Luxemburg/Brüssel/Berlin - UN-Flüchtlingskommissar Ruud Lubbers hat am Wochenende eindringlich größere Anstrengungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union bezüglich der Ansiedlung von Flüchtlingen - im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention - gefordert. Es müsse ein Resettlement Program aufgelegt werden, das die Aufnahme von mehr Flüchtlingen in Europa vorsehe. Gleichzeitig versuchten die Teilnehmer an dem informellen Ratstreffen, darunter Bundesinnenminister Otto Schily (SPD), der Debatte um eine gemeinsame europäische Asylpolitik neue Impulse zu geben.
Lediglich 4.700 der so genannten Kontingentflüchtlinge hatten 2004 innerhalb der EU ein Bleiberecht erhalten, und dies in nur sechs der fünfundzwanzig Mitgliedsstaaten. Dänemark hat beispielsweise 500 aufgenommen und damit seinen selbstgesetzten Schlüssel von 100 Flüchtlingen auf 1.000.000 Staatsbürger pro Jahr erreicht. Bei entsprechenden Relationen müsste Deutschland allein bekanntlich bereits über 8.000 Flüchtlinge pro Jahr im Land ansässig machen.
Schily machte deutlich, er stehe der Ansiedlung von Flüchtlingen positiv gegenüber. ?Auch für Deutschland ist das ein Thema?, sagte der Minister. Schily verwies auf den Koalitionsvertrag. Dieser ermögliche eine jährliche Aufnahme von bis zu 500 Flüchtlingen unabhängig von Asylbewerbern. ?Wo wir sagen, es ist sinnvoll, daß wir sie nach Deutschland holen, werden wir davon auch Gebrauch machen?, kündigte Schily an.Lubbers betonte, das UN-Flüchtlingsprogramm leiste einen Beitrag zum Abbau von Migrationsbewegungen, indem es jährlich einige hunderttausend Flüchtlinge in ihre Heimat zurückbringe und dort wieder anzusiedeln versuche. Für einige Fälle sei ein solcher Lösungsweg aber nicht gangbar. Hier sieht er die Industriestaaten in der Pflicht.
Bei dem Treffen in Luxemburg sprachen die Teilnehmer über Wege und Inhalt (zu) einer gemeinsamen europäischen Asylpolitik. Die Verbindung zwischen den beiden Themen stellt die Flüchtlingslage im Mittelmeerraum her. Zuletzt war das Thema unter der niederländischen Ratspräsidentschaft im Herbst letzten Jahres diskutiert worden. Die Niederlande brachten seinerzeit das ?Haager Programm zur Stärkung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts? auf den Weg. Der Plan der Niederlande war es, bis 2010 zu einer zweiten Phase der gemeinsamen Asylpolitik zu gelangen, die bisher im Wesentlichen nur eine verfahrensbezogene Annäherung erreicht hat. Im Umfeld des Programms Umfeld war über die Idee von Flüchtlingsauffanglagern unmittelbar auf dem afrikanischen Kontinent nachgedacht worden. Zwischenzeitlich hat Luxemburg die Ratspräsidentschaft inne.
Die Idee der Aufnahmelager in ihrer jetzigen Fortentwicklung ist nach Schilys Angaben zur Kompromissreife gelangt. Der dänische Innenminister Haarder sagte hingegen, außer einer Bearbeitung der Asylanträge vor Ort sei keine exterritoriale Abwicklung denkbar, jedenfalls nicht in Form von Aufnahmezentren.
Schily äußerte sich anlässlich des Treffens verhalten skeptisch zum spanischen Vorhaben der Legalisierung einer sechs- bis siebenstelligen Zahl von illegalen Einwanderern. ?Es heißt ja nicht, daß die Legalisierung falsch sein muß in diesem speziellen spanischen Fall?, sagte er wörtlich. Spanien verteidigte das Konzept und verwies darauf, dass es sich durchweg um integrierte erwerbstätige Personen handle.