Türkei: Stimmen nach der Wahl

Anzeige Werbung Kanzleien Anzeige

 

ERDOGAN: „UNSER WAHLSIEG IST EIN NATIONALER REFLEX“

Ministerpräsident und AKP-Vorsitzender Recep Tayyip Erdogan, der nach Bekanntwerden der Wahlergebnisse im Hauptgebäude seiner Partei eine Rede hielt, bezeichnete seinen Wahlsieg als einen „nationalen Reflex“ und gab dafür den Wahlprozess des Staatspräsidenten und die Entscheidung des Verfassungsgerichtes an. Mit der Wahl habe die türkische Demokratie eine wichtige Prüfung mit Erfolg abgelegt, die der Welt als Vorbild dienen könne, betonte Erdogan und sagte: "Unsere Einheit und unser Zusammenhalt, unsere Demokratie und unsere Republik sind gestärkt aus der Wahlurne hervorgegangen. Wir respektieren die Unterschiede in unserer Gesellschaft und sehen sie als Bereicherung an". Erdogan hat sich zur Zielsetzung der EU-Mitgliedschaft der Türkei bekannt: "Wir werden entschlossen an der Verwirklichung des Zieles EU weiterarbeiten". (Türkiye)

 

ERDRUTSCHSIEG FÜR DIE AKP

Die Überraschung in der Türkei nach den gestrigen Parlamentswahlen, bei der die Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) Ministerpräsident Erdogans mit 46,7% der Stimmen die absolute Mehrheit erringen konnte, ist groß. Waren sich alle politischen Beobachter einig, dass die AKP klare Gewinnerin sein würde, ist der Erdrutschsieg von niemandem vorhergesagt worden.

So sehen viele politische Kommentatoren den deutlichen Sieg als „Antwort der Bevölkerung“ auf die Einmischung der Armeeführung in das politische Tagesgeschehen. Die größten Herausforderer der AKP von der Republikanischen Volkspartei (CHP) erlitten mit 20,9% eine deutliche Niederlage. Als dritte Partei schaffte die ultra-nationalistische MHP mit 14,3 Prozent den Sprung über die 10-Prozent-Hürde und somit ins Parlament. Trotzdem werden voraussichtlich sieben Parteien im neuen Parlament vertreten sein, die es entweder durch ein Wahlbündnis mit einer der drei oder als unabhängige Kandidaten in die Nationalversammlung schafften. Diese werden nun nicht in Fraktionsstärke und zum Teil nur als einzelne Vertreter ihrer Parteien im Parlament sitzen. Außergewöhnlich hoch ist zudem die Wahlbeteiligung mit 80%. Und auch die Frage des Staatspräsidenten wird jetzt in den kommenden Tagen erneut auf der Agenda stehen. Die Zwei-Drittel-Mehrheit für die Wahl Güls als Kandidat der AKP hat die Partei im Parlament nicht.

-----------------

AKP – „DIES IST EINE NOTE DES VOLKES“

Die Einschätzung aus der AKP, wonach die Ergebnisse der Wahl als eine „Note des Volkes“ zu verstehen sind, wird heute von nahezu allen Zeitungen verwendet. Dabei bemühte sich Ministerpräsident Erdogan in einer ersten Ansprache an die Bevölkerung um versöhnliche Worte. Erdogan sieht die „Demokratie und die Republik als Siegerinnen der Wahlen“ und versucht auch die Wähler anderer Parteien ins Boot zu holen: „Für uns sind auch diese Stimmen von außerordentlicher Wichtigkeit. Wir haben alle gemeinsame Werte und Ziele. Die laizistische, demokratische und soziale Rechtsordnung werden wir weitertragen. Unser Versprechen ist es, ohne einen Unterschied zu machen, die Türkei als Ganzes zu umarmen.“ Auch die EU-Mitgliedschaft sprach Erdogan an: „Mit dem großen Zuspruch des Volkes für unsere Politik, werden wir das Ziel der EU-Mitgliedschaft mit der gleichen Entschlossenheit weiterführen.“ Und auch der Kampf gegen den Terror werde mit der nötigen Beharrlichkeit weitergeführt, so Erdogan.

-----------------

CHP: „WIR HABEN DEM VOLK NICHT DAS WAHRE GESICHT DER AKP ZEIGEN KÖNNEN“

Der stellvertretende Generalsekretär der CHP, Ozan Oyan, sprach in einer ersten Erklärung für die Partei davon, „dass man es nicht geschafft hat, dem Volk das wahre Gesicht der AKP zu zeigen.“ Generalsekretär Önder Sav betonte, dass „die Aufgabe als größte Oppositionspartei weiterhin mit großer Entschlossenheit weitergeführt“ werde. Der stellvertretende Parteivorsitzende und ehemalige Türkische Botschafter in Deutschland, Onur Öymen, kann sich das Ergebnis „nicht mit gesundem Menschenverstand erklären“. Öymen machte den Erfolg der AKP an drei verschiedenen Punkten fest: „Der Grund für die Stimmenzuwächse der AKP ist zum einen, dass sie die religiösen Gefühle der Bevölkerung ausgebeutet hat. Zum anderen hat sie in der Bevölkerung Lebens- und Heizmittel verteilt. Zum dritten hat sie öffentliche Gelder für ihre Wahlpropaganda verwendet.“

-----------------

MHP: „UNSERE AUFGABE IST ES, EINE GUTE OPPOSITION ZU SEIN“

Die zweite Gewinnerin der Wahlen ist eindeutig die ultra-nationalistische Partei der Nationalistischen Beewegung (MHP), die ihre Stimmen von 8,4% bei den Wahlen 2002 auf 14,3% nahezu verdoppeln konnte. „Wir haben hohen Respekt vor der Entscheidung des Volkes“, so der Vorsitzende der MHP, Devlet Bahceli. „Unsere Aufgabe ist es nun, eine gute Opposition zu sein, die wir mit allem Verantwortungsbewusstsein wahrnehmen werden.“

-----------------

ANDERE PARTEIEN: FREUDE AUF DER EINEN, RÜCKTRITT AUF DER ANDEREN SEITE

Das unerwartet gute Ergebnis der 23 Unabhängigen, die es für die pro-kurdische Partei der Demokratischen Gesellschaft (DTP) ins Parlament schafften, sorgt für großes Erstaunen. Auch der frührere Ministerpräsident Mesut Yilmat schaffte es als unabhängiger Kandidat in das Parlament und wird als alleiniger Vertreter an der Nationalversammlung teilnehmen. Der Vorsitzende der rechts-konservativen Demokratischen Partei (DP) verfehlte mit 5,4% der Stimmen deutlich die 10-Prozent-Hürde und reichte sofort seinen Rücktritt ein.

------------ 

USA: „TÜRKISCHE DEMOKRATIE HAT GEWONNEN“

Der Stellvertretende Staatsekretär des US-Außenministeriums verantwortlich für Beziehungen mit Europa und Eurasien, Matthew Bryza, sagte, dass die Wahlen in der Türkei ein großer Erfolg für die türkische Demokratie sei. Bryza teilte mit: „Die Türkei hat noch einmal gezeigt, wie ihre Demokratie funktioniert. Diese Wahlen sind ein anderes Beispiel dafür, wie die verfassungsrechtlichen Prozesse und die laizistische Demokratie in der Türkei laufen.“ (Hürriyet)

Quelle: Deutsch-Türkische Medienagentur
Ali Yumuşak
Kurfürstendamm 161
10709 Berlin
Tel: +49 (30) 892 4932
Fax:+49 (30) 890 40 788
http://www.europress.de/