Brasilianische Staatsangehörige können nach einer zum 01.01.2009 in Kraft getretenen Rechtsänderung (§ 16 AufenthV) nun auch visumfrei einreisen zu einem länger als 3 monatigen Aufenthalt (u.a. Studium, Familiennachzug) und den erforderlichen Aufenthaltstitel nach der Einreise einholen. Nicht zulässig ist jedoch weiterhin die visumfreie Einreise in der Absicht, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen.
Diese Rechtsänderung hat sich offensichtlich nicht bis zum Grenzschutz herumgesprochen. Anders ist es kaum zu erklären, dass einer Brasilianerin am Frankfurter Flughafen die Einreise wegen des fehlenden Visums verweigert wird.
Mit Verbalnote der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Brasilien vom 28. Juni 1956 hat sich Deutschland gegenüber Brasilien verpflichtet, dass die Inhaber von Nationalpässen für die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland auch dann eines Sichtvermerks nicht bedürfen, wenn sie sich länger als drei Monate in der Bundesrepublik aufhalten. Bei der Regelung handelt es sich um eine völkerrechtlich verbindliche einseitige Zusage, welche dem Inhalt nach weiteren bestehenden und in Anlage A veröffentlichten Sichtvermerksabkommen, die regelmäßig im Wege eines Verbalnotenaustauschs vereinbart werden, entspricht. Um einseitigen Verpflichtungen dieser Art durch Aufnahme in Anlage A zur Aufenthaltsverordnung Rechnung tragen zu können, wird § 16 AufenthV, der bisher nur bilaterale Sichtvermerksabkommen vorsieht, um das Merkmal der „völkerrechtlichen Verpflichtung" erweitert. Dass nunmehr auch einseitige Verpflichtungen von der Regelung erfasst sind, wird durch die Klarstellung verdeutlicht, dass völkerrechtliche Verpflichtungen im Sinne der Vorschrift „insbesondere", also nicht ausschließlich, Sichtvermerksabkommen sein können.
Durch Art. 3 des Gesetzes zur arbeitsmarktadäquaten Steuerung der Zuwanderung Hochqualifizierter und zur Änderung weiterer aufenthaltsrechtlicher Regelungen (Arbeitsmigrationssteuerungsgesetz - AMSG) vom 20.12.2008 (BGBl. I S. 2846; Geltung ab 01.01.2009) wurde § 16 geändert und die Anlage A ergänzt.
Die § 16 AufenthV vom 25. November 2004 (BGBl. I S. 2945), zuletzt geändert durch die Verordnung vom 8. Mai 2008 (BGBl. I S. 806), wird wie folgt geändert:
„§ 16 Vorrang älterer Sichtvermerksabkommen
Die Inhaber der in Anlage A zu dieser Verordnung genannten Dokumente sind für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet, auch bei Überschreitung der zeitlichen Grenze eines Kurzaufenthalts, vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit, soweit völkerrechtliche Verpflichtungen, insbesondere aus einem Sichtvermerksabkommen, die vor dem 1. September 1993 gegenüber den in Anlage A aufgeführten Staaten eingegangen wurden, dem Erfordernis des Aufenthaltstitels oder dieser zeitlichen Begrenzung entgegenstehen."
Außerdem wurde in der Anlage A Nr. 1 wird nach der Angabe „Australien GMBl 1953 S. 575"die Angabe „Brasilien BGBl. 2008 II S. 1179" eingefügt.
Mit dieser Rechtsänderung sollte die Rechtslage zwar eindeutig geregelt sei, doch offensichtlich besteht bei der Bundespolizei immer noch Schulungsbedarf.
Ein Blick auf die Seite von Westphal/Stoppa hätte den Beamten hier auch unmittelbar weitergeholfen.