Schengen steht für die Abschaffung von Personenkontrollen an den Grenzen zwischen den Ländern des Schengener Übereinkommens, für gemeinsame Regelungen über Kontrollen an den Außengrenzen, für eine gemeinsame Visapolitik und für flankierende Maßnahmen (insbesondere auf dem Gebiet der Polizei und Justizzusammenarbeit in Strafsachen), durch die die Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen erst möglich wird. Das Schengener Vertragswerk hat also unmittelbare Bedeutung für die Reisefreiheit der Bürger durch:
• Abschaffung der Personenkontrollen an den gemeinsamen Grenzen der Schengen-Länder,
• gemeinsame Vorschriften für Personen, die die Außengrenzen des Schengen-Raumes überschreiten,
• getrennte Terminals für Reisende, die sich innerhalb des Schengen-Raumes bewegen und solche, die von außerhalb einreisen, auf Flughäfen und, soweit machbar, in Seehäfen,
• Harmonisierung der Vorschriften über Einreisebedingungen und Kurzzeitvisa.
Für die Bürger wird Schengen am deutlichsten darin fassbar, dass sie bei Reisen zwischen Schengen-Staaten an der Grenze keinen Ausweis mehr vorzeigen müssen. Das heißt aber nicht, dass im Schengen-Raum in Bezug auf Reise oder Ausweispapiere dieselben Vorschriften gelten wie innerhalb eines Mitgliedstaates. Welche Papiere Reisende mitführen müssen regeln die Gesetze der einzelnen Länder.
Italiens neuer Innenminister Roberto Maroni will Italiens Verpflichtungen nach dem Schengen-Abkommen für Reisen in Europa ohne Grenzkontrollen aussetzen. Insbesondere richten sich die Pläne gegen rumänische Einwanderer und Roma aus Osteuropa. Diese dürfen als EU-Bürger visafrei in die EU-Mitgliedstaaten weiterwandern und sich hier zu Besuchszwecken für drei Monate aufhalten. Auch zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit oder zur Erbringung von Dienstleistungen können die Staatsangehörigen aus Rumänien oder Bulgarien ohne Visa einreisen.
Die Einführung der Grenzkontrollen wird an dieser Situation nichts ändern. Denn den Staatsangehörigen aus Rumänien und Bulgarien muss die Einreise gestattet werden. Die Grenzbehörden haben nur unter ganz engen Voraussetzungen die Möglichkeit, diese EU-Bürger an der Einreise zu hindern, etwa wenn Straftaten beabsichtigt sind.
In diesem Zusammenhang ist auch die Ankündigung Österreichs zu verstehen, im Rahmen der Europafußballmeisterschaften 2008 das Schengen Abkommen teilweise außer Kraft zu setzen und zwischen dem 2. Juni 2008 bis Juli 2008 Grenzkontrollen wieder einführen. Diese Kontrollen richten sich gegen Hooligans, d.h. mögliche Straftäter.
Die Einführung der Grenzkontrollen durch Italien ist hingegen wenig sinnvoll. Denn gegenwärtig finden an den Grenzen zu Rumänien und Bulgarien Grenzkontrollen statt! Dies hat seinen Grund darin, dass Rumänien und Bulgarien noch keine Schengen-Vollmitglieder sind. Die Kontrollen an den Binnengrenzen zwischen den beiden neuen Mitgliedstaaten und dem gegenwärtigen Schengen-Raum werden so lange beibehalten, bis der Ministerrat der EU zu der Auffassung gelangt, dass die Voraussetzungen für ihre Abschaffung erfüllt sind.
Die Grenzkontrollen in Italien vermögen letztlich nur Nicht-EU-Mitglieder von der Einreise abzuhalten. Denn anders als in Österreich, ist nicht mit Hooligans zu rechnen, die nach Italien einreisen wollen. Fazit: Italien kann die Einreise von Staatsangehörigen aus Rumänien durch die Einführung von Grenzkontrollen nicht verhindern. Nur Personen, die als Straftäter bereits aufgefallen sind, können an der Einreise gehindert werden.