Berlin setzt im Vorgriff auf die Altfallregelung die Abschiebung gut integrierter Jugendlicher und Heranwachsender aus

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Die Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) hat sich am 18./19. November 2010 einstimmig dafür ausgesprochen, gut integrierten geduldeten Jugendlichen und Heranwachsenden eine eigene gesicherte Aufenthaltsperspektive zu eröffnen.

Dieses rechtspolitische Anliegen soll zeitnah im Rahmen eines bereits laufenden Gesetz-gebungsvorhabens realisiert werden. Der Bundesrat hat auf seiner Sitzung am 17. Dezember 2010 zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Zwangsheirat sowie zur Änderung weiterer aufenthalts- und asylrechtlicher Vorschriften Stellung genommen (BR-Drs 704/10 – Beschluss) und sich dabei konkret für die Einführung einer Altfallregelung für gut integrierte Jugendliche und Heranwachsende in das Aufenthaltsgesetzes ausgesprochen.

Der weitere Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens bleibt abzuwarten. Gleichwohl ist gegenwärtig davon auszugehen, dass eine parlamentarische Mehrheit für die in Aussicht ge-nommenen Regelungen zu erwarten steht. Deshalb wäre es sowohl im Hinblick auf die privaten Belange der betroffenen Ausländer, als auch unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an der Gewährung dauerhafter Aufenthaltsperspektiven für gut integrierte Jugendlichen und Heranwachsende nicht mehr sachgerecht, den zukünftig zweifelsfrei be-günstigten Personenkreis noch einer zwangsweisen Aufenthaltsbeendigung zu unterwerfen.

Vor diesem Hintergrund wird in Berlin darum gebeten, bei anstehenden Abschiebungen in jedem Einzelfall zu prüfen, ob ausreisepflichtige Personen durch die in Aussicht genommenen Regelungen voraussichtlich begünstigt werden. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu prüfen, ob für die Jugendlichen und Heranwachsenden im Sinne des § 25a Abs. 1AufenthG-E eine positive und hinreichend belastbare Integrationsprognose gestellt werden kann. Sofern dieses nach summarischer Prüfung eindeutig bejaht werden kann, ist von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abzusehen und auf der Grundlage des § 60 a Abs. 2 Satz 3 AufenthG im Einzelfall eine Duldung zu erteilen bzw. zu verlängern.

Die Duldung ist bei minderjährigen Ausländern auch auf die Eltern oder das personensorgeberechtigte Elternteil und die minderjährigen in familiärer Gemeinschaft lebenden Ge-schwister zu erstrecken, sofern die Personensorge gesichert ist.

Integrierte minderjährige Jugendliche können nicht begünstigt werden, wenn beiden Eltern-teilen oder dem allein sorgeberechtigten Elternteil wegen erheblicher Straffälligkeit keine Duldung nach § 60a Abs. 2 b AufenthG-E zur Ausübung der Personensorge erteilt werden kann. Zweifelsfälle sind mit der Senatsverwaltung für Inneres und Sport abzustimmen. Über den weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens wird berichtet.