Bei einer Veranstaltung der Friedrich-Ebertstiftung und des DGB gestern in der Auferstehungskirche in Berlin-Friedrichshain, betonten die Verantwortlichen des Zuwanderungsrats...
der Bundesregierung vor etwa 300 Teilnehmern, gerade mit Hinblick auf die Geschehnisse dieser Tage in Holland müsse begriffen werden, dass man mit ?ein paar kleinen Gesetzen? nichts anfangen könne, sondern das nur die konsequente Umsetzung innerhalb der Bevölkerung zu wirklichen Erfolgen wie ?Integration? und ?Akzeptanz? führe. Das Mitglied des DGB-Bundesvorstands Putzhammer warnte in der Begrüßung, es gäbe Kräfte, die weiterhin versuchten, Probleme, die mit Migration zusammenhängen, klein zu reden, auf Radikale zu reduzieren und dabei weiter zu verleugnen, dass die Bevölkerung Europas und Deutschlands schon jetzt nur überlebensfähig sei, wenn starke Zuwanderung stattfinde und Prozesse gefördert werden, die ein Zusammenleben von Zugewanderten und Einheimischen fördern. Hierzu gehöre auch die regelmäßige Kritik der Arbeit der jeweiligen Bundesregierung durch ein unabhängiges Instrument wie den Zuwanderungsrat.
Auch die Vorsitzende des Zuwanderungsrats wusste aber auf die Frage des Moderators von der Frankfurter Rundschau Pit von Haden, wie es denn um das, seit der Veröffentlichung des Zuwanderungsberichts vor zwei Wochen, bei der Bundesregierung und dem Bundesminister des Innern in Ungnade gefallene Gremium bestellt sei. ?Der Haushaltstitel wurde auf 0 gesetzt?, alles weitere müsse nun abgewartet werden.
In der anschließenden Diskussion um die Inhalte des 800- Seiten starken Berichts hob Frau Süßmuth hervor, Migration sei das große Thema des 21. Jahrhunderts. Daher sei es insbesondere beunruhigend, das Pauschalverdächtigungen seit 9/11 zunähmen. In Anbetracht der riesigen Flüchtlingsströme, die sich in Asien und Afrika bewegten, seien die Probleme in Europa so klein, dass das am 1. Januar 2005 in Kraft tretende Zuwanderungsgesetz ? das eigentlich mehr ein Aufenthaltsgesetz sei ? erst ein kleiner Schritt in die richtige Richtung sei. Der Zuwanderungsrat begrüßte die Verabschiedung dennoch als wichtige und richtige Entscheidung. Wer in den letzten Jahren in Deutschland von unbegrenzter Zuwanderung sprach, den strafte der Bericht lügen und legte dar, wie detailliert (Anwerbestoppausnahmeverordnung) Zuwanderung seit jeher gesteuert werde. Dies sei aber auch wichtig, denn nur mit Entwicklung und Steuerung von Zuwanderung sei auch eine Gestaltung von Integration möglich.
In der Runde wurden die panischen Vorstöße von z.B. Annette Schavan und Jörg Schönbohm in den letzten Tagen scharf kritisiert. Auch wenn Sprache einen nicht zu unterschätzenden integrativen Faktor darstelle, könne nun wirklich nicht Ziel sein, Minderheiten dazu zu zwingen Deutsch zu reden, um zu verstehen, was sie bei öffentlichen Versammlungen und Predigen in Kirchen von sich gäben. Ebenso wenig wolle wie Imamen dürfe man polnischen oder sorbischen Pfarrern vorschreiben, Messen in deutscher Sprache zu halten.
In der mit Spannung geladenen Diskussion mit Politikern, Rechts- und Migrationsexperten und Teilnehmern von Verbänden und Regierungen wurde erarbeitet, dass man sich jedenfalls auf Dauer nicht auf den Standpunkt stellen könne, wegen der hohen Arbeitslosenquote unter unterqualifizierten Arbeitskräften in Deutschland, lediglich gut ausgebildeten Arbeitnehmern aus nichteuropäischen die Zuwanderung nach und das Leben in der Bundesrepublik leichter zu gestalten. Zudem sollten die Humanpotentiale unter bereits zugewanderten ausgeschöpft werden. Man müsse bereits hier lebenden Ausländern, insbesondere mit Blick auf die hohe Zahl der Jugendlichen mit Migrationshintergrund, die ohne Abschluss ihre schulische Laufbahn beenden, Mittel und Chancen geben, sich weiter zu bilden ? auch in Sprache, Politik und Religion.
Integration sei ein wechselseitiger Prozess aus Toleranz und Wertschätzung, der so betonte der Historiker und Migrationsexperte Professor Dr. Klaus Bade wie bei den deutschen Einwanderern in den USA eben manchmal länger als drei Generationen Zeit brauche.
Insgesamt mahnten auch die Vertreter der Wirtschaft an, Menschen die hier lebten und arbeiteten, das Leben leichter und angenehmer zu gestalten, auf sie zu zugehen und so das Schlusswort, nicht immer nur zu fragen ?Wo kommen Sie her? Wann gehen Sie wieder heim??, sondern ?Wie gefällt es Ihnen Hier?"
P>Die Stellungnahme des Bundeskanzlers und den Volltext des Berichts zum Herunterladen (Download) finden Sie auf den Seiten der Bundesregierung