Parteiprogramme: Zuwanderung und Integration - Wählen macht Spaß!
Um es vorweg zu nehmen: Keine der Parteien hat ein ernstzunehmendes Konzept, Zuwanderung nach Deutschland menschlich und effizient zu steuern. Keine Partei zeigt Wege auf, Anreize für Facharbeiter, Informatiker, Ärzte, Chemiker und Pflegekräfte zu schaffen, hier in Deutschland zu schaffen und dabei den Deutschen zugleich ein sicheres Gefühl des Miteinaderlebens zu geben. Keine der Parteien denkt daran, seit langem in Deutschland lebene Menschen freundlich zu behandeln und Ihnen bei der Integration sinnvoll zu helfen.
Alle Parteien wissen dabei ganz genau um die demoskopischen Faktoren die dazu führen werden, dass ein Arbeitskräftemangel wegen Kinderarmut und Abwanderung (z.B. Deutsche Ärzte nach Skandinavien) mit Sicherheit einen Bedarf an hoch- und weniger qualifizierten Kräften in spätestens 30 Jahren bestehen wird. Die Parteien tun dies, weil Sie sich scheuen mittelfristig zu planen. Denn Sie sind unsicher, mit unpopulären Themen könnten sie, wie schon 2002, die entscheidenden Prozentpunkte verschenken.
Kurz vor der Wahl positioniert sich jeder auf seine Weise. So wehrte sich innenpolitische Sprecher der Liberalen, Max Stadler, gestern zum jüngsten Vorstoß der Union in der Ausländerpolitik. Angela Merkel und Günther Beckstein (CSU) hatten angekündigt, dafür zu sorgen, dass Ausländer künftig in Sicherheitsgewahrsam genommen werden, wenn sie eine Gefahr darstellen. Satdler erklärte, dies sei verfassungswidrig. Die FDP werde auch in einer schwarz-gelben Koalition bei ihrer Haltung bleiben. Das bringt nur etwas, wenn sie viele Zweitstimmen bekommt.
Beckstein kündigte dennoch an, nach gewonnener Wahl einen neuen Versuch zu starten, die Terror-Prävention nach seinen Vorstellungen auszuweiten. "Es gehe um Menschen, die eine Gefahr darstellen, aber nicht abgeschoben werden können, etwa weil ihnen in ihrem Heimatland Folter droht", erklärte der bayerische Innenminister der taz. Das kann man wohl kommentarlos lassen ? aber Schily und Beckstein waren Duzfreunde und könnten wegen Ihrer ähnlichen Stile, Deutsche Innenpolitik zu gestalten eigentlich ein weiteres Tandem im Kabinett bleiben.
Neben der FDP-Kompetenzfrau für Bürgerrechte verspricht jedoch auch Stadler, Widerstand zu leisten - auch gegen Becksteins Vorschlag, "Sozialleistungen für Ausländer zu kürzen, wenn jemand Integrationskurse nicht besucht". Dies sei laut Zuwanderungsgesetz zwar theoretisch jetzt schon möglich. "Ich meine aber, dass man von dieser Kann-Regelung keinen Gebrauch machen sollte". Geldzahlungen zu streichen, sei "unzumutbar", erklärte Stadler, "weil die Sozialleistungen für Ausländer ohnehin nur ein Mindestniveau abdecken" - so in einem ein Interview mit der www.taz.de .
Die Linkspartei.PDS strebt dagegen für Ausländer und Asylbewerber die gleiche umfassende soziale Grundsicherung an wie für Deutsche. "Diese Grundsicherung soll für jeden Menschen gelten, für den auch das Grundgesetz gilt", so Torsten Koplin, zur Zeitung ?Die WELT?. Die "bedarfsorientierte soziale Grundsicherung" müsse, so das Wahlprogramm der Partei, "mindestens Armut vermeiden". Oskar Lafontaine sagte vor nicht allzu langer Zeit auf einer Wahlkampfveranstaltung in Chemnitz: "Der Staat ist verpflichtet zu verhindern, dass Familienväter und Frauen arbeitslos werden, weil Fremdarbeiter ihnen zu Billiglöhnen die Arbeitsplätze wegnehmen". Sicher wird in einer Rot-Rot-Grünen Regierung, in der der Kanzler wieder Vertrauen, hat sagen können, er habe zwar immer gegen Ausländer polemisiert, aber nie den armen Flüchtlingen an den Kragen gewollt.
Das Problem wurde hier schon mehrfach angesprochen. Die Parteien sehen Ausländer in Deutschland unter drei Aspekten: Gefahr für die Sicherheit und Ordnung, Schutz vor Rechtsradikalismus und Geborgenheit für Asylsuchende ? in einem demokratischen Staat ist es selbstverständlich diesen Themen entgegenzukommen. Sie im Wahlkampf zu nutzen ist Populismus.
Der Gefahr die von einer Handvoll Nicht-Deutschen ausgeht sollte Herr Beckstein in rechtstaatlicher Weise Herr werden ? davon gehe ich aus, deswegen fühle ich mich in Deutschland sicher ? er wäre von den in Hamburg geplanten Anschlägen auf die Vereinigten Staaten von Amerika ebenso überrascht gewesen wie Otto Schily. Mit 99% der Themen Ausländerrecht und Zuwanderungen hat dies nichts zu tun.
Nichtdeutsche und Nicht-Deutsch-Aussehende sollten selbstverständlich von unserem Staat genauso gegen Gewalt geschützt werden wie Sie und ich. Wir Deutsche müssen gerade wegen unserer Vergangenheit wachsamer im Vorfeld sein. Das ist in mir (Jahrgang 1972) verwurzelt und ich habe gelernt, dass es sehr gut funktioniert. Rechtsextreme Übergriffe wie in Frankreich oder Spanien gibt es hier genau so wenig wie neonazistische Zeitschriftsredaktionen in Norwegen und Schweden. In den westdeutschen Großstädten gab es wegen dieses nationalen Zusammenhalts keine extremen Übergriffe mehr ? München ausgenommen. Mit 89% der Themen Ausländerrecht und Zuwanderungen hat dies nichts zu tun.
Das wir durch Kriegssituationen oder wegen geschlechtspezifischer Verfolgung, oder wegen Verfolgung aufgrund Ihrer Rasse oder Ihrer Religion in Not geratenen Menschen hier aufnehmen und anbieten für immer hier zu bleiben, dass wir Ihnen dabei helfen, sich hier wohl zu fühlen und wir Deutsche uns auch finanziell um ihre Sicherheit kümmern, ist für mich unter einer Verfassung, die auf christlichen Werten aufgebaut, aber auch für mich als Mensch selbstverständlich. Dies verschafft Deutschland und den Deutschen in aller Welt einen guten Ruf. Die Probleme, die durch eventuellen Missbrauch entstehen ? nach dem Asylsuchende mehrjährige Verwaltungsverfahren durchlaufen habe und häufig wieder abgeschoben werden, entstehen sind so gering ? sie sind nur im Wahlkampf schön zu instrumentalisieren. Ich habe selbst als Referendar am VG Berlin in einem Asylsenat Beweisaufnahmen durchgeführt. Ich habe über Beweisaufnahmen bei zum Beispiel Tamilen im alter von 12 mit meinem Vater diskutiert. Ich kenne viele Kumpels die heirateten mit 20. Des einen Freundin war Russin Die beiden wollten das dreimonatliche lustige Theater bei der Ausländerbehörde nicht mehr mitspielen. Seine Exfrau ist nun Deutsche ? Europäerin ? und studiert in London. Dies ? wie auch das heitere Visatreiben in der Ukraine ? hat nicht viel mit einer weltlich-offenen und auf die Bedürfnisse Deutschlands zugeschnittenen Zuwanderungspolitik zu tun.
Konzepte zur Integration lange hier lebender Ausländer, Konzepte zur Anwerbung junger netter Mensch aus aller Welt nach Deutschland all das gibt es nicht ? ja wird nicht einmal von den Grünen mit der nötigen Priorität vorangetrieben ? was ich (sonst fast nichts) auch Joschka Fischer übel nehme.
Sicher wird gute Bevölkerungs- und Zuwanderungspolitik Geld kosten. Mit Herrn Merz könnte ein echter, in seinem Fach außerordentlich kompetenter Politiker dafür sorgen, dass sich die wirtschaftliche Lage in Deutschland bald wieder ändert und dann auch Mittel dafür da sind; Ich denke er wird im Falle einer ostdeutschen starken weiblichen Persönlichkeit an der Spitze Deutschlands und mit starken Ministerpräsidenten aus Hessen, Niedersachsen und Thüringen an seiner Seite, den Professor aus Heidelberg bald wieder unter seinen Talar verbannen.
Vielleicht schafft es einer der Jungs und Mädels der verschiedenen Listen auch, uns Deutschen klarzumachen, dass sich mit den freiwerdenden Mitteln durch Abschaffung der Händlerpauschale und der Eigenheimzulage perfekte Integrationspolitik betreiben ließe ? mit dem schönen Nebeneffekt, dass auch wir Deutsche mal die weite Welt kennen lernten.
Mein Vater ist heute vor vier Wochen überraschend verstorben. Bis zuletzt arbeitete warmherzig für ein den Menschen achtendes und für Deutschland sinnvolles Ausländer-, Asyl- und Zuwanderungsrecht. Er hat Wahlen auch immer als einen Spaß verstanden, voll Freude die Geschicke des Landes zu gestalten.
Bleiben Sie nicht zu Hause am Sonntag ? Wählen macht Spaß!
Mit herzlichen Grüßen,
Tomas Renner Jones