Potsdam/Berlin - Die Landesregierung Brandenburg gab letzte Woche ihre Absicht bekannt, auf Bundesebene dafür eintreten zu wollen, dass das heimliche Beschaffen (Erwerb) einer zweiten (doppelten) Staatsbürgerschaft erschwert werde. Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) wies darauf hin, dass den deutschen Behörden derzeit keine Informationen über die Einbürgerung eines deutschen Staatsangehörigen in einem ausländischen Staat erhielten. Das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht stehe einer doppelten Staatsbürgerschaft aber ablehnend gegenüber, weshalb sich der Aufenthaltsstatus von "Doppelstaatern" nach Ausländerrecht zu richten habe.
Tatsächlich fasst das Bundesinnenministerium die derzeitige Lage im Staatsangehörigkeitsrecht seit der im Jahre 2000 in Kraft getretenen Reform hinsichtlich der doppelten Staatsbürgerschaft wie folgt zusammen (mehr hier ... ):
"Das Prinzip der Vermeidung von Mehrstaatigkeit bleibt kennzeichnend für das Staatsangehörigkeitsrecht. Einbürgerungswillige müssen also prinzipiell ihre bisherige Staatsangehörigkeit ablegen. Jedoch enthält die Reform im Vergleich zu früher großzügige Ausnahmeregelungen, durch die die Beibehaltung der bisherigen Staatsangehörigkeit gestattet wird. Diese gelten z.B. für ältere Personen und politisch Verfolgte. Wenn die Entlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit rechtlich unmöglich oder den Betreffenden nicht zumutbar ist, z.B. wegen zu hoher Entlassungsgebühren oder entwürdigender Entlassungsmodalitäten, dürfen diese gleichfalls ihre bisherige Staatsangehörigkeit beibehalten. Dies gilt auch, wenn mit der Entlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit erhebliche Nachteile, insbesondere wirtschaftlicher oder vermögensrechtlicher Art verbunden wären. Besondere Erleichterungen bei der Beibehaltung der alten Staatsangehörigkeit gibt es im Verhältnis zu den meisten EU-Ländern."
Das Bundesinnenministerium weiß sich im Hinblick auf die grundsätzliche Skepsis gegenüber der doppelten Staatsangehörigkeit sowohl im Einklang mit dem Bundesverfassungsgericht [vgl. BVerfGE 37, 217 (254), im Internet ) als auch mit mehreren völkerrechtlichen Normen (z. B. Haager Konvention vom 12. April 1930, Übereinkommen des Europarates vom 6. Mai 1963, vgl. je dazu Hailbronner in Graf Vitzthum (Hrsg.), Völkerrecht, Berlin, New York, 2. Aufl. 2001, III Rn 109). Allerdings sprach sich die stellvertretende Vorsitzende der Bundes-SPD Ute Vogt kürzlich gegenüber der Berliner Zeitung dafür aus, die Möglichkeit des Erwerbs und der Beibehaltung zweier Staatsbürgerschaften auszubauen.
Vogt sieht in dem Zwang zur Aufgabe der alten Staatsbürgerschaft ein Integrationshemmnis. Wörtlich sagte sie: "[...] Ich halte das nicht für sinnvoll. Wir sollten die doppelte Staatsbürgerschaft erleichtern. Das würde die Integration befördern. [Es würde] Migranten erlauben [], besser mit dem Zwiespalt zurechtzukommen, in dem sie leben. Man würde damit akzeptieren, dass Leute ihre Herkunft nicht einfach ablegen können. Zur Integration gehört auch, einen Freiraum zu lassen für die Kultur und die Tradition, die der andere mitbringt."
Die SPD-Politikerin sieht hier auch keine potentiellen Loyalitätskonflikte. Dem ist zuzugeben, dass die wichtigsten Probleme der doppelten Staatsbürgerschaft auf internationaler Ebene wie Steuer-, Wehrpflicht u. ä. zwischenzeitlich größtenteils gelöst sind. Allerdings sollte auch nicht vergessen werden, dass die gesellschaftliche Haltung zur doppelten Staatsbürgerschaft kritisch ist: vor nunmehr sechs Jahren, am 15. Januar 1999, startete die CDU ihre Unterschriftenaktion gegen die doppelte Staatsbürgerschaft nach dem damals von der SPD propagierten System, kippte damit das Zuwanderungsgesetz im ersten Anlauf, wobei Schily zuvor den Kompromiss in Form der Abmilderung der SPD-Forderungen in Sachen doppelter Staatsbürgerschaft als einen "Schritt von historischer Dimension" bezeichnet hatte, und verhalf damit Roland Koch (CDU) zum Amt des Ministerpräsidenten von Hessen.