Türkei: Presse äußert Verdacht auf einen Brandanschlag

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Der Brand des Hauses im rheinland-pfälzischen Ludwigshafen ist heute erneut das Top-Thema in den in Deutschland erscheinenden türkischen Zeitungen. Wie alle Zeitungen melden, will die Türkei eigene Experten zur Untersuchung des Brandes schicken. Und Ministerpräsident Erdogan will am morgigen Donnerstag bei seinem Deutschlandbesuch auch nach Ludwigshafen fahren. Nach den Übergriffen der Vergangenheit in Deutschland stelle sich die Frage, ob das Feuer wirklich ein Unfall gewesen sei: „Wir wollen kein neues Solingen“, so Ministerpräsident Erdogan in Anspielung auf den Brandanschlag, bei dem 1993 fünf Türken getötet worden waren. Dabei machen heute wieder alle in Deutschland erscheinenden Zeitungen mit dem Thema auf, wobei sie einheitlich von einem Anschlag ausgehen.

ERDOGAN: “WIR WOLLEN KEIN ZWEITES SOLINGEN”
 
Die Türkei schaltet sich in die Untersuchung des Großbrands von Ludwigshafen ein und warnt vor ausländerfeindlichen Motiven.
 
"Wir wollen kein neues Solingen", sagte Ministerpräsident Tayyip Erdogan am Dienstag mit Blick auf den fremdenfeindlichen Brandanschlag mit fünf Toten vor 15 Jahren. Er hoffe, die Ursache des Feuers in dem von Türken bewohnten Haus in Ludwigshafen werde schnell geklärt, sagte Erdogan am Rande eines Treffens mit Innenminister Wolfgang Schäuble in Ankara.

In die Ermittlungen zu der Brandkatastrophe hat sich die türkische Regierung eingeschaltet. Gemeinsam wollen die Ermittler und ihre deutschen Kollegen mit Brandspürhunden nach der Ursache suchen. In Begleitung von Polizeiexperten will Staatsminister Mustafa Sait Yazicioglu heute den Ort der Brandkatastrophe von Ludwigshafen besuchen. Yazicioglu ist für die im Ausland lebenden Türken zuständig.

Auch Erdogan kündigte an, er wolle während seines Deutschlandbesuchs in dieser Woche nach Ludwigshafen fahren. Erdogan wird bei seinem Treffen mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin auch den Brand auf die Tagesordnung bringen. 
 
TÜRKIYE: SIE HABEN UNS WIEDER VERBRANNT
 
„Mit den Worten „Sie haben uns wieder verbrannt“, macht die national-islamische TÜRKIYE auf und fügt in einer weiteren Unterzeile hinzu: „Ein neues Solingen“. Für die Zeitung steht eindeutig fest, dass der Brand ein Anschlag gewesen ist. „Unser Schmerz ist groß – Unsere Wut ist tief“, heißt es zudem auf dem Titel der Europa-Seiten. Sie freut sich insbesondere darüber, dass angesichts der tragischen Vorfälle „die europäischen Türken und auch das Heimatland Türkei mit einer Stimme spricht und erwartet, dass die Hintergründe der Katastrophe schnellstmöglich aufgekärt werden.“ 
  
 
SABAH: FURCHTBARER VERDACHT!

„Furchtbarer Verdacht“, titelt das Massenblatt SABAH heute und macht ebenfalls darauf aufmerksam, dass das Haus bereits vor zwei Jahren von Unbekannten angezündet worden sei. Ebenfalls berichtet sie auf der Titelseite darüber, dass ein Baby, das von seinen Eltern während des Brandes aus dem Fenster geworfen wurde, damit es unten von Polizisten aufgefangen wird, von einem türkischstämmigen Polizisten gefangen worden sei. „Das Baby ist von einem türkischen Polizisten gefangen worden“, ist somit in Großbuchstaben auf der Titelseite zu lesen.
 
Die Forderungen aus Ankara
 
Die Forderungen der türkischen Regierung, die Hintergründe des Brandes schnellstmöglich zu klären, scheint dabei für die Zeitung auch eine klare Sprache zu sprechen. „Die Forderungen aus Ankara wirken wie ein Ultimatum“, betont sie dabei als Titel ihrer Europa-Seiten. Zudem berichtet sie über Verstimmungen während des Besuchs Bundesinnenminister Schäubles in der Türkei. Die Gespräche seien von einer „gespannten Atmosphäre“ begleitet gewesen, da Schäuble den Wunsch des für die Auslandstürken zuständigen Staatsministers Sait Yazicioglu mit einer Delegation nach Ludwigshafen zu reisen, um vor Ort die Geschehnisse zu untersuchen, zuerst habe verhindern wollen. Daraufhin habe Yazicioglu bekräftigt, dieser Schritt sei „wichtig, damit die Reaktionen unserer Landsleute entschärft werden und keine Eskalation der Lage entsteht“. 
 
HÜRRIYET: BEIM ZWEITEN MAL HABEN SIE ES VERBRANNT
 
„Beim zweiten Mal haben sie es verbrannt“, heißt es auf dem Titel der HÜRRIYET, die damit darauf aufmerksam macht, dass bereits im Jahre 2006 ein Brandanschlag auf das Haus verübt worden sei. Folglich meint sie mit ihrer Titelaussage zu wissen, dass es diesmal auch so gewesen ist. Und auch die Europa-Ausgabe ist nahezu komplett dem Brand gewidmet. Der Berliner Redakteur der Zeitung, Ahmet Külahci, fühlt sich in seinem heutigen Artikel an Solingen erinnert, weil auch damals nicht von einem Brandanschlag ausgegangen worden sei. „Damals haben wir auch gehört, dass der Brand keinen fremdenfeindlichen Hintergrund gehabt haben sollte. So sind wir Zeugen dessen geworden, dass deutsche Politiker und Sicherheitskräfte diesen Satz gut auswendig gelernt haben.“ Er empfiehlt nun allen: „Sie sollten sich davor hüten, voreilige Schlüsse zu ziehen“. 
 
MILLIYET: HOCHBURG VON NEO-NAZIS!

„Wer wird dafür zahlen“, fragt sich die liberale MILLIYET auf ihrem Titel und spricht etwas vorsichtiger von einem „Verdacht auf einen Brandanschlag“. Zudem betont sie: „Die wichtigsten deutschen Zeitungen haben der Katastrophe keinen großen Raum eingeräumt. Sie vermeiden es, die Sache zu kommentieren oder Vermutungen zum Tathergang zu äußern.“ Ferner bekräftigt die Zeitung, dass „Ludwigshafen und Mannheim eine Hochburg von Neo-Nazis ist. Bereits 2000 wurde in Ludwigshafen ein Asylbewerberheim von Rassisten in Brand gesteckt, wobei drei kosovarische Kinder Verletzungen erlitten haben.“ So meint sie auch, dass „Mannheim und Ludwigshafen die Städte sind, in denen die meisten rechtsextremistischen Vorfälle in Westdeutschland stattfinden.“

Quelle:
Deutsch-Türkische Medienagentur
Ali Yumuşak
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