Großbritannien: Blair, Wahlen, Unterhaus, Wahlsieg, Asylpolitik

Anzeige Werbung Kanzleien Anzeige

LONDON - New Labour, die Partei Tony Blairs, hat die vorgezogenen Wahlen zum britischen Unterhaus gewonnen. Zwar musste sie den Verlust von nach letzten Berichten rund hundert Sitzen hinnehmen, sie verfügt aber nach wie vor über eine komfortable Mehrheit von sechsundsechzig Sitzen in einem Parlament mit insgesamt sechshundertsechsundvierzig Sitzen. Die Tories, die zuletzt mit schrillen Tönen und zweifelhaften Statistiken zur Abschottung vor einer angeblich drohenden "Asylanten-Welle" aufgerufen hatten, legten landesweit auf rund dreiunddreißig Prozent der Stimmen zu und konnten Zugewinne insbesondere in London und den ländlichen Regionen Englands verzeichnen.

Tatsächlich war die Zahl der Asylsuchenden auf der britischen Insel zuletzt gesunken. Die oppositionellen Konservativen unter Blairs Herausforderer Michael Howard legten von einhundertsechsundsechzig auf nach dem Stand der Auszählungen von Freitag abend einhundertsechsundneunzig Sitze zu. Howard sprach von einem "wichtigen Schritt nach vorn", räumte jedoch seine Niederlage ein und gratulierte dem alten und neuen Premierminister Blair. Sobald ein Nachfolger für das Amt des Tory-Chefs gefunden sei, werde er diesen Platz räumen, sagte der Dreiundsechzigjährige am Tag nach der Wahl.

Migrationsrecht.net liegen Zahlen vor, wonach 2003 rund einundsechzigtausend Menschen Asyl in Großbritannien beantragten. Die Mehrheit der Asylsuchenden kam dabei aus dem Irak, Afghanistan und Zimbabwe. Gegenüber 2002 war ein Rückgang von einundvierzig Prozent zu verzeichnen gewesen. Zum Vergleich: Im Jahr 2002 stellten nach Angaben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung insgesamt einundsiebzigtausendeinhundertsiebenundzwanzig Menschen einen Asylerstantrag in Deutschland, 2003 waren es noch fünfzigtausendvierhundertfünfzig. Die Ablehnungsquote betrug im Jahr 2002 60,6 Prozent, die Anerkennungsquote belief sich dabei nur auf 1,8 Prozent. Asylbewerber aus Afrika bilden bei einer Betrachtung nach Kontinenten nur einen vergleichsweise kleineren Anteil der Asylbewerber in Deutschland.

Die Stimmungsmache der Konservativen hatte auf den Wahlausgang in Großbritannien zwar keinen entscheidenden Einfluss. Bemerkenswert ist jedoch, dass Großbritannien unter Blairs Führung 2003 von Asylinitiativen schon vorgeworfen worden war, einen Frontalangriff auf die europäische Asylpolitik zu unternehmen und für ein rigides System nach dem britischen und deutschen Modell einzutreten. Seinerzeit stand der Entwurf einer Asylverfahrens-Richtlinie (*.pdf-Dokument, 268 K) zur Debatte, über die die Europäische Union im April 2004 Einigkeit erzielt hatte und zu der Ende März 2005 der UNHCR Stellung nahm (interner Link News). Die Bundesrepublik Deutschland und Großbritannien betrieben damals die Einführung einer Regelung über sichere Drittstaaten, unter die auch Staaten subsumiert werden können sollten, die die Genfer Flüchtlingskonvention nicht ratifiziert haben.

Als erster Labour-Politiker in der einhundertfünfjährigen Geschichte der Partei gewann Tony Blair zum dritten Mal eine Parlamentswahl. Blair sprach denn auch von "Stolz", "Ehre", "Privileg" und einem "historischen" Sieg, doch der neuerliche Triumph des Zweiundfünfzigjährigen war mit erheblichen Stimmen- und Sitzverlusten für Labour verbunden.