Der Rechtsextremismus bleibt nach Ansicht des brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) auf Jahre hinaus eine große Gefahr für das Land, das er führt. Dazu passt der Wiedereinzug der DVU in den Landtag vor knapp vier Monaten. Die Rechtsextremen wenden sich dabei zwar gegen ein Scheinproblem - Brandenburg hat im Bundesvergleich eine sehr geringe Ausländerquote. Die Neonazi-Szene stellt aber ebenso eine Gefahr für den Zuzug qualifizierter Migranten dar wie die ohnehin zu zögerlich ausgefallenen Regelungen nach dem neuen Zuwanderungsgesetz.
Im Land Brandenburg ist nach Erwartungen des Innenministers Jörg Schönbohm (CDU) die Zahl der rechtsmotivierten Straftaten im vergangenen Jahr erneut gestiegen ist. Es wird damit gerechnet, dass die Statistik, die in einigen Wochen vorgelegt werden soll, zirka 1000 Delikte ausweisen dürfte.
Schönbohm will auch eine Veränderung im Auftreten der rechten Szene beobachtet haben: das Auftreten habe sich von "dumpfchauvinistischer Programmatik" zu "pseudobürgerlichem Verhalten" gewandelt. Dies berge zusätzliche Gefahren. Es müssten alle Möglichkeiten genutzt werden, um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten. Hier könne der Verfassungsschutz auf der Grundlage seiner Erkenntnisse wichtige Impulse geben, sagte Schönbohm.
Zum Wiedereinzug der DVU in den Landtag, die bei der Wahl am 19. September 2004 6,1 Prozent der Stimmen in Brandenburg erhielt, die zu sechs Landtagsmandaten führten, sagte Platzeck: "Ich nehme das sehr ernst." Nun müssten die anderen Parteien "Augenmaß" im Umgang mit der DVU beweisen. Dazu gehöre, die DVU-Vertreter nicht wichtiger zu machen, als sie sind.
Im Land Brandenburg leben dabei weit weniger Ausländer, als die Propaganda der Rechtsextremisten glauben machen will: Nach Angaben des Landesbetriebes für Datenverarbeitung und Statistik des Landes Brandenburg lebten 2003 mit 2,6 Prozent der rund 2,6 Millionen Einwohner weiterhin deutlich weniger Ausländer im Land als im Bundesdurchschnitt mit rund neun Prozent. 25 Prozent der Ausländer kommen aus Polen, zwölf Prozent aus der Russischen Föderation und elf Prozent aus der Türkei.
Allgemein wird davon ausgegangen, dass spürbarer Rechtsextremismus deutlich wahrnehmbare wirtschaftliche Folgen hat. So sagte der sächsische Wirtschaftsminister Martin Gillo (CDU) in Dresden nach den sächsischen Landtagswahlen, angesichts des "bestürzenden Abschneidens der NPD" gehe er davon aus, "dass es schwieriger werden wird, ausländische Investoren nach Sachsen zu holen." In Brandenburg hatte 2001 die Cargo Lifter AG darüber geklagt, sie könne keine ausländischen Mitarbeiter gewinnen, weil sie Schwierigkeiten habe, diese in Brand am Unternehmensstandort anzusiedeln.
Das Unternehmen rief daraufhin die Initiative ?Brandenburg gegen Rechts? ins Leben (vgl. Bericht der brandenburgischen Landesregierung zum Thema "Entwicklungstendenzen bei der Umsetzung des Handlungskonzepts Tolerantes Brandenburg im kommunalen Raum - lokale Netzwerke und Initiativen" vom Januar 2002 - Bericht im .pdf-Format/ 76 kb). Auch die Tourismusbranche fürchtet angesichts des Imageschadens Einbußen.
Diese Tatsachenprobleme bei der Steuerung der Immigration nach Deutschland unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten werden dadurch verstärkt, dass eines der ursprünglichen Ansinnen des Zuwanderungsgesetzes, Humankapital nach Deutschland zu holen, im Abstimmungsprozess zwischen Regierungskoalition und CDU zerrieben wurde. Zwar bezeichnet das Gesetz die allgemeinen Ziele, an denen sich die Zulassung der Einreise und des Aufenthalts von Arbeitnehmern auszurichten hat (§ 18 I Aufenthaltsgesetz). Doch die dem Sinn und Zweck ursprünglich zugrundeliegenden wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Interessen Deutschlands werden mit den aktuellen Regelungen wohl verfehlt werden. Der generelle Anwerbestopp wurde aufrechterhalten.
Hochqualifizierte können anders als nach dem Greencard-Modell für IT-Spezialisten alten Zuschnitts jetzt für jede Branche zugelassen werden, es muss sich aber um besonders qualifizierte Wissenschaftler, Lehrpersonen oder Spezialisten handeln, deren Unterhalt und Integration auf eigene Kosten gesichert sind. Selbständigen werden immense Investitionslasten aufgebürdet: Sie müssen in aller Regel mindestens zehn Arbeitsplätze mit einer Investition von mindestens einer Million Euro schaffen und eine solide Altervorsorge nachweisen, falls sie älter als 45 Jahre sind.
Auf eine im besten Sinne für die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft förderliche Zuwanderungssregelung und auf einen rationalen und integrationsfreundlichen gesellschaftlichen Konsens in der Bundesrepublik wird man also auch weiter warten müssen.