Togo, Präsident, Mord, Nachfolge, Neuwahl, Demokratisierung

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Lomé/Abuja - In Togo soll nach einem Vorschlag der Wirtschaftsgemeinschaft westafrikanischer Staaten (ECOWAS/Cedeao) am 24. April 2005 ein neuer Präsident gewählt werden. Am 5. Februar 2005 war der bisherige Amtsinhaber Etienne Gnassingbé Eyadéma ermordet worden. Eyadéma herrschte in dem 1960 von Frankreich unabhängig gewordenen, bis zum Ersten Weltkrieg vom Deutschen Reich kolonialisierten westafrikanischen Land seit 1967 als autokratischer Militärherrscher und hatte sich den Weg an die Macht ebenfalls unter Beteiligung an der Liquidierung seiner Vorgänger Olympio (1958-1963) und Grunitzky (1963-1967) gebahnt.

Mehrere Demokratisierungsversuche zwischen 1991 und 2003 verhinderte Eyadéma mit aller Macht, 1993 unter anderem unter Instrumentalisierung des Verfassungsgerichts. Bis zu diesem Zeitpunkt waren vor seinem Regime bereits rund 350 000 Menschen vor allem in die Nachbarstaaten Benin und Ghana geflohen. Ebenfalls in dieser Zeit brach auch zunehmend das Wirtschaftssystem des Landes zusammen, das zuvor häufig als die "Schweiz Afrikas" bezeichnet worden war.

Die ECOWAS hofft, durch die Herbeiführung der Präsidentschaftswahlen Togo zurück auf den Weg zur "verfassungsmäßigen Rechtsstaatlichkeit" zu bringen. Den Wahltermin schlug die ECOWAS vor, nachdem sie am 2. März 2005 einen weiteren Verhandlungssieg errungen hatte: sechs Parteien des so genannten radikalen Flügels der togolesischen Opposition akzeptierten es, an den Wahlen teilzunehmen, und schufen so die Möglichkeit, Kandidaten aufzustellen, die gegen Faure Gnassingbé, den Sohn des Verstorbenen, antreten würden. Die togolesischen Militärs hatten versucht, diesen unter Verstoß gegen die Verfassung des Landes an die Macht zu bringen, jedoch hatte er am 25. Februar 2005 schließlich entschieden, von seinen Funktionen Abstand zu nehmen.

Es scheint sich also eine Beruhigung der Zustände in Togo abzuzeichnen, die in bedeutendem Umfang auf den internationalen Druck zurückzuführen ist, der ausgeübt wurde, um das Szenario einer Präsidentschaftsnachfolge kraft militärischer Machtvollkommenheit auszuhebeln. Dennoch herrscht nicht nur Zufriedenheit mit der gefundenen Lösung. In einem Interview mit der französischen Tageszeitung Le Monde in der Wochenendausgabe vom 5. März 2005 bezeichnete der Chef der größten Oppositionspartei UFC (Union des forces de changement), Gilchrist Olympio, ebenfalls Sohn eines früheren Staatsoberhauptes, den vorgeschlagenen Wahltermin am 24. April 2005 als "surrealistisch". Er äußerte die Ansicht, dass vor dem Urnengang mehrere Stufen zu nehmen seien, unter ihnen insbesondere die Überprüfung der Wahlberechtigtenlisten und die Bedingungen der Wahlkampffinanzierung. Er selbst kann nach dem aktuellen Verfassungstext nicht als Kandidat für die Präsidentschaftswahl aufgestellt werden, bestreitet jedoch die Gültigkeit der entsprechenden Verfassungsbestimmungen. Die Verfassung Togos stammt von 1992 und wurde laut Olympio von einer überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung einschließlich der Opposition angenommen. Jedoch habe Eyadéma 2002 Verhältnisse geschaffen, in denen er über ein Parlament mit einer 100%-Mehrheit zu seinen Gunsten vefügt habe. Durch dieses Parlament sei die Verfassung einschließlich der streitigen Bestimmungen nach Belieben geändert worden; hinsichtlich der Kandidatur für das Präsidentenamt dahingehend, dass eine solche nur Personen offenstehe, die vor der Kandidatur mindestens zwölf Monate am Stück auf togolesischem Staatsgebiet ihren Lebensmittelpunkt hatten. Dadurch seien er wie auch weitere 150 000 togolesische Flüchtlinge von der Kandidatur ausgeschlossen.

Indessen sind die Bemühungen der ECOWAS um Beendigung der bzw. Vermeidung von weiteren Unruhen nicht gering zu schätzen. Sie ist der westafrikanische Pfeiler der zukünftigen African Economic Community (AEC). 1991 erklärte sie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu zweien ihrer Leitprinzipien. Trotz Interessenkonflikten innerhalb der Organisation sowie mit der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich und der regionalen Vormacht Nigeria sowie Divergenzen unter den Mitgliedstaaten hinsichtlich Größe, Bevölkerungszahl, Ressourcen, Wirtschafts- und Gesellschaftsstruktur erzielte die Organisation bereits Fortschritte im sicherheitspolitischen Bereich, so 1986 einen Nichtangriffspakt zwischen den fünfzehn Mitgliedsstaaten und 1999 die Einrichtung eines Konfliktmanagement-Panel. Einige Sicherheitsoperationen, zum Teil allerdings scharf kritisierte, wurden mit der UN gemeinsam verwirklicht oder an diese abgegeben. Die ECOWAS hat bereits den ehemaligen nigerianischen Minister Mai Manga Boukar als Sondergesandten für die Wahlen in Togo bestimmt.