Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat einen Antrag "Zwangsverheiratung durch Verbesserung des Opferschutzes wirksam bekämpfen" in den Bundestag eingebracht.
Zur Einbringung dieses Antrags erklären Irmingard Schewe-Gerigk, Parlamentarische Geschäftsführerin und frauenpolitische Sprecherin, und Josef Winkler, migrationspolitischer Sprecher:
Mit dem heute in den Bundestag eingebrachten Antrag fordern wir die Bundesregierung auf, die im August 2007 eingeführten Erschwernisse beim Nachzug von Ehegattinnen und Ehegatten schnellstens zurückzunehmen. Die Bundesregierung handelt zynisch, wenn sie behauptet, der Nachweis einfacher Sprachkenntnisse als Voraussetzung für den Zuzug nach Deutschland sei eine Strategie zum Schutz vor Zwangsverheiratungen. In Wahrheit handelt es sich hierbei um eine Maßnahme zur Verhinderung des Nachzugs.
Stattdessen muss die Bundesregierung endlich Maßnahmen ergreifen, die Opfern von Zwangsverheiratungen eine wirkliche Hilfe sind. Expertinnen und Experten sind sich seit Langem einig, was Opfer am meisten brauchen, um sich selbst aus einer Zwangsverheiratung zu lösen, sind Rechte: ein Rückkehrrecht, wenn sie zur Zwangsverheiratung ins Ausland verschleppt wurden. Und ein eigenständiges Aufenthaltsrecht, wenn sie sich in Deutschland aus einer Zwangsehe befreien wollen. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung hat die Umsetzung dieser Empfehlungen immer wieder zugesagt. Nur entsprechend gehandelt hat sie nicht.
Die Neuregelungen beim Nachzug von Ehegattinnen und Ehegatten stellen eine klare Diskriminierung von Menschen mit geringerem sozialen Status und Bildungsniveau dar: Viele Menschen können sich die hohen Kosten für den Sprachkurs von mindestens 700 Euro und den meist notwendigen längerfristigen Aufenthalt in einer größeren Stadt, fern vom Wohnort einfach nicht leisten.
Hinzu kommt, dass vorhandene Arbeitsplätze aufgegeben werden müssen, um die Deutschkurse überhaupt absolvieren zu können. Die Folge: Das Zusammenleben der Ehegatten wird unmöglich gemacht. Damit wird der Familiennachzug in Deutschland zu einem Dreiklassensystem: Es teilt auf in die, die aufgrund ihres "geringen Integrationsbedarfs" gar keine Sprachkenntnissen nachweisen müssen, die, die ausreichend Mittel für den Sprachkurs aufbringen können und diejenigen, denen dies verwehrt ist. Eine solche Regelung widerspricht diametral dem Grundsatz der Gleichbehandlung. Dass sie vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand haben wird, kann deshalb stark in Zweifel gezogen werden. Erste Klagen werden bereits eingereicht. Die Bundesregierung sollte reagieren, bevor sie eine weitere Schlappe vor dem Bundesverfassungsgericht einstecken muss.
Quelle: Pressemitteilung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen