Bundestagswahl 2005: Wahlprogramm Bündnis 90/die Grünen: Integration, Bleiberecht, Illegale Einwande

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4 Tage noch bis zur Bundestageswahl. Auch heute stellt Migrationsrecht.Net mit dem Wahlprogramm von Bündnis 90/die Grünen die migrationsrechtlichen Zielvorstellungen einer Partei dar. Im umfangreichen migrations- und integrationspolitischen Teil des grünen Wahlprogramms fordern die Grünen Integration als gesellschaftspolitische Zukunftsaufgabe. Spracherwerb von Migranten sei elementar. Kettenduldungen müssten auch in der Praxis abgeschafft werden. Die Grünen sprechen sich vehement gegen Flüchtlingslager und für eine Bleiberechtsregelung aus. Auch sog. illegalen Einwanderern dürften Gesundheitsversorgung, Schulbesuch und Lohn für ihre Arbeit nicht versagt bleiben.
Hinsichtlich des grünen Wahlprogramms zum Thema Migration fällt bereits auf, dass sich der Umfang der Ausführungen von den anderen Parteien unterscheidet: Der migrations- und integrationspolitische Teil des Wahlprogramms ist weitaus umfangreicher und ausführlicher als derjenige der übrigen Parteien. Wie nicht anders zu erwarten kann man das politische Profil der Grünen als ausländerfreundlicher bezeichnen als dasjenige anderer politischer Zusammenschlüsse. Gleichwohl werden auch die Pflicht des Spracherwerbs und Integrationsbereitschaft der MigrantInnen angesprochen.
Nach dem Wahlprogramm von Bündnis 90/die Grünen ist Integration Zukunftsaufgabe. Nach der Bestandsaufnahme der migrationspolitischen Situation in Deutschland sehen die Grünen, dass ?die multikulturelle Gesellschaft ist Realität, die wir demokratisch gestal­ten wollen. Sie ist Bereicherung und Herausforderung. Sie ist nicht be­quem, beinhaltet aber immense Potenziale.?
Sie stellen fest, dass ?mit einer im Polizei- und Ordnungsrecht verhafteten Ausländerpolitik werden wir diesen Heraus­forderungen nicht mehr gerecht. Deshalb haben wir einen Perspektiv­wechsel eingeleitet: Weg von der alten Ausländer- und Aussiedlerpolitik, hin zur Integrationspolitik als gesellschaftspolitischer Zukunftsaufgabe.?
Wie auch für die anderen Parteien ist ?die frühe sprachliche Integration der Kinder [?] eine Schlüsselaufgabe der Integrationspolitik, aber auch für Erwach­sene ist der Spracherwerb unverzichtbar. Doch integrieren kann sich nur, wer Zugang zu Bildung hat. Unser Bildungssystem muss fähig werden, mit sozialer und kultureller Heterogenität umzugehen.?
Weiter führen die Grünen in Ihrem Wahlprogramm aus:
?Eine zukunftsfähige, moderne Integrationspolitik kommt nicht ohne rechtliche Gleichstellung und die politische Integration der Migrantinnen und Migranten aus. Wir laden die Migrantinnen und Migranten ein, Bür­ger dieses Landes zu werden, und setzen uns dafür ein, dass die Türen geöffnet werden ? auch in den oberen Etagen und Leitungsfunktionen. Wir setzen uns ein für die erleichterte Einbürgerung und die großzügige Hinnahme der doppelten Staatsbürgerschaft. Der automatische Verlust der Staatsbürgerschaft bei Deutschen, die einen anderen Pass anneh­men, führt zu erheblichen Unsicherheiten und muss dringend reformiert werden.?
?Bürger- und Menschenrechte für Zugewanderte und die Einhaltung humanitärer Verpflichtungen gegenüber Flüchtlingen sind und bleiben Kernanliegen der Politik von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.? Hinsichtlich des seit Januar 2005 geltenden Zuwanderungsgesetz stellen die Grünen fest, dass Anspruch und Realität des Gesetzes in einem entscheidenden Punkt auseinander klaffen: ?In der Praxis gibt es nach wie vor Kettenduldungen. Langjährig hier lebende Men­schen erhalten keinen dauerhaften Aufenthaltsstatus und damit keine In­tegrationsperspektive. Hier sehen wir dringenden Handlungsbedarf.?
Außerdem: ?Wir setzen uns ein für eine Bleiberechtsregelung. Insbesondere Kinder von Flüchtlingen, die einen Schulabschluss erreicht haben, müssen Zugang zu Ausbildungsplätzen erhalten, indem sie Anspruch auf eine Arbeits­erlaubnis haben. Die Integrationskurse müssen für alle zugänglich und eng mit den Maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit verknüpft werden. Finanzierung und Rahmenbedingungen dieser Sprachkurse müssen ver­bessert und unnötige Bürokratie muss abgebaut werden. Wir wollen die Residenzpflicht, die Ausreisezentren und das Flughafenverfahren ab­schaffen.
Plänen zur Einrichtung von Flüchtlingslagern außerhalb der EU erteilen wir eine klare Absage. Mit uns wird es keine Aushöhlung rechts­staatlicher Prinzipien geben.?
?Bei der Abschiebehaft wollen wir die Dauer freiheitsberaubender Maßnah­men stark beschränken. Besonders schutzwürdige Personen wie Minderjährige, Schwangere, ältere Personen, Alleinerziehende mit Kindern, Kranke und Traumatisierte dürfen nicht in Abschiebehaft?
?Auch illegal in Deutschland lebenden Menschen stehen die grundlegenden Menschenrechte zu. Gesundheitsversorgung, Schulbesuch und Lohn für ihre Arbeit darf Menschen nicht verweigert werden. Es muss klargestellt werden, dass Ärzte, Pädagogen, Sozialarbeiter und Richter nicht zur Denunziation gezwungen werden dürfen. Wir werben für einen gesellschaftlichen Konsens, um den betroffenen Menschen ein Angebot zur Legalisierung zu machen. Dabei orientieren wir uns an Ländern wie Spanien, Frankreich, Belgien, Griechenland und den USA.?
?Ins Ausland zwangsverheirateten Migrantinnen wollen wir eine längere Rückkehroption nach Deutschland eröffnen. [?] Frauenhandel ist eine Form von Sklaverei und ein schwerwiegender Verstoß gegen die Menschenwürde. Wir haben die Strafbarkeit beim Menschenhandel und bei der Zwangsheirat verschärft und den Opfer­schutz verbessert. Wir wollen weitere Maßnahmen zur Stärkung der Op­fer, zur besseren Verfolgung der Täter, der Menschenhändler und der Freier, die die Lage von Zwangsprostituierten vorsätzlich ausnutzen, er­greifen. Dazu gehören ein Zeugnisverweigerungsrecht für die Fachbera­tungsstellen und die Weiterbildung von Justiz und Polizei genauso wie eine europaweite Notrufnummer und eine verbesserte Zusammenarbeit auf internationaler Ebene.?
Das vollständige Wahlprogramm von Bündnis 90/die Grünen finden sie hier
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