinie"). Mit diesen Rechtsinstrumenten sollen gleiche Bedingungen für alle geschaffen und ein System errichtet werden, das wirklich schutzbedürftigen Personen in allen Mitgliedstaaten ein gleichwertiges, hohes Schutzniveau garantiert und gleichzeitig denjenigen, die als nicht schutzbedürftig angesehen werden, eine faire und effiziente Behandlung zuteil werden lässt. Im Haager Programm ist festgelegt, dass das oberste Ziel des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems darin besteht, ein gemeinsames Asylverfahren und einen einheitlichen, unionsweit gültigen Rechtsstatus für Personen, die internationalen Schutz benötigen, zu etablieren. Mit Blick auf dieses Ziel wurde die Kommission im Haager Programm aufgefordert, die Vorschläge für die Instrumente der zweiten Phase zeitlich so vorzulegen, dass der Rat und das Europäische Parlament sie vor Ende 2010 annehmen können.

In dem Grünbuch ist eine breite Palette von Themen aufgeführt, die in der zweiten Phase anzugehen sind. Insbesondere werden die vier wichtigsten Bereiche genannt, in denen weiterer Handlungsbedarf besteht. Diese Bereiche - Rechtsinstrumente, Durchführung – Begleitmaßnahmen, Solidarität und Lastenteilung und die externe Dimension der Asylproblematik - bilden auch die vier Kapitel des Grünbuchs. Das in der ersten Phase angestrebte Ziel bestand darin, die rechtlichen Rahmenbedingungen der Mitgliedstaaten anhand gemeinsamer Mindeststandards einander anzugleichen. Die zweite Phase sollte darauf ausgerichtet sein, unionsweit höhere einheitliche Schutzstandards und ein gleiches Schutzniveau zu erreichen sowie ein hohes Maß an Solidarität zwischen den EU-Mitgliedstaaten sicherzustellen.

Werden diese Ziele erreicht, können die bestehenden Lücken in den geltenden Asyl-Rechtsvorschriften geschlossen und eine Angleichung der Rechtsvorschriften auf hohem Niveau vorgenommen werden. Dies könnte auch eine weitere Angleichung der einzelstaatlichen Vorschriften für einzelne Aspekte wie Grenzverfahren, Rechtsbehelfe oder die mit dem Schutzstatus verbundenen Rechte und Leistungen beinhalten. Greifbare Fortschritte auf dem Wege zu einem gemeinsamen Asylverfahren könnten auch dadurch erreicht werden, dass in das Gemeinsame Europäische Asylsystem ein einheitliches Verfahren für die Bearbeitung von Anträgen auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder auf subsidiären Schutz als obligatorisches Element aufgenommen wird. Um die Angleichung der einschlägigen Rechtsvorschriften zu vervollständigen, muss mit Blick auf eine verbesserte Qualität der Beschlussfassung auch die Asylpraxis harmonisiert werden. Dies kann durch die weitere Angleichung der nationalen Praxis und der Rechtsprechung erreicht werden, z.B. durch die Entwicklung gemeinsamer Leitlinien für die Auslegung und Anwendung verschiedener verfahrensrechtlicher und inhaltlicher Aspekte der EU-Asylvorschriften (wie geschlechts- oder kinderspezifische Verfolgung oder die Aufdeckung und Verhütung von Betrug oder Missbrauch). Darüber hinaus ist es wichtig, eine angemessene strukturelle Unterstützung für alle rasch expandierenden Kooperationsmaßnahmen zu gewährleisten. Eine Option in diesem Zusammenhang könnte die im Haager Programm vorgesehene Umwandlung der an der praktischen Zusammenarbeit beteiligten Stellen in eine europäische Unterstützungsagentur sein. Zum Aufgabenbereich einer solchen Agentur könnte es gehören, Schulungen für die am Asylverfahren Beteiligten und strukturelle Unterstützung für Bearbeitungstätigkeiten, die die Mitgliedstaaten künftig vielleicht gemeinsam durchführen werden, bereitzustellen und die gemeinsamen Anstrengungen der Mitgliedstaaten zu unterstützen, deren Asylsysteme und Aufnahmekapazitäten beispielsweise aufgrund ihrer geografischen Lage unter besonderen Druck geraten sind. Darüber hinaus besteht ein dringender Bedarf an größerer Solidarität im Asylbereich, um sicherzustellen, dass die Verantwortung für die Bearbeitung von Asylanträgen und die Schutzgewährung in der EU gerecht verteilt werden. Außerdem ist zu sondieren, wie die EU zu einem internationalen Schutzsystem beitragen kann, das leichter zugänglich, ausgewogen und wirkungsvoll ist.

Die EU-Organe, nationale, regionale und kommunale Behörden, Kandidatenländer, Drittstaatspartner, zwischenstaatliche und regierungsunabhängige Organisationen, alle am Asylverfahren beteiligten staatlichen Akteure und privaten Diensteanbieter, Vertreter der Wissenschaft, Sozialpartner, Organisationen der Zivilgesellschaft und Einzelpersonen sind aufgefordert, im Rahmen dieses Konsultationsverfahrens ihren Beitrag zu leisten.
Die Ergebnisse dieser umfangreichen Konsultation werden in die Vorbereitung eines für das erste Quartal 2008 geplanten Strategieplans einfließen, in dem die Kommission aufführen wird, welche Maßnahmen sie zur Schaffung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems annehmen wird; der Plan wird auch einen Zeitrahmen für die Annahme dieser Maßnahmen enthalten.

Um eine für den 18. Oktober 2007 anberaumte öffentliche Anhörung vorzubereiten, bittet die Kommission alle interessierten Kreise, ihre Antworten auf diese Konsultation schriftlich bis zum 31. August 2007 an folgende Anschrift zu senden:
Referat „Zuwanderung und Asyl“ – „Grünbuch Asylpolitik“
Generaldirektion „Justiz, Freiheit und Sicherheit“
Kommission der Europäischen Gemeinschaften
B-1049 Brüssel
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Weitere Informationen zur Arbeit von Vizepräsident Frattini finden Sie auf seiner Webseite:
http://www.ec.europa.eu/commission_barroso/frattini/index_de.htm